23. Dezember 2004

Leserecho: Zukunftsbewältigung ist eine Sache der inneren Einstellung

Zu Weihnachten jährt sich der Sturz Ceausescus zum 15. Male. Damit endete in Rumänien eine menschenverachtende Diktatur. Die Menschen dieses Landes suchten nach der Revolution, jeder auf seine Weise, einen mühsamen Weg in ein freieres Leben. Bei vielen unter uns Siebenbürger Sachsen reifte der Entschluss, dieses von Grund auf ruinierte Land, von dem man sich geistig schon längst, bereits unter dem Ceausescu-Regime, entfremdet hatte, sobald es ging, endgültig zu verlassen.
Jedem war bewusst, dass es sich dabei um eine Ausreise ohne Wiederkehr handeln würde, die letztlich die Aufgabe der Heimat, die Preisgabe von Haus und Hof sowie die Trennung von Freunden und Nachbarn bedeuten würde.

Für manche, die in der Bundesrepublik Deutschland gern eine neue Heimat erblickten, muss dieses Land zunächst eine ernüchternde Enttäuschung gewesen sein. Im Eingangs- und Übergangslager wurden sie oft nicht als Deutsche, sondern als Rumänen angesprochen und behandelt. Im Übergangslager teilte man ihnen nicht so, wie sie es gerne gesehen hätten, einen Wohnaufenthalt in der Nähe ihrer Verwandten oder Freunden zu, sondern irgendwo weit entfernt. Einen weiteren Tiefschlag erhielten viele beim Gang zum Arbeitsamt, das entweder gar keine Arbeit zu vergeben hatte oder eine, die weit unter ihrer bisherigen Qualifikation lag. Hinzu kamen wachsende Arbeitslosigkeit und in ihrem Gefolge wachsender Fremdenhass.

Andere Landsleute hätten solche Tiefschläge vielleicht zur Strecke gebracht; nicht aber die Siebenbürger Sachsen. Sie haben in ihrer 850-jährigen Geschichte ganz andere Tiefschläge wegstecken müssen und haben sie überstanden. Dabei haben sie gelernt nie zu resignieren und mit den schwierigsten Situationen fertig zu werden. Von vielen weiß man, dass sie, wenn das Arbeitsamt ihnen keine Arbeitsstelle vermitteln konnte, sie selbst eine suchten und fanden, ohne lange zu überlegen, ob diese eventuell unter ihrem Niveau lag bzw. einer geringeren Qualifikation entsprach, als der erlernten und tatsächlich vorhandenen. Sie haben damit ihre Arbeitsbereitschaft demonstriert und sich so in der Regel das Vertauen ihrer Arbeitgeber erworben.

Wer mit einer solchen Einstellung sein Leben angeht, wird auch bei den schwierigen Arbeitsverhältnissen, vor denen derzeit sehr viele Arbeitnehmer in der Bundesrepublik stehen, nicht resignieren. Jeder Mensch wird, sofern er es nur will, in einem freien Rechtsstaat immer Arbeit finden, er darf nur nicht darauf bestehen, dass man ihm die Arbeit, die er gerne haben möchte und die ihm ein Idealgehalt garantiert, auch noch ohne eigenes Dazutun nachträgt.

Man könnte viele Beispiele aufzählen, die wiedergeben, wie sich Siebenbürger Sachsen auf diesem Wege rasch in die hiesigen Lebens- und Arbeitsverhältnisse integriert haben. Bei vielen ist der Entwicklungsprozess vom Hilfsarbeiter zur Führungskraft so rasant verlaufen, dass einige von ihnen heute, nach nur 15 Jahren, schon wieder über eigenes Eigentum verfügen das manchmal mehr ist als das, welches sie in der alten Heimat zurückgelassen haben. Zwar ist es unerlässlich und äußerst interessant die künftige Entwicklung der deutschen Wirtschaft aufmerksam und interessiert zu verfolgen, aber großen Sorgen um eine Arbeitsstelle müssen wir Siebenbürger Sachsen uns auch in Zukunft nicht machen. Wir müssen uns lediglich unsere meistens richtige Einstellung zur Arbeit bewahren.

H. Otto Dück, Gröbenzell

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 20 vom 15. Dezember 2004, Seite 12)

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