13. Januar 2005

Siebenbürgisches Museum steht vor Neubeginn

Das Siebenbürgische Museum hat am 8. Januar 2005 neue Verwaltungsräume mit Museumsdepot im Alten Rathaus zu Gundelsheim am Neckar eröffnet. Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Trägervereins Siebenbürgisches Museum, sagte bei der Begrüßung der zahlreichen Gäste, dass damit ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gehe, der aber auch mit der großen Verantwortung verbunden sei, den wertvollen, in einem halben Jahrhundert gewachsenen Sammlungsbestand zu bewahren. Frischen Wind in den Föderverein des Siebenbürgischen Museums bringt der neue Vorsitzende Dr. Bernhard Lasotta. Der CDU-Landtagsabgeordnete will "diese außerordentliche Einrichtung" stärker in die Region und die "Museumskulturszene Baden-Württembergs" öffnen.
Dank der großzügigen finanziellen Unterstützung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Dr. Christina Weiss, und durch das Entgegenkommen der Stadt Gundelsheim konnten die Räumlichkeiten im historischen Gebäude des Alten Rathauses in Gundelsheim umgebaut werden. Der bedeutende Sammlungsbestand des Museums wurde unter sehr guten konservatorischen Bedingungen fachgerecht umgelagert. Das Gebäude befindet sich in der Schlossstraße 28, in der Nähe von Schloss Horneck.

Eröffnung des neuen Verwaltungsgebäudes des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim, obere Reihe, von links nach rechts: Bundesvorsitzender Volker Dürr, Bürgermeister Lothar Oheim, Dr. Berhard Lasotta, neuer Vorsitzender des Fördervereins, vordere Reihe, von links: Karin-Servatius Speck, stellvertretende Vorsitzende des Trägervereins, Marius Joachim Tataru, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Trägervereins Siebenbürgisches Museum e.V. Foto: Petra Reiner
Eröffnung des neuen Verwaltungsgebäudes des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim, obere Reihe, von links nach rechts: Bundesvorsitzender Volker Dürr, Bürgermeister Lothar Oheim, Dr. Berhard Lasotta, neuer Vorsitzender des Fördervereins, vordere Reihe, von links: Karin-Servatius Speck, stellvertretende Vorsitzende des Trägervereins, Marius Joachim Tataru, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Trägervereins Siebenbürgisches Museum e.V. Foto: Petra Reiner

Für das Siebenbürgische Museum bedeutet das einen Neubeginn, wenn auch mit personeller Beschränkung. Denn von ursprünglich sieben Stellen sind nur noch zweieinhalb übrig geblieben, davon eine für einen wissenschaftlichen Mitarbeiter. „Es sollte für uns jedoch nicht zur Selbstverständlichkeit werden, bei den Aktivitäten des Museums ausschließlich auf die Unterstützung von außen zu bauen. Die Siebenbürger Sachsen müssen auch weiterhin in der Pflicht verbleiben“, gab Dr. Irmgard Sedler zu bedenken.

Dank gelte der Bundesregierung für das Jahrzehnt massiver Förderung, die das Geleistete ermöglicht habe. Die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien (BKM) bezuschusste den Umzug ins Alte Rathaus mit 80 000 Euro. Sedler dankte der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen und ihrem Bundesvorsitzenden Volker Dürr, der sich in den entscheidenden politischen Gesprächen für die Sicherung und Neustrukturierung des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim eingesetzt habe, sowie dem baden-württembergischen Innenminister Heribert Rech und Landtagsabgeordneten Dr. Bernhard Lasotta, die ihrerseits den Erhalt des Museums maßgeblich unterstützt haben.

Der Mietvertrag für die Dépendance in der ehemaligen Tabakfabrik war im September 2002 durch den Förderer, das BKM, gekündigt worden. Die Stadt Gundelsheim war eingesprungen und hatte das Alte Rathaus als neues Verwaltungsgebäude des Siebenbürgischen Museums angeboten. Zudem hat sich die Stadt beim Umbau engagiert und vermietet nun das Gebäude zu „museumsfreundlichen“ Konditionen. Für das vielseitige Entgegenkommen dankte Sedler dem Bürgermeister Lothar Oheim und dem Bauamtsleiter Fuhrmann.

„Es ist gelungen, das Museum als unabhängige Institution zu bewahren, die auf langfristige Forschungs- und Kulturarbeit ausgerichtet ist“, betonte die Volkskundlerin Irmgard Sedler. In den nächsten Jahren verfolge das Museum drei wichtige Ziele: erstens das Sammeln, die Präsentation und das Aufbereiten des kulturellen Erbes der Siebenbürger Sachsen in seinen historischen Zusammenhängen, das heißt zum einen auf die anderen Völker Siebenbürgens, zum anderen auf die Integration der Siebenbürger Sachsen in Deutschland bezogen.

