12. September 2001

Jochen Welt: "Sachwalter der Interessen von Aussiedlern"

Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen, Jochen Welt, MdB, hat in einem Leserbrief die in der Siebenbürgischen Zeitung erschienenen Artikel "Gesetz gegen Aussiedler" des landsmannschaftlichen Bundesrechtsreferenten Johann Schmidt und "Impulse für eine bessere Aussiedlerpolitik" von Siegbert Bruss als "polemisch und unzutreffend" kritisiert. Der Brief wird im Folgenden vollinhaltlich wiedergegeben.
Die Behauptungen des Bundesrechtsreferenten der Landsmannschaft, der Gesetzgeber habe mit der Verabschiedung des Spätaussiedlerstatusgesetzes die Aufnahme von Aussiedlern erschwert und es handele sich um ein Gesetz gegen Aussiedler, sind polemisch und unzutreffend. Vielmehr ging es darum, nach einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtssprechung dem seit 1996 geltenden Rechtszustand die Geltung zu verschaffen, die der Absicht des Gesetzgebers des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes (BVFG) entsprach.
Wie auch dem Verfasser des Artikels bekannt ist, entsprach und entspricht es dem Willen des Gesetzgebers, den Spätaussiedlerstatus nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes demjenigen zuzuerkennen, dem neben den anderen Merkmalen (z.B. Nationalität, Bekenntnis, Abstammung) Deutschkenntnisse in der Familie vermittelt worden sind und der dies durch einen Bestätigungssprachtest im Herkunftsland nachweist, wobei das Führen eines einfachen Gesprächs auch im Dialekt ausreichend ist. Diese seit fünf Jahren bestehende Rechtsanwendung und Praxis wird durch das Gesetz fortgeschrieben, es ist eine Klarstellung und keine Erschwerung der Aufnahme.
Dem Verfasser des Artikels ist in Erinnerung zu rufen, dass der Sprachtest 1996 von der früheren Bundesregierung aus guten Gründen nicht zuletzt im Hinblick auf die abnehmende der Akzeptanz der Aussiedlerzuwanderung eingeführt wurde. Dies gilt heute mehr denn je, denn bekanntlich erfüllt nur noch jeder vierte Spätaussiedler die Voraussetzungen von Paragraph 4 BVFG. Der Artikel unterschlägt ferner die Tatsache, dass das Gesetz mit der ganz überwiegenden Mehrheit der CDU/CSU Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag verabschiedet worden ist. Auch der CDU/CSU Fraktion ging es darum, die Akzeptanz des Spätaussiedlerzuzuges insgesamt zu erhalten. Dies kann nicht gelingen, wenn in noch größerer Zahl Antragsteller im Zeitpunkt der Aussiedlung über keinerlei Deutschkenntnisse verfügen und noch nicht einmal ein einfaches Gespräch in Deutsch führen können.
Man sollte auch zur Kenntnis nehmen, dass der Gesetzgeber ganz grundsätzlich das Recht auf Übersiedlung und Aufnahme in Deutschland hätte einschränken oder sogar beenden können, wie es bekanntlich vielfach gefordert wird. Als Aussiedlerbeauftragter setze ich mich aber mit Nachdruck dafür ein, dass in der anstehenden Zuwanderungsgesetzgebung weder an der Vermutung des Kriegsfolgenschicksals noch an der festgelegten Quotierung von 100.000 Aussiedlern pro Jahr gerüttelt wird.
Falsch ist in dem Artikel auf Seite 4 "Impulse für eine bessere Aussiedlerpolitik" auch die Behauptung, dass das BVA Sprachtests besonders streng bewerte und einen "erheblichen gerichtlichen Aufwand "gegen" Antragsteller" betreibe. Richtig ist vielmehr, dass das BVA die rechtlichen Voraussetzungen nach dem Bundesvertriebenengesetz - zu denen auch die Fähigkeit gehört, ein einfaches Gespräch in deutscher Sprache zu führen, wobei die Deutschkenntnisse familiär vermittelt sein müssen – prüfen muss. Diese gesetzlich vorgeschriebene Prüfung wird von dafür speziell ausgebildeten Beamten des BVA mit großer Sorgfalt vorgenommen. Ich rege an, dass der Verfasser des Artikels sich über das Verfahren vom Bundesverwaltungsamt informieren lässt.
Die Tatsachen werden völlig auf den Kopf gestellt in der Behauptung, Netzwerke für Integration seien in der Projektphase steckengeblieben. Das Gegenteil ist richtig: es gibt zahlreiche Netzwerke, die sehr erfolgreich arbeiten, und ihre Zahl wächst ständig.
Ohne auf alle Behauptungen im Einzelnen eingehen zu können oder zu wollen, wird in den Artikeln die mit Augenmaß betriebene, auch die Akzeptanz- und Integrationsfragen in Deutschland berücksichtigende Aussiedlerpolitik dieser Bundesregierung unsachlich und polemisch diskreditiert. Vor allem aber werden durch die Artikel in unverantwortlicher Weise Ängste und Sorgen bei den Spätaussiedlern geschürt, deshalb lege ich Wert auf die Veröffentlichung dieses Leserbriefs. Die Aussiedler in Deutschland und die deutschen Minderheiten in den Herkunftsländern wissen, dass diese Bundesregierung und ich als Aussiedlerbeauftragter Sachwalter ihrer berechtigten Interessen sind.

Jochen Welt, MdB
Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen


Artikel, zu denen der Aussiedlerbeauftragte Stellung nimmt:

Gesetz gegen Aussiedler, Siebenbürgische Zeitung, Folge 12 vom 31. Juli 2001, Seite 1

Impulse für eine bessere Aussiedlerpolitik, Siebenbürgische Zeitung, Folge 12 vom 31. Juli 2001, Seite 4

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