24. Juni 2005

Gedenktafel in Meschen eingeweiht

In einem Festgottesdienst am ersten Pfingsttag wurde im Meschener Gotteshaus die Gedenktafel für die Gefallenen und Vermissten im Zweiten Weltkrieg sowie die Verstorbenen während der Deportation in die ehemalige Sowjetunion vom Mediascher Bezirksdechanten Reinhart Guib feierlich eingeweiht.
Am Gottesdienst nahmen neben der geschrumpften Kirchengemeinde und Vertretern der politischen Gemeinde noch Gäste aus Nachbarorten teil und, als stärkste Gruppe, ehemalige Meschener (rund 40 Personen), die aus der Bundesrepublik Deutschland angereist waren. Vor Beginn des Gottesdienstes versammelte sich die erweiterte Gemeinde nach alter Tradition im Kirchhof (früher Schulhof) und bildete zwischen den frisch aufgesetzten „Maibäumen“ ein Spalier für den Pfarrer und seine Begleitung.



Meschen nach der Gedenkfeier am Friedhof am 15. Mai 2005. Nordseite der Kirchenburg, davor die umgestaltete Parkanlage. Foto: Heinrich Mantsch
Meschen nach der Gedenkfeier am Friedhof am 15. Mai 2005. Nordseite der Kirchenburg, davor die umgestaltete Parkanlage. Foto: Heinrich Mantsch


Das Gotteshaus konnte nur im vorderen Bereich benutzt werden, da der größte Teil des Kirchenschiffs und die Orgelempore wegen dringender Renovierungsarbeiten eingerüstet sind. Demzufolge wurden auch die liturgischen Gesänge und Choräle a cappella gesungen. Die Einweihung der Gedenktafel nahm Pfarrer Reinhart Guib mit den Worten des Römerbriefs XIV, 7-9 vor, darin uns verkündet wird: „... Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn ...“ 60 Jahren nach Kriegsende und Deportation war es an der Zeit, diese Gedenktafel im Gotteshaus anzubringen. Die auf der Tafel aufgeführten Namen – 90 an der Zahl, davon 25 Deportierte – sollen Erinnerung und Mahnung zugleich sein, Erinnerung an Familienangehörige, an Anverwandte, an Freundinnen und Freunde, die die meisten der heute Lebenden nur von Fotos oder aus Erzählungen der Angehörigen kennen, Mahnung an alle, dass solch schreckliche Ereignisse, wie sie der Zweite Weltkrieg verursacht hat, nie mehr geschehen sollen.

Die Initiative zur Errichtung und Anbringung der Gedenktafel im Gotteshaus ist vom Vorstand der HOG Meschen ausgegangen. Die Finanzierung wurde durch die großzügige Spende von Stefan Bretz (München) sichergestellt. Allen sei auch von dieser Stelle aus gedankt.

In der Predigt nach Johannes XVI, 5-15, ging Pfarrer Guib auch auf die jetzige Lage der Meschener Kirchengemeinde ein und erwähnte, dass es dort keine rein sächsischen Familien mehr gibt. Gemeindeglieder, die einst am Rande standen, sind jetzt in den Mittelpunkt gerückt und die Träger der Kirchengemeinde geworden. Damit alle Anwesenden dem Gottesdienst folgen konnten, war es nur konsequent, dass er zweisprachig abgehalten wurde.

Nach dem Gottesdienst ging die Gemeinde geschlossen zum Friedhof, um derer zu gedenken, die dort ihre letzte Ruhe gefunden haben. Nach Gebet, Choral und Segen, den der Geistliche an alle spendete, ergriff der Vorsitzende der HOG Meschen, Heinrich Bretz, das Wort und erwähnte, dass in den Tagen zuvor „europaweit des Endes des 2. Weltkrieges gedacht wurde und dass wir nach der Schreckenszeit gerade dank der vielen Opfer eine in der Geschichte nie so lange währende Friedenszeit erleben durften“. Weiter führte er aus, dass auf dem Weg zu den Gräbern unserer Lieben Erinnerungen an die Stunden aufkamen, „in denen wir die hier Ruhenden als geschlossene Gemeinde auf ihrem letzten Weg begleitet haben.“ Es wurde zugleich jener gedacht werden, die nicht in der heimatlichen Erde zur letzten Ruhe gebettet wurden. Im Anschluss an die Gedenkfeier gingen die Anwesenden zu den Gräbern ihrer Angehörigen, um sie mit einem Blumenstrauß in aller Stille zu grüßen. Auf der Trompete erklang zum Abschied „Ich hatt einen Kameraden“.

