21. Dezember 2004

Offener Brief zum Führungswechsel in Nürnberg

Nach 20-jähriger, verdienstvoller Tätigkeit schied Horst Göbbel auf der Hauptversammlung am 20. November aus seinem Amt als Vorsitzender der Kreisgruppe Nürnberg-Fürth-Erlangen. Als Nachfolgerin wurde Inge Alzner gewählt (siehe heutiger Leitartikel). In seinem offenen Brief an seine Amtsnachfolgerin bestärkt Göbbel die neue Kreisgruppenvorsitzende in ihrer Kandidatur. Ihm selbst hätten sich durch die ehrenamtliche Arbeit wertvolle Erfahrungen und Einsichten erschlossen, „Strukturen und Lebensaspekte aufgetan, die ich nie missen möchte, ich bin selber innerlich mit dem Amt gewachsen“. Lesen Sie im Folgenden Horst Göbbels Ausführungen.
Liebe Inge, dass ich im Herbst 2004 nicht wieder für den Vorsitz kandidieren werde, hat seine guten Gründe:
- Ich werde im Herbst 60 und das scheint mir ein guter Zeitpunkt zu sein, grundlegende Veränderungen in meinem ehrenamtlichen Engagement an der Spitze vorzunehmen;
- Sei man angeblich auch noch so gut, nach zwanzig Jahren ist es höchste Zeit, einen solchen Posten abzugeben;
- Verjüngung tut oft not;
- Sicherlich spielen auch gesundheitliche Gründe eine Rolle, wenn ich drei Jahre nach Feststellung meines Bluthochdruckleidens meine, in manchen Bereichen kürzer zu treten;
- Ich habe selber längst gemerkt, dass ich verschiedene Bereiche nicht mehr grundlegend ändern kann, weil sich im Laufe der vielen Jahre z.T. auch Verkrustungen herausgebildet haben, die ich nicht ändern kann ...
- Entscheidend jedoch ist, dass mir bewusst ist, dass die Kreisgruppe auch an ihrer Spitze ein neues Gesicht, neuen Schwung braucht;

Nun, hier möchte ich dir einige Gründe nennen, warum ich nach sehr gründlichem Überlegen in der Person Inge Alzner die allererste Wahl sehe, wenn es um meine Nachfolge geht.
- Inge, du bist eine attraktive Person, die integrierend wirken und diese gewichtige Kreisgruppe erfogreich in die nächste Zeit leiten kann.
- Du bist altersmäßig in den so genannten besten Jahren: nicht zu jung, um irgendwelchen Flausen im Kopf nachzugehen, keineswegs so alt, dass jemand meinen würde, das sei eine Übergangslösung für ein verdientes Mitglied eines Vorstands ...
- Als vorzeigbare Frau, Ehegattin und Mutter zweier Töchter, die gute Aussichten haben, ausbildungsmäßig und von ihrer familiären Erziehung her sich positiv zu entwickeln, als berufstätige Frau, als Mitglied eines bzw. mehrerer Freundeskreise zeigst du seit Jahren, wozu du u.a. fähig bist, nämlich darin, als handelnde, als aktive Person Zeichen zu setzen.
- Du hast Durchsetzungs- und Organisationsvermögen, du hast Führungsqualitäten (jahrelang waren beispielsweise die Tanzgruppe und die Kindertanzgruppe bei dir in besten Händen).
- Du bist ein kommunikativer Typ, du hast keine Berührungsängste, bist politisch keineswegs uninteressiert, du kommst beim Volk an ...
- Du kennst unsere Kreisgruppe seit nunmehr zwanzig Jahren, bist seit langer Zeit meine Stellvertreterin und hast bisher deine Aufgaben zu meiner vollsten Zufriedenheit gelöst.

Inge, auf dich baue ich, auch wenn du große Bedenken hast. Fragen, wie „Kann ich das machen, was mein Vorgänger gemacht hat?“ könnten dich mürbe machen. Dazu antworte ich: „Das sollst und musst du auch nicht, schon allein, weil du nicht Horst bist! Du musst die Kreisgruppe leiten, deren Aufgaben und Unternehmungen positiv über die Bühne bringen. Entscheidend ist dabei jedoch nicht, was man für Befürchtungen hat, was andere denken würden, sondern entscheidend ist, was man selber tut, wie man die Kreisgruppe leitet, wie man neue Akzente setzt (ohne dabei zu meinen, man müsse noch nie Dagewesenes tun), wie man an die neuen Aufgaben rangeht usw. usf.

Ich will dir nochmals erklären: Mein Leben hat sich seit der Übernahme des Kreisvorsitzes 1984 im Rückblick stark verändert. Zum Positiven hin. Ich habe unglaublich vieles gelernt, neu bewertet, mir haben sich Strukturen und Lebensaspekte aufgetan, die ich nie missen möchte, ich bin selber innerlich mit dem Amt gewachsen, habe in mir Qualitäten entdeckt, die mir vorher völlig unbekannt waren, die Familie wurde massiv durch meine ehrenamtlichen Tätigkeiten belastet, zeitlich, hat jedoch auch sehr viel dabei an Erfahrungen gewinnen können. Wenn ich an die Kinder denke: Sie haben einen positiven Bezug zum Siebenbürgisch-Sächsischen, sie empfinden es positiv, sich auch für andere einzusetzen, sie haben organisatorisch, konzeptionell, menschlich viel, viel, viel erfahren ...

Ich weiß, liebe Inge, es ist ein schwieriges, ein zeitintensives Amt, um das es hier geht – betrachte es aber auch als eine Ehre, für ein solches Amt zu kandidieren. Es bringt sicherlich auch Ärger, auch zusätzlichen Zeitdruck, auch Lasten und knifflige Probleme – aber es bringt dir, deinen Nächsten, unserer Gemeinschaft auch viel: die Chance, in sich schlummernde Qualitäten auch für andere einzusetzen und dabei innerlich zu wachsen, sich weiterzuentwickeln, vielen Menschen sinnvoll zu dienen ... Und noch was: bedenke, du hast an deiner Seite einen Ehegatten, den du für die siebenbürgisch-sächsische Sache nicht mehr begeistern musst ...

Und ich bleibe dabei: Ich bin bereit, im Vorstand unserer Kreisgruppe weiterhin aktiv mitzuwirken (z.B. redaktionelle Arbeit für die Siebenbürgische Zeitung, so genanntes Pressereferat, Vertretungen diverser Art), was nicht vergessen werden darf. Ich ziehe mich auf keinen Fall zurück. Außerdem denke ich, müssen wir unsere Position im Haus der Heimat auch für die Zukunft konsolidieren.

Nürnberg, 1. Januar 2004, Horst Göbbel


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