Zweitens soll das Museum im Kulturbewusstsein der Region verankert werden. Als eine der ersten Maßnahmen in diese Richtung ist ein Kulturweg – zusammen mit der Stadt Gundelsheim – geplant. Und drittens schlägt das Siebenbürgische Museum weiterhin Brücken nach Siebenbürgen und plant beispielsweise für 2007 eine große Ausstellung in Hermannstadt, in Zusammenarbeit mit dem ASTRA-Freilichtmuseum und der Evangelischen Landeskirche.

Dipl.-Ing. Arch. Volker Dürr, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, bekundete seine Freude darüber, „dass wir in der guten Stube von Gundelsheim ein neues Zuhause gefunden haben“. Noch vor wenigen Jahren sollten das in fünf Jahrzehnten von unseren Landsleuten geschaffene siebenbürgische Kulturzentrum in Gundelsheim „zerschlagen“ und das Siebenbürgische Museum in Gundelsheim nach Ulm verlagert werden. „Im Sinne der vorbildlichen Leistungen unserer in aller Welt lebenden Siebenbürger Sachsen war es uns ein dringendes Anliegen, unser Nationalarchiv, bestehend aus Museum, Bibliothek, Archiv und Forschungsstelle, als Einheit in Gundelsheim zu erhalten.“ Nach Dürrs Gesprächen mit dem damaligen Kulturstaatsminister Dr. Julian Nida-Rümelin und der heutigen Amtsinhaberin Dr. Christina Weiss konnte der Standort Gundelsheim gesichert werden, wobei die Siebenbürger Sachsen in Bundesinnenminister Otto Schily einen überzeugenden Fürsprecher fanden.

Dürr gab bei der Eröffnungsfeier in Gundelsheim bekannt, dass die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien (BKM), Dr. Weiss, eine weitere beachtliche Summe zugesagt habe, um die 400 Quadratmeter große Dauerausstellungsfläche auf Schloss Horneck im Jahr 2006 um eine Wechselausstellungsfläche von 180 Quadratmetern zu erweitern. Die Räumlichkeiten für den Ausbau auf Schloss Horneck werden vom „Johannes Honterus“-Hilfsverein zur Verfügung gestellt.

Der wissenschaftliche Mitarbeiter, Marius Joachim Tataru, berichtete über den Umbau und Umzug im letzten Jahr, der sehr arbeitsintensiv, für den Fachmann aber auch qualitativ Bestand sichernd gewesen sei. Denn von den rund 15 000 Sammlungsobjekten befinden sich nur etwa 12 Prozent in der Dauerausstellung auf Schloss Horneck, so dass beim Umzug ein großer Bestand an Kulturgütern zu bewegen war. Zudem mussten Wände abgerissen werden, um größere Schränke oder die Textilanlage unterzubringen. 237 Kartons seien „sinnvoll“ transportiert worden, ohne einen einzigen sächsischen Krug zu zerbrechen, stellte Tataru erleichtert fest. In den neuen Depoträumlichkeiten sind nun Textilsammlung, Keramik, Kunstsammlung, Schatzkammer und im Kellergewölbe eine Kühlzelle für Pelzwesten und Pelzmäntel museumsfachlich vorbildlich untergebracht. Die dicken Wände des alten Gebäudes sichern konstante Temperaturen, die Bestände sind nun exemplarisch gelagert.

Das Siebenbürgische Museum hat 2004 eine erfolgreiche Tätigkeit auf allen Ebenen entfaltet. Eine positive Jahresbilanz zog die Vorsitzende des Trägervereins. Die wissenschaftliche Arbeit des Museums und dessen Präsenz in der Öffentlichkeit hätten durch den Umzug ins Alte Rathaus nicht gelitten. Im Gegenteil: Durch die Verknüpfung von Ehren- und Hauptamt, durch die gute Zusammenarbeit der beiden Wissenschaftler Dr. Irmgard Sedler und Marius Tataru wurden Ausstellungen im Bergbaumuseum in Freiberg in Sachsen, im Kleihues-Bau in Kornwestheim/Stuttgart und im Kloster Margrethausen in Albstatt gezeigt. Dadurch rückte das Siebenbürgische Museum verstärkt in die Öffentlichkeit. Rund 12 000 Besucher interessierten sich bei diesen Ausstellungen für siebenbürgische Themen. Hinzu kommen zwei neue Publikationen zu dem Ikonenbestand des Museums bzw. zu der Gemäldesammlung siebenbürgischer Klassischer Moderne.

