20. Juli 2005

Partnerschaft wird mit Leben gefüllt

Der Oberbürgermeister von Dinkelsbühl, Dr. Christoph Hammer, hat vom 2. bis 4. Juli Schäßburg erstmals besucht und wichtige Impulse im Hinblick auf eine Städtepartnerschaft gesetzt, die 2006 offiziell besiegelt werden soll. Die Städtepartnerschaft wurde von der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen initiiert und ist eine natürliche Fortsetzung der Partnerschaft, die die Landsmannschaft seit 1985 mit Dinkelsbühl verbindet.
Der Oberbürgermeister wurde von Verwaltungsoberamtsrat Manfred Kiesel, dem Leiter des Hauptamtes der Stadt Dinkelsbühl, und dem Journalisten Dr. Stefan Willeke von der Wochenschrift „Die Zeit“ begleitet. In Schäßburg kamen Dr. Christoph Machat, Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates, und Dipl.-Ing. Hermann Theil, stellvertretender Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Schäßburg, hinzu. Im Rathaus wurde die Delegation von Bürgermeister Dorin Danesan empfangen, der während des Pfingsttreffens schon zweimal Gast in Dinkelsbühl war. Beim Empfang zugegen waren die Stadträte, darunter Dipl.-Ing. Harald Gitschner, Vorsitzender des Zentrumforums Schäßburg und größter Arbeitgeber in Schäßburg, und Adolf Hügel. Die Gäste machten eine Stadtführung mit Hermann Baier, dem ehemaligen Schulleiter des „Joseph Haltrich“-Lyzeums, besichtigten das Museum im Stundturm und die Ausstellung über Alt-Schäßburg im Kreuzgang der Klosterkirche und beteiligten sich an einem Abendmahlsgottesdienst in der Klosterkirche. Der Kunsthistoriker Christoph Machat zeigte die Bergkirche, das deutsch-rumänische Kulturzentrum im „Haus mit dem Hirschgeweih“ und die Kirchenburg in Birthälm. Bei einem Stadtrundgang sagte Pfarrer Hans Bruno Fröhlich, dass die Aussage, Schäßburg sei das Rothenburg Siebenbürgens, nun revidiert werden müsse: „Schäßburg ist das Dinkelsbühl Siebenbürgens.“ Dieser Feststellung schließt sich Oberbürgermeister Hammer vollinhaltlich an. Er sei beeindruckt vom Land und vor allem von Schäßburg, „einer wunderschönen mittelalterlichen Stadt“, erklärte er gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung.

Beeindruckt zeigte sich der Oberbürgermeister auch vom geschichtlichen Abriss, den er erfahren habe. Die strengen Regeln der Siebenbürger Sachsen von früher seien nachvollziehbar, da sie als Volksgruppe sehr stark auf sich gestellt waren: „In Birthälm und anderen Orten hat es über 200 Jahre lang keine Scheidungen gegeben. Man hatte ein Ehehaus, wo sich die Streithähne zusammenfinden mussten, um sich wieder zu einigen.“ Dass jede Zunft ihren Turm gebaut und unterhalten habe, zeigt das große soziale Engagement. Davon sei auch im heutigen Schäßburg einiges zu spüren.

Zwischen Dinkelsbühl und Schäßburg eröffnen sich Austauschmöglichkeiten nicht nur im kulturellem Bereich, sondern auch in der Denkmalpflege und Wirtschaft. So könnten die Denkmalpfleger der beiden Städte fachliche Erfahrungen austauschen, führte Hammer aus. Siebenbürgen sei für eine sehr große Gruppe von Menschen touristisch interessant, die Freizeit, Landschaft und Kultur miteinander verbinden wollten. Gute Voraussetzungen gibt es nach Ansicht des Dinkelsbühler Oberbürgermeisters beispielsweise im gehobenen Radtourismus. Ebenfalls im wirtschaftlichen Bereich könnten die beiden Städte Produkte austauschen. In Schäßburg werde ein starker Trend zu Regionalprodukten, zu ökologisch und biologisch hergestellten Produkten verzeichnet, die auch in Dinkelsbühl vermarktet werden könnten. Stadtrat Adrian Popa, mütterlicherseits ein Deutscher, stellt in Schäßburg nachgemachte antike Möbel her und sucht einen Standort für die Endproduktion und den Vertrieb. Dinkelsbühl sei dafür sicherlich geeignet, erklärte Hammer gegenüber dieser Zeitung. Umgekehrt sind auch Dinkelsbühler Betriebe an Investitionen in Siebenbürgen interessiert.

„Im kulturellen Bereich sind beide Städte Kleinodien, und Dinkelsbühl könnte beispielsweise mit der Knabenkapelle, Theater oder Vorträgen in Schäßburg präsent sein“, sagte Hammer. Die siebenbürgische Stadt werde schon am 11. September 2005 beim Stadtfest in Dinkelsbühl mit einer kleinen Truppe bzw. Regionalprodukten dabei sein.

Weitere konkrete Schritte fügen sich wie Mokaiksteine zu einem Ganzen zusammen; die Partnerschaft wird immer mehr mit Leben gefüllt. Der Freundeskreis Dinkelsbühl-Schäßburg wurde am 17. März 2005 in der mittelfränkischen Stadt gegründet, ein Pendant dazu soll noch in diesem Jahr in Siebenbürgen entstehen. Über ihren Besuch in Schäßburg werden Bürgermeister Hammer und Hauptamtsleiter Kiesel einen Diavortrag vor einer Bürgerversammlung in Dinkelsbühl halten. Ebenfalls im kommenden Herbst werden die Stadträte in Dinkelsbühl und Schäßburg über eine Städtepartnerschaft entscheiden. Im nächsten Jahr könnten dann die Urkunden in Dinkelsbühl und 2007 in Schäßburg offiziell unterzeichnet werden, so dass jede Stadt ihren Festakt hat. 2007 werden aus Dinkelsbühl nicht nur eine politische Delegation, sondern auch Stadtbewohner und Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde nach Schäßburg reisen. „Kulturaustausch ist im Endeffekt Mentalitätsaustausch“, betont Hammer. „Deshalb wollen wir nicht nur die Siebenbürger Sachsen, sondern auch die anderen Deutschen in Dinkelsbühl und die rumänische Bevölkerung in diese Partnerschaft mit einbeziehen.“

Siegbert Bruss


Bewerten:

1 Bewertung: ––

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.