15. Juli 2005

Die Schlussfeier als Ausklang des Schuljahres

Die Schlussfeiern fanden immer Ende Juni, mit Vorzug am Peter- und Paulstag statt, in Schäßburg in der Klosterkirche oder in der Bergkirche. In den Jahren der "Volksgruppe" wurden sie auf den "Appellplatz" verlegt und verliefen unter lauten völkischen Ritualen, strammen Kommandos und Flagge-Hissen und Flagge-Einholen. In der letzten Woche im Juni gab es keinen Unterricht, sondern man nützte die Zeit für den Aufbau einer Ausstellung mit Schülerarbeiten oder ein Schauturnen, bei dem auch die großartigen Geräteturner zur vollen Geltung kamen. Für Elementarschüler wurde öffentliche Prüfungen abgehalten, die den Eltern die Leistungen ihrer Kinder veranschaulichten. Die Schlussfeiern im Kindergarten hießen ebenfalls "Prüfungen".
Die Schlussfeiern fanden immer Ende Juni, mit Vorzug am Peter- und Paulstag statt, in Schäßburg in der Klosterkirche oder in der Bergkirche. In den Jahren der "Volksgruppe" wurden sie auf den "Appellplatz" verlegt und verliefen unter lauten völkischen Ritualen, strammen Kommandos und Flagge-Hissen und Flagge-Einholen. In der letzten Woche im Juni gab es keinen Unterricht, sondern man nützte die Zeit für den Aufbau einer Ausstellung mit Schülerarbeiten oder ein Schauturnen, bei dem auch die großartigen Geräteturner zur vollen Geltung kamen. Für Elementarschüler wurde öffentliche Prüfungen abgehalten, die den Eltern die Leistungen ihrer Kinder veranschaulichten. Die Schlussfeiern im Kindergarten hießen ebenfalls "Prüfungen".

Abschied der Berggschulabiturienten 1937 in der Schulgasse auf der Burg.
Abschied der Berggschulabiturienten 1937 in der Schulgasse auf der Burg.


1945, als die Front schon in bedrohliche Nähe gerückt war und alle Schulgebäude für Lazarette geräumt werden mussten, wurden die Schlussfeiern abgesagt oder verliefen in aller Eile in der Aula, ohne Beteiligung der Eltern, bereits im Frühjahr.

Die Schlussfeiern wurden gesondert für jeden Schultyp veranstaltet: Knabenschule, Mädchenschule, Gymnasium, Lehrerinnenbildungsanstalt. Die Gymnasialschlussfeier in der Bergkirche war besonders festlich. Der Schülerchor trat auf, Gedichte wurden "peroriert", der Rex hielt eine kurze Ansprache, in der er den Lehrern den Dank der Absolventen aussprach. Der Rektor wiederum zog eine Bilanz für das abgelaufene Schuljahr und nannte namentlich den Prämianten jeder Klasse, der eine Buchprämie erhalten sollte. Der Choral "Nun danket alle Gott" gehörte traditionell ins Programm und erklang als Gemeindegesang. Nach der Feier bezogen die Schüler ihre Klassen, wo sie die Zeugnisse erhielten. Die Eltern und Angehörigen besuchten die Ausstellung mit den Schülerarbeiten. Jüngere Schüler gingen dann traditionell mit ihren Eltern in die Konditorei Martini oder Habermann zu einer Schnitte Eis.

Eine besondere Schlussfeier hatten zusätzlich die Absolventen nach dem Bakkalaureat. Es war der so genannte Exitus. Nach einer Feier mit den Professoren in der Aula stiegen die Absolventen auf das Mäuerchen hinter dem Gymnasialgebäude und sangen "Nun danket alle Gott". Man konnte sie von unten aus der Stadt gut hören und sehen. Dann erschollen Böllerschüsse - der Schuldiener Konst hatte sie kompetent vorbereitet - und die Absolventen in Flaus und mit Coetusmütze marschierten in Begleitung der Blasmusik hinunter in die Stadt. Es war weniger ein Marschieren als vielmehr ein Hüpfen und Laufen zu den Fenstern und Balkonen, von wo ihnen Blumen zugeworfen wurden. Der Weg führte über Schulgasse, Burgplatz, Turmgasse und über den Marktplatz in die Baiergasse. Überall standen die Menschen Spalier und warfen Blumen, so dass bald jeder einen Arm voll trug. Nach dem Rückmarsch in der Baiergasse löste sich der Zug auf. Abends fand der Exitus-Ball im Stadthaussaal mit Beteiligung der Angehörigen und geladener Gäste statt. Der Rex eröffnete mit einem Walzer den Tanz. Es wurde bis tief in die Nacht gefeiert, und noch bis in die Morgenstunden konnte man den Gesang der Feiernden auf der Straße hören: "Nun leb wohl, du kleine Gasse ..." und "Morgen muss ich fort von hier ...".

Für die meisten führte der Weg nun zum Studium nach Deutschland, von wo sie als Ärzte, Ingenieure, Rechtsanwälte, Theologen und Lehrer in die Heimat zurückkehrten, wo sie noch mit einem Zusatzstudium nostrifizierten.

Auf diese Weise wurden die Schlussfeste bis zur sozialistischen Schulreform 1948 gefeiert. Nach Übernahme der Schulen durch den Staat mussten die Schlussfeiern wieder aus der Kirche ausziehen. Der feierliche Choral "Nun danket alle Gott" erklang nicht wieder.

Walter Roth

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 11 vom 15. Juli 2005, Seite 7)

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