Nach dieser Feier versammelten sich dann die Gemeindeglieder, Vertreter des öffentlichen Lebens sowie die Gäste von nah und fern zum gemeinsamen Mittagsmahl im schön geschmückten Sportsaal des Kindergartens, der den Namen des Sponsors Brand trägt. Das Drei-Gänge-Menü war von einem Mediascher Partyservice geliefert und gekonnt serviert worden. Nach dem Essen begrüßte Bürgermeister Eugen Roba die Gäste aus Deutschland. „Ihr seid in Meschen immer willkommen. Haltet die Beziehungen zur alten Heimat aufrecht, um so einen Beitrag zum Näherrücken der Völker Europas zu leisten.“ Darauf richtete Schuldirektor Ionel Sotropa einen Willkommensgruß an die Gäste aus Deutschland. Er gab einen Überblick über die Einrichtungen in Schule und Kindergarten und erwähnte das von ihm gegründete Heimatmuseum in der Kirchenburg, das ausbaufähig sei mit weiteren Museumstücken. Der aus der Bukowina stammende engagierte Historiker hat erreicht, dass die Meschener Schule den Namen des von ihm verehrten Stephan Ludwig Roth trägt. Respekt gebührt ihm auch für seine Monographie „Mosna“ (Meschen), die er 2001 zusammen mit seiner Frau Maria herausgebracht hat, ein gut dokumentiertes Buch, dessen ortsgebundene Geschichte einen Beitrag zur Kenntnis der nationalen Geschichte leisten kann, dies umso mehr, als es sich um eine repräsentative ehemals sächsische Gemeinde handelt (Einleitung).

Anschließend erwähnte Bezirkskirchenkurator Hugo Schneider die großzügigen Spenden von Dr. Hans-Konrad Molitoris (Hattingen), mit deren Hilfe die wertvollen Grabsteine auf dem „alten“ Friedhof wieder instandgesetzt wurden. Die Vorfahren von Dr. Molitoris stammen aus Meschen. Die versammelte Gemeinde dankte dem Spendengeber, der vor kurzem seinen 90. Geburtstag feierte, mit regem Applaus.

Am dritten Pfingsttag gab es für die Gäste aus Deutschland noch ein schönes Erlebnis. Nach einer Führung durch die Schule und die Ateliers sowie einem Rundgang durch die Kirchenburg, wo der Bauleiter anhand von Fotos und Skizzen die Renovierungsarbeiten – sie werden von der Weltbank finanziert – erläuterte, fand im Schulhof ein „künstlerisches Programm“ statt, dass die Kindergartenkinder und verschiedene Schülerformationen vorbereitet hatten. Gedichte und Chorlieder wurden vorgetragen, Volkstänze und moderne Tänze vorgeführt, alles in allem ein buntes Programm, an dessen Ende die Gäste lang anhaltenden Applaus den kleinen und größeren „Künstlern“ spendeten.

Ein beeindruckendes Erlebnis gab es an den Abenden, als die Kirchenburg von Scheinwerfern, die im Innenhof aufgestellt worden waren, angestrahlt wurde. In einer solchen Pracht habe ich die mächtige Kirchenburg noch nie erlebt. Den Initiatoren und Sponsoren muss ein herzliches Dankeschön für diese Idee ausgesprochen werden.

Abschließend kann ich sagen, dass wir schöne Pfingsttage bei strahlendem Sonnenschein in der alten Heimat erlebt haben. Wie in anderen Gemeinden im Kreisgebiet hat sich auch in Meschen in den letzten 15 Jahren so manches geändert, aber von der „Tabakerde“ aus betrachtet, liegt es immer noch so schön gebettet zwischen den Bergen, von denen die Weintraubenreben zwar verschwunden sind, die Umrisse haben sich aber nicht verändert.

Heinrich Mantsch



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