31. März 2005
Dr. Erwin Weißkircher - perfektes handwerkliches Können
Vom 4. bis 23. März fand in der Grazer Galerie Forumlandhaus, Herrengasse 16, eine Ausstellung des Siebenbürgers Dr. Erwin Weißkircher statt. Der 1917 in Schäßburg geborene akademische Maler, der auf eine vielseitige Karriere zurückblicken kann, lebt seit mehr als 20 Jahren in Kaindorf/Steiermark mit seiner Wiener Ehefrau. In der Stille seines Ateliers entstanden mehr als 200 Bilder, von denen in Graz nun eine Auswahl gezeigt wurde.
Dr. Erwin Weißkircher |
Weißkirchers Lebensweg bezeichnete eine österreichische Zeitschrift einmal als „Odyssee“. Der Sohn des Dr. jur. Ernst Weißkircher tritt als Volontär in das Hermannstädter Unternehmen Krafft und Drotleff ein, um den Beruf als Fotolithograf zu erlernen. Zwischen der Ableistung seines Militärdienstes bei der rumänischen Kavallerie und der Einberufung zum Kriegsdienst ist er kurze Zeit in Berlin als Lithograf angestellt. Erwähnenswert seine zwei Semester TH (Architektur) in Berlin, ab 1941 die Welthandelsschule in Wien (Magister), die Aufenthalte als Werkstudent in Berlin und in der Ukraine und 1946 Promotion in Wien zum Dr. rer. pol. Nebenbei zeichnet er gern, und diese Arbeiten sind so vorzüglich, dass namhafte Künstler ihm raten, sich an der Wiener Kunsthochschule einzuschreiben. Die Aufnahme besteht er auf Anhieb. Seine Professoren sind Albert Paris Güttersloh und Franz Elsner. Als Student der Meisterklasse wird er akademischer Maler.
Erwin Weißkircher, Steirische Landschaft |
Da ihm seine Kunst eine finanzielle Existenz nicht gewährt, tritt er, der Diplomkaufmann, in ein Unternehmen pharmazeutischer Erzeugnisse ein und wird bald Repräsentant dieser Wiener Firma, für die er 20 Jahre tätig ist. Danach widmet er sich ganz der Kunst.
In einem Gespräch mit Andreas Wolfmayer von der Zeitschrift „Die Steierische“ äußerte sich der Künstler, in seinen Arbeiten sei er konservativ. Ob Weißkircher damit auf die so genannte abstrakte Kunst blickte? In der Tat beherrscht sie heute viele Galerien. Jedoch sei nicht vergessen, dass die heutige Kunstszene pluralistisch, also der Bogen vom Naturalismus bis zur absoluten Komposition gespannt ist. Abstrahieren gehört allerdings in Maßen auch zu Weißkirchers Malerei. Da werden die Farben lebendig überhöht, leuchten vital. Aber es gibt auch „stille Landschaften“ in seinem Werk und das lange bevor seine jüngeren Kollegen im Gegensatz zur hektischen und lauten Gegenwart zu dieser Stille in ihrer Malerei fanden.
Hervorgehoben sei auch das perfekte handwerkliche Können des Siebenbürgers aus Österreich, das sich so erfreulich abhebt von jenen Bildern, die von „unkontrollierten Zufällen“ zeugen. Doch auch auf diesem Sektor findet man – wie die neuesten Ausstellungen in Galerien zeigen – wieder zu gediegener Arbeit, zur Tradition zurück. Weißkirchers künstlerisches Schaffen fußte stets auf dieser Tradition. Das dürfte auch seinen Landsleuten entsprechen. Die Übernahme der Grazer Ausstellung durch deutsche Galerien wäre also sicherlich auch für die Siebenbürger Sachsen willkommen.
Günther Ott
(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 5 vom 31. März 2005, Seite 7)
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