Das Siebenbürgische Museum war am 20. September 2004 mit einem Stand präsent beim Symposion „Gemeinsames Kulturerbe als Chance. Die Deutschen und ihre Nachbarn im östlichen Europa“, das Kulturstaatsministerin Christina Weiss im Berliner Kronprinzenpalais organisierte. Die Gundelsheimer Einrichtung fand ein großes Interesse unter den Besuchern. Ebenso gut ist sie in einem BKM-Film vertreten, der den Museen und Forschungseinrichtungen gewidmet ist, die sich um die Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa bemühen. Besonders erfreulich sei schließlich, dass der Förderverein den geplanten Kulturweg sowie die Neukonzeption des Themenbereiches „Nachbarschaften“ und ihre Umsetzung im Siebenbürgischen Museum unterstützen werde, erklärte Dr. Sedler gegenüber dieser Zeitung.

Neue Visionen im Förderverein

Der Verein zur Förderung des Siebenbürgischen Museums e.V. hat einen neuen Vorsitzenden: den Landtagsabgeordneten Dr. Bernhard Lasotta. Bei der Mitgliederversammlung, die am 8. Januar auf Schloss Horneck in Gundelsheim stattfand, wurde Volker Dürr als stellvertretender Vorsitzender wieder gewählt, der somit die Kontinuität im Verein sichert. Schatzmeister bleibt Dieter Phleps, Schriftführerin Hannelore Schuster, Kassenprüfer sind Melitta Capesius und Dr. Christian Weiss. Der bisherige Vorsitzende, Rolf-Dieter Happe, schied aus gesundheitlichen Gründen aus dem Amt. Seit der Vereinsgründung im November 2002 ist es gelungen, den alten Freundeskreis des Museums in den Förderverein überzuleiten, der zurzeit fast 500 Mitglieder zählt. In zwei Mitgliederversammlungen wurden die satzungsgemäßen Voraussetzungen geschaffen, so dass der Verein fundierte Arbeit leisten kann.

Der junge baden-württembergische Landtagsabgeordnete Dr. Bernhard Lasotta ging in seiner überzeugenden Antrittsrede auf die Ziele des Vereins ein. „Wir wollen das Siebenbürgische Museum und die wissenschaftliche Arbeit unterstützen“, betonte der CDU-Politiker. Das Museum wolle man in die Region einbinden und „nach außen hin“ in die Landschaft am Neckar öffnen. Den von Dr. Irmgard Sedler vorgestellten Kulturweg in Gundelsheim werde der Förderverein unterstützen.

In der regionalen und baden-württembergischen Öffentlichkeit will Dr. Lasotta ein „Bewusstsein schaffen für das Siebenbürgische Museum, Interesse für diese außerordentliche Einrichtung in unserem Land“. Das Siebenbürgische Museum wolle man stärker in die baden-württembergische „Museumskulturszene“ einbinden. Zugleich sei es wichtig, die Integrationsleistung der Siebenbürger Sachsen bewusst zu machen. Ferner wolle der Förderverein jene Museumsaktivitäten unterstützen, die die Europäische Integration betreffen, etwa die geplante Ausstellung anlässlich des Großereignisses Kulturhauptstadt Luxemburg und Hermannstadt als Co-Partner im Jahr 2007.

Der Förderverein werde regional Spenden einsammeln, aber auch die eigenen Mitglieder aufrufen, sich mit Spenden zu beteiligen. „Für die Siebenbürger Sachsen ist es nämlich von großer Bedeutung, dass ihr Kulturerbe bewahrt und die wissenschaftliche Arbeit ein Stück weit unterstützt wird“, erklärte der 36-Jährige im Gespräch mit dieser Zeitung. Für siebenbürgische Themen ist Lasotta von Haus aus offen, da seine Familie ebenfalls einen von Umsiedlung geprägten Hintergrund hat: Die Großeltern kommen aus Oberschlesien bzw. Pommern. Ganz besonders schätzt er die Integration der Siebenbürger Sachsen, die „vorbildlich gelaufen und deshalb auch ein Thema für die heutige Politik“ sei. Bemerkenswert sei auch ihre europäische Vision. Schon seit einigen Jahren setzt sich Dr. Lasotta als Landtagsabgeordneter des Wahlkreises Neckarsulm dafür ein, dass der Standort Gundelsheim für das Siebenbürgische Museum gesichert wird. Mit dazu beigetragen hatte auch der Gundelsheim-Besuch von Innenminister Heribert Rech, der weiterhin als Aussiedlerbeauftragter in Baden-Württemberg mit dazu beiträgt, den Integrationsprozess ins politische Bewusstsein des Landes zu rücken. Dr. Lasotta ist zurzeit mit einer halben Stelle als Arzt am Heilbronner Klinikum tätig, sein Hauptschwerpunkt liegt allerdings seit 2001 auf dem Landtagsmandat.

Siegbert Bruss

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 1 vom 20. Januar 2005, Seite 1 und 3)

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