11. Juni 2005

Zukünftige Museumsarbeit in Gundelsheim geplant

Der Trägerverein des Siebenbürgischen Museums hat in einer Vorstandssitzung am 21. Mai in Gundelsheim wichtige Aspekte der zukünftigen Museumsarbeit erörtert. Seit August 2004 steht der Einrichtung nur noch eine einzige wissenschaftliche Stelle zur Verfügung, und das bei einem ständig wachsenden Sammlungsbestand und einem weit gefächerten Aufgabenfeld dieser zentralen Einrichtung siebenbürgischer Kultur in der Bundesrepublik Deutschland. Solches erfordert, mehr denn je, die optimale Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt, letztlich die gemeinsame Verantwortung für den weiteren Erhalt, das konservatorisch korrekte Aufbewahren, die öffentliche Präsentation und die wissenschaftliche Aufarbeitung der knapp 16 000 Exponate zur Geschichte und Kultur siebenbürgischer Existenz im Karpatenbogen, aber auch der letzten 60 Jahre in Deutschland.
Der Tätigkeitsbericht für das letzte halbe Jahr, welchen der Kunsthistoriker Marius Joachim Tataru dem Gremium vorlegte, kundete dann auch von einem verhaltenen Optimismus und den großen Anstrengen bei der Umlagerung der Sammlungen in das neue Domizil im Alten Rathaus. Vorläufig abgeschlossen sind die Arbeiten an dem hochsensiblen Bestand historischer Textilien, der, betreut von der Textilrestauratorin Gabriele Braun, konservatorisch vorbildlich eingelagert werden konnte. Mitte März wurde zudem ein Projekt zur computerunterstützten Inventarisation der Sammlungen initiiert.

Entwürfe für den geplanten Historischen Pfad in Gundelsheim am Neckar, gestaltet von Bertron.Schwarz.Frey in Schwäbisch Gmünd.
Entwürfe für den geplanten Historischen Pfad in Gundelsheim am Neckar, gestaltet von Bertron.Schwarz.Frey in Schwäbisch Gmünd.

Tataru berichtete über den ungebrochenen Schenkungswillen zahlreicher Freunde und Förderer des Museums, wodurch die in letzter Zeit zwangsläufig ausgefallenen Ankäufe an notwendigem, wertvollem Kulturgut zum Teil ausgeglichen werden konnten: „Die [finanzielle] neue Lage zwingt uns, die Neuerwerbs-Politik ganz pragmatisch umzudenken. Um die Attraktivität der Sammlungen zu erhalten, sind wir auch weiterhin gezwungen, nunmehr Weniges für die kulturelle siebenbürgische Identität Relevantes und Unabdingbares zu erstehen, soweit halt die Finanzen reichen“. In diesem Zusammenhang wurde auf die Unterstützung durch den neu gegründeten Förderverein des Museums hingewiesen.

Durch eine rege Ausstellungstätigkeit außerhalb von Gundelsheim, die Kooperation mit Museen in Berlin, in Kornwestheim/Stuttgart, Schiltach im Schwarzwald u.a. mehr versucht, die noch fehlenden Sonderausstellungsmöglichkeiten in Gundelsheim auszugleichen und die Problematik siebenbürgischen Lebens in weite Publikumskreise hinauszutragen. In diesem Zusammenhang steht das großzügige Angebot des Vorsitzenden des „Honterus“-Vereines, Dr. Christian Phleps, der dem Museum weitere Schlossräumlichkeiten für Sonderausstellungen zur Verfügung stellen will. Für die Finanzierung des Projektes steht die Zusage der Beauftragten der Bundesrepublik für Kultur und Medien, Dr. Christina Weiss.

Der Aufwärtstrend im Bereich der Besucherzahlen stimmt optimistisch für die Akzeptanz des Museums in der breiten Öffentlichkeit. Solches fordert jedoch eine weitere Vertiefung der thematischen Aspekte in der Dauerausstellung auf Schloss Horneck. Vor zwei Jahren schon war der Bereich Schulgeschichte aktualisiert und neu konzipiert worden. Die Vorsitzende des Museumsvereines, Dr. Irmgard Sedler, stellte jetzt die Neukonzeption des Themenbereiches „Rituale des Gemeinschaftslebens – die Nachbarschaften“ vor, welcher bis zum Jahresende auch architektonisch umgesetzt werden soll. Die Neukonzeption rückt das historische Nachbarschaftswesen als einen Grundpfeiler siebenbürgischen Gemeinschaftslebens exemplarisch in den Vordergrund. Sie beleuchtet durch die Auswahl aussagekräftiger Exponate (Statuten, Nachbarschaftskrüge und sonstige Requisiten im Ritual, durch Wöchnerinnenschüsseln, Totenbahrentücher u. a. m.), vor allem aber durch die Inszenierung einer Nachbarvaterwahl mit ritueller Übergabe der Lade, die unterschiedlichen Bereiche des überlieferten ländlichen Lebens bei denen in Siebenbürgen Nachbarschaftshilfe und –kontrolle grundlegend wichtig sind.

Ein weiterer Bereich, den das Museum in Zusammenarbeit mit den anderen kulturellen Einrichtungen vor Ort und mit Hilfe der Stadt Gundelsheim in nächster Zukunft in Angriff zu nehmen beabsichtigt, ist das Heraustreten in den öffentlichen Raum. Ein „Historischer Pfad“ soll die Verknüpfung von Regional- und Ortsgeschichte mit dem bald 60-jährigen Hiersein der Siebenbürger Sachsen verknüpfen und die interessierten Besucher durch den geschichtsträchtigen Ort bis hinauf zum Schloss führen und mit Information begleiten. Ein erster konkreter Vorschlag, erarbeitet von Dr. Irmgard Sedler, Marius J. Tataru und der Museumsarchitektin Claudia Frey, wird dem Gundelsheimer Gemeinderat als Diskussionsgrundlage für das Gemeinschaftsprojekt vorgelegt. Für die Realisation des kostenaufwendigen Vorhabens machen sich derzeit die beiden Vorsitzenden des Fördervereins des Museums, Dr. Bernhard Lassotta und Dipl.-Ing. Architekt Volker Dürr, stark.

Letztlich stellte Marius Joachim Tataru das Ausstellungsprogramm für die nächste Zukunft vor: eine Goldschmiedekunst-Präsentation in Kooperation mit dem Westpreußischen Museum in Münster, eine Ausstellung zum Thema „Siebenbürgische Zierkeramik“ im Weygang-Museum Öhringen, eine Fotoausstellung mit neuen und historischen Aufnahmen von Hermannstadt in Zusammenarbeit mit dem Haus der Heimat Baden-Württemberg. Eine Ausstellung im Kunstforum Brackenheim bringt in einer außergewöhnlichen Konzeption und Präsentation siebenbürgische Landschaftsmalerei mit graphischer Vedutenkunst zusammen.

Ein größer angelegtes, grenzüberschreitendes Forschungsvorhaben zum Thema siebenbürgischer Möbel- und Schreinermalerei im interethnischen Zusammenspiel soll 2007 mit einer Ausstellung finalisiert werden. Das von Dr. Irmgard Sedler koordinierte Projekt bindet das Siebenbürgische Museum Gundelsheim, das ASTRA-Nationalmuseum in Hermannstadt und das Landeskirchliche Museum im Teutsch-Haus in Hermannstadt mit ein.

Erschienen ist kürzlich das neue Nachrichtenblatt des Siebenbürgischen Museums.

Irmgard Sedler

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 9 vom 15. Juni 2005, Seite 3)

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