15. August 2001

Rumänien gegen ungarisches Statusgesetz

Streit-Thema: Ein vor kurzem verabschiedetes Gesetz, mit dem Ungarn die magyarischen Minderheiten in den Nachbarländern unterstützen will.
Ein vor kurzem verabschiedetes Gesetz, mit dem Ungarn die magyarischen Minderheiten in den Nachbarländern unterstützen will und das von Rumänien vehement abgelehnt wird, war das Hauptthema eines Treffens der beiden Regierungschefs Ende Juli in Neumarkt am Mieresch. Die Begegnung zwischen Adrian Nastase und Viktor Orban ist erwartungsgemäß gescheitert. Die beiden Premierminister waren sich dabei lediglich darüber einig, dass man über die Auswirkungen des neuen Budapester Gesetzes zur Förderung der Auslandsungarn geteilter Meinung sei.

Das Streitobjekt wurde daher an die Experten weiter gereicht, im kommenden Herbst soll dann die gemischte Regierungskommission beider Länder nochmals nach einem Kompromiss in der scheinbar ausweglosen Situation suchen. Anschließend an dies Treffen hat allerdings der ungarische Premier bei der Sommerakademie in Tuschnad zum Schutz der Vorlage und seiner Landsleute jenseits der Pußta eine nicht uninteressante Theorie aufs Tapet gebracht: Ebenso wie Charles de Gaulle seinerzeit für ein vereintes Europa der Nationen plädierte und Helmut Kohl sich danach für ein Europa der Regionen stark machte, wünschten sich nun die Ungarn als Alternative dazu ein Europa der Gemeinschaften, „inklusive der nationalen“.
Rumänien hingegen, das weiß man, ist nicht nur in dieser Angelegenheit frankophil eingestellt und will sich daher auch vorerst nicht auf den Vorschlag des Nachbarn einlassen, ein ähnliches Gesetz für die Auslandsrumänen zu erlassen. Dafür und für die EU-Integration Rumäniens hat Budapest Expertenhilfe in Aussicht gestellt. Selbst eine mögliche Autobahn durch den Karpatenbogen will die ungarische Regierung mitfinanzieren, allerdings unter der Bedingung, dass diese Verbindung das Szeklerland streifen solle.
Wie die Neue Zürcher Zeitung berichtet, hatte der rumänische Premierminister Adrian Nastase im Vorfeld des Treffens das sogenannte Statusgesetz kritisiert und Gegenmaßnahmen angekündigt, falls das Gesetz wie geplant am 1. Januar 2002 in Kraft treten werde. Nach offizieller Zählung betrifft das Statusgesetz etwa 1,7 Millionen in Rumänien lebende ethnische Magyaren, die, falls sie bei Aufenthalten in Ungarn und teilweise auch an ihrem Wohnort in den Genuss materieller Vergünstigungen kommen wollen, einen Ausweis beantragen müssen. Gemäß den Vorstellungen in Budapest sollten Organisationen der ethnischen Ungarn in den Nachbarländern befugt sein, die entsprechenden Empfehlungen abzugeben und die Ausstellung der Ausweise vorzunehmen. Nach allem, was bisher verlautete, würden die rumänischen Gegenmaßnahmen an diesem Punkt ansetzen, indem es womöglich überhaupt unter Verbot fiele, ein Dokument zu besitzen, das rumänische Staatsangehörige als die Mitglieder einer anderen Nation identifiziert.
Die rumänische Kritik richtet sich im Wesentlichen gegen zwei Punkte: Das Gesetz habe eine exterritoriale Wirkung und unterscheide zwischen bestimmten Landesbürgern zum Nachteil der rumänischen Mehrheit. In Budapest heißt es dazu, die positive Diskriminierung einer Minderheit bedeute keine Kränkung der Mehrheit, da diese des Schutzes nicht bedürfe. Nastase wurde von der rumänischen Nachrichtenagentur ROMPRES mit der Aussage zitiert, das Gesetz widerspreche dem Geist moderner europäischer Politik, laut welcher für den Minderheitenschutz jeweils derjenige Staat verantwortlich sei, auf dessen Territorium die fraglichen Minderheiten lebten.

mo/cz


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