11. Juli 2005

Demographischer Wandel in Deutschland: "Mehr Kinder - aber wie?"

Nach dem Vortrag "Sterben die Deutschen aus?" im März ging Horst Göbbel, stellvertretender Vorsitzender der Kreisgruppe Nürnberg-Fürth-Erlangen, im Rahmen seiner Reihe zum demographischen Wandel "Zukunft ohne Kinder?" am 16. Juni im Haus der Heimat in Nürnberg der Frage nach: "Mehr Kinder - aber wie?"
Das Schrumpfen und extreme Altern unserer Gesellschaft habe viel damit zu tun, dass die Geburtenrate in Deutschland - ähnlich wie in der gesamten westlichen Welt - während der letzten hundertdreißig Jahre kontinuierlich abgenommen habe, sagte der Referent. Während 1860 von einer Frau in Deutschland im Schnitt fünf Kinder geboren wurden, waren es 1874: 4,8 Kinder, 1910: 4 Kinder, im Ersten Weltkrieg: 2,0; 1920: 3,5; 1929 (Weltwirtschaftskrise): 1,9; 1935: 2,6; 1945: 1,5; 1965: 2,5 seit 1975 etwa 1,5 Kinder und zurzeit knapp 1,35. Um den aktuellen Stand der Bevölkerung zu halten, müsste die Geburtenrate bei etwas mehr als zwei Kinder pro Frau liegen. Um die Aufgaben des Generationenvertrags erfüllen zu können ("Was eine Generation von der älteren Generation erhalten hat, schuldet sie später der jüngeren - was eine Generation der älteren gegeben hat, darf sie später von der jüngeren fordern"), um Erziehung, Ausbildung, Pflege, Altersversorgung, Krankenversicherung, kommunale Infrastruktur und vieles andere zu finanzieren, einfacher gesagt: um regelrecht nicht auszusterben, benötigen wir mehr Kinder. Aber wie? Dieser Frage widmete sich der Vortrag. Untermalt wurde er mit vielen statistischen Daten, mit Abbildungen, Äußerungen von Fachleuten.

Welches Bild ergibt sich heute? Der Anteil nicht verheirateter Frauen (und Männer) beispielsweise nimmt zu, ebenso der Anteil der Kinder aus nichtehelichen Verbindungen, der Anteil kinderloser Frauen steigt kontinuierlich, Ehescheidungsziffern ebenso (1950: bei 749 315 Eheschließungen gab es 134 600 Ehescheidungen; 2003: bei 392 911 Eheschließungen gab es 213 975 Scheidungen) und es ist bekannt, dass der Weg in die Kinderlosigkeit seit geraumer Zeit über das wiederholte Aufschieben der Geburt des ersten Kindes führt.

Mehr Kinder gäbe es möglicherweise, wenn bestimmte gesellschaftliche und politische Faktoren sich änderten. Als Hauptwünsche an den Staat sowie an das berufliche und private Umfeld erwarten die Bürger laut Umfragen unter anderem: mehr finanzielle Unterstützung vom Staat, d.h. mehr finanzielle Entlastung von Familien, günstigere Preise für Familien, ein kinderfreundlicheres Klima in der Gesellschaft, mehr gesellschaftliche Anerkennung für die Erziehung von Kindern, mehr und kostengünstigere Kinderbetreuungsplätze, mehr größeren und bezahlbaren Wohnraum für Familien, flexiblere Arbeitszeiten, keine beruflichen Nachteile wegen Kindern, mehr Verständnis (besonders für berufstätige Mütter) seitens des Chefs und der Kollegen, wenn es um Verspätung des Kindes wegen oder um Überstunden geht, mehr Anerkennung für die Erziehungsleistung, mehr Zukunftssicherheit, weniger Arbeitslosigkeit usw. Wichtig sei, meinte der Referent abschließend, jungen Menschen zu verdeutlichen, dass Kinder Leben und Zukunft bedeuten, dass es spannend ist, Kinder aufwachsen zu erleben, dass Kinder zum Leben gehören, dass auch das Alter mit Kindern schöner ist, dass man mit Kindern auch Verantwortung (auch für die Gemeinschaft) übernimmt, weil man sich erst mit Kindern komplett fühlen kann, weil der angeblichen Selbstverwirklichung ohne Kinder das Entscheidende fehlen würde: die Zukunftsfähigkeit des Einzelnen und der Gesellschaft.

Die umfassende Diskussion machte schon jetzt neugierig auf den dritten und letzten Vortrag dieser Reihe (am Donnerstag, 20. Oktober - 18:00 Uhr wieder im Haus der Heimat): "Mehr Zuwanderung? Ist das die Lösung?"

Horst Göbbel

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