20. Februar 2005

Siebenbürgische Künstler im Heckengäu

Aidlingen? Bis zum letzten Sonntag im Fasching 2005 für mich bloß der zweite Ortsname unter Ehningen auf dem Abfahrtsschild auf der A81. Seit ich der Einladung dorthin gefolgt bin, weiß ich, dass dort ein Freund und Förderer von Kunst und Künstlern Hausherr im Rathaus ist: Ekkehard Fauth. Er hat das Haus für Renate Mildner-Müller und Kurtfritz Handel geöffnet, die im Sitzungssaal und auf den Korridoren im hellen Neubau auf mehreren Etagen noch bis zum 4. März Bilder und Skulpturen ausstellen.
Bürgermeister Fauth und Kulturreferentin Frau Hambel konnten nicht nur die angereiste Fan-Gemeinde der beiden Künstler begrüßen, sondern auch sehr interessierte Aidlinger und Nufringer. Anders als sonst üblich kam die Einführung dieses Mal nicht aus akademisch berufenem Kritikermunde, sondern die Künstler stellten sich selbst vor.




Die Künstler Renate Mildner-Müller und Kurtfritz Handel, rechts der für Kunst und Kultur engagierte Bürgermeister von Aidlingen, Ekkehard Fauth.
Die Künstler Renate Mildner-Müller und Kurtfritz Handel, rechts der für Kunst und Kultur engagierte Bürgermeister von Aidlingen, Ekkehard Fauth.


Renate Mildner-Müller erzählte erfrischend unkompliziert und anschaulich von der gediegenen Ausbildung an der Kunstakademie in Klausenburg, wo größter Wert auf das genaue Studium der Natur und das Zeichnen als Voraussetzung jeglicher Abstraktion und Innovation gelegt wurde. Auf das Malen mit Ölfarben habe sie ziemlich bald ganz verzichtet, nicht nur weil sie den Geruch nicht mochte, sondern vor allem weil schnelle Maltechniken - Aquarell- und Acrylmalerei - ihr viel eher lagen. Von ihrer Liebe zur japanischen Kunst war die Rede - wen wundert da, dass die Künstlerin den weißen Raum, die großen freien Flächen um ihre Figuren herum gezielt einsetzt? Wichtig sind ihr die menschlichen Figuren, erfundene Gestalten, die in ihrer farbigen Flächigkeit und gleichzeitig hingehauchten Leichtigkeit über sich hinaus und in ihrer Beziehung zueinander etwas aussagen, eine Botschaft aussenden. In Rumänien hat sich Renate Mildner-Müller bereits einen Namen als Buchillustratorin und Grafikerin gemacht. In späteren Werken hat sie diese Verbindung von Wort und Bild in ihrer ganz eigenen poetisch verschränkten Kalligraphie in Schriftbildern und neuerdings auch Zahlen-Schriftbildern weitergeführt. Bei präziser Pinselführung - „du arbeitest ja wie ein Chirurg“ - gelingt ihr die Grenzüberschreitung ins Märchenhafte, ins Phantastische, sie regt zu Deutungsvielfalt an.

Auch Kurtfritz Handel erinnerte in wohl gesetzten Worten an seine „jugendliche Prägung in Siebenbürgen“, an die Zeit der Aneignung vieler handwerklicher Fertigkeiten. In frühen Jahren waren seine Werke „aus Stein, Holz und Keramik, Plastiken, die einfache, klare, meist geschliffene, teils polierte Formen waren, die das Material betonten“. Heute sei ihm „die Handschrift wichtiger, die klaren Formen wichen einer expressiven Spontaneität, der Darstellung von Bewegungsabläufen, der Konzentration auf das Wesentliche“. Auch integriere er in seine Landschaftsskulpturen in der Natur gefundene Objekte, Object trouvé, um mit deren Abgüssen die Authentizität und Spannung zu erhöhen. Die ausgestellten Landschaftsplastiken in Bronze, sagte der Künstler, habe er in Wachs modelliert, sie dann für den Guss im sehr komplizierten Wachsausschmelzverfahren vorbereitet und gegossen und hernach ziseliert oder poliert, was bei hohem Arbeitsaufwand letztlich die handwerkliche Umsetzung von kreativem Erleben bedeute. Im Porträt, das er bewusst pflege, trachte er danach, jenseits der obligaten Ähnlichkeit über Mimik und Gestik - manchmal auch über ein charakteristisches Attribut - die ganze Persönlichkeit des Darzustellenden zu erfassen.

Zu besichtigen sind in Aidlingen 22 Bilder von Renate Mildner-Müller und 23 Plastiken von Kurtfritz Handel, nur ein kleiner Querschnitt aus den Werken beider Künstler, darunter Liebgewonnenes, worüber man sich immer wieder freut, aber auch Neues, das man wieder zu sehen hofft. Musikalisch umrahmt wurde die Vernissage von zwei jungen Violinisten, den Aidlinger Brüdern Harris und Martin Kaufmann.

Ute Maurer

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 3 vom 25. Februar 2005, Seite 6)

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