11. Februar 2005

Russlanddeportation: Fast alle Familien betroffen

Am 12. Januar lud das Gerhart-Hauptmann-Haus Düsseldorf zu einer Gedenkveranstaltung anlässlich der Russlanddeportation vor 60 Jahren ein. Es war eine gemeinsame Veranstaltung mit den Landsmannschaften der Siebenbürger Sachsen und der Banater Schwaben in Nordrhein-Westfalen.
Der Eichendorff-Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. Es gab kaum jemanden im Saal, der nicht direkt betroffen gewesen wäre: So waren ehemalige Deportierte ebenso anwesend wie deren Söhne und Töchter, Nichten, Neffen, Nachbarn. Aus vielen Kreisgruppen waren die Vorsitzenden angereist und mit ihnen Freunde und Bekannte.

Die Veranstaltung wurde von Dr. Walter Engel, Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses, eröffnet, der die zahlreichen Gäste begrüßte und in das Thema einführte. Seitens des nordrhein-westfälischen Sozialministeriums, des Patenministeriums der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, sprach Ministerialrat Johannes Lierenfeld. Er unterstrich, dass zur Gestaltung eines geeinten Europas auch die Aufarbeitung solch traumatischer Ereignisse notwendig sei. Barbara Gaug, Vorsitzende der Landsmannschaft der Banater Schwaben in NRW, erinnerte an die schrecklichen Jahre der Deportation und mahnte zur Versöhnung.

Harald Janesch, Vorsitzender der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, schilderte in seiner Rede die Vorgänge jener schrecklichen Tage, welche Folgen diese Ereignisse für die Existenz der Siebenbürger Sachsen hatten und dass es kaum eine siebenbürgische Familie gäbe, die nicht unter den Folgen der Deportation zu leiden gehabt hätte. Erinnern ja, aber Hass und Rachegefühle dürften heute keinen Platz mehr in unseren Herzen finden, betonte Janesch.

Der Filmemacher Günter Czernetzky stellte dann seinen Film vor: „Die Donbass-Sklaven - Verschleppte Deutsche erinnern sich“. Czernetzky hatte sich für seinen Film mit Überlebenden der Deportation auf Spurensuche nach den Orten des schrecklichen Geschehens zu den ehemaligen Lagern, Arbeitsplätzen und Friedhöfen begeben. Die im Film zu Worte kommenden Zeitzeugen schildern die unmenschlichen Bedingungen, den Hunger, die Unterernährung, die Seuchen und den Tod. Und immer wieder den Überlebenswillen und die kleinen Gesten der Hilfe von außen, von der russischen Bevölkerung. Zeitzeugen, die sich im Saal befanden, hatten im Film trotz stattgefundener Veränderungen im Laufe der Jahrzehnte vieles wieder erkannt und meldeten sich zu Wort. Gebannt folgten die Zuhörer den Erzählungen und Ergänzungen. Was mich dabei am meisten erstaunt und auch erfreut hat ist die Tatsache, dass es den Erzählern gelang, auch Humorvolles und Komisches in die Schilderungen einfließen zu lassen. Ich möchte das als ein gutes Zeichen deuten.

Renate Franchy

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