29. Juli 2005

Siebenbürgische Schulgeschichte wird weiter erforscht

Zu einer Tagung über das Schulwesen in Siebenbürgen lädt die Sektion Pädagogik und Schulgeschichte im Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) für den 22. und 23. Oktober 2005 ins Haus des Deutschen Ostens in München (Am Lilienberg 5) ein. Die Veranstaltung steht auch Interessenten offen, die keine Einladung erhalten haben. Die Sektion berät nach 1995, 2000, 2002, 2003 und 2004 zum sechsten Mal über Wege und Möglichkeiten, die Schulgeschichte zu dokumentieren und zu erforschen.
Das Haus des Deutschen Ostens in München ist trotz der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte bereit, auch die Tagung vom 22.-23. Oktober 2005 zum Thema durchzuführen und stellt dafür die Mittel zur Deckung der Reisekosten der einzelnen Teilnehmer zur Verfügung. Interessenten werden gebeten, sich schriftlich bei Hans Gerhard Pauer, Bahnhofstraße 3, 51399 Burscheid, E-Mail: HPauer@t-online.de, anzumelden. Sie erhalten dann detaillierte Informationen und das genaue Programm. Die Übernachtung in München muss von jedem Teilnehmer selbst organisiert werden.

Die Sektion Schulgeschichte führt damit die 1995 initiierte Arbeitsrichtung fort und verdeutlicht den außergewöhnlichen Beitrag des siebenbürgisch-sächsischen Schulwesens bei der Entwicklung der Identität der Siebenbürger Sachsen nicht nur im Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit, sondern auch im Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde.
Die fünfte Dokumentationstagung der Sektion Schulgeschichte des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde fand am 9. und 10. Oktober 2004 ebenfalls im Haus des Deutschen Ostens in München statt. Die Ergebnisse
der Tagung werden im Folgenden zusammenfasst, um diese positiven Ansätze zu vertiefen.
In Anwesenheit von über 40 interessierten Zuhörern und elf Referenten wurden im letzten Herbst Aspekte der Dokumentation siebenbürgisch-sächsischer Schulgeschichte sowie Vorhaben und Perspektiven der Sektion erörtert. Die Tagung wurde von Prof. Dr. h.c. Walter König mit einem Beitrag Zum Stand der Bemühungen um die Dokumentation der siebenbürgisch-sächsischen Schulgeschichte eröffnet. Gudrun Schuster stellte erste Ergebnisse einer Umfrage zum Thema Schule und Ideologie im kommunistischen Rumänien aus der Sicht ehemaliger Schüler vor und verwies auf die Weiterführung und Ausweitung des Projektes, über dessen Verlauf auf der sechsten Tagung berichtet werden soll.

Die Referate von Hermann Schmidt: Die Neugründung des Coetus 1946-1948 an den siebenbürgisch-sächsischen Schulen, Odette Fabritius: Gedanken zur Umgestaltung der siebenbürgisch-sächsischen Dorfschule nach 1870 im Spannungsfeld zwischen Autonomiebestrebungen und ungarischer Staatsidee, René Kinnle: Die Entwicklung des deutschen Gymnasiums in Mediasch im 18. und 19. Jahrhundert (Bericht aus dem Projekt des Leistungskurses Geschichte am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium Leverkusen) und Hans Gerhard Pauer: Beiträge zur Geschichte der deutschen Schule in Kleinschelken von den Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg, erweiterten die Themen der letzten Tagung auf die Zeit vor 1945 und faszinierten vor allem durch ihre gründliche Dokumentation.

Um die Entwicklung vor Ort nicht aus unserem Blickfeld zu verlieren, wurden auch diesmal Referenten aus Siebenbürgen gewonnen, die über die aktuelle Schulsituation an den deutschsprachigen Schulen und Abteilungen informierten. So berichtete Christine Manta-Klemens aufgrund statischer Daten über die aktuelle Schulsituation an den deutschsprachigen Schulen und Abteilungen im Kreis Hermannstadt aus der Sicht einer Schulinspektorin. Der sehr temperamentvolle und auf Bildmaterial aufgebaute Powerpoint-Vortrag von Aniko Mitruly, Schulleiterin der Hermann-Obert-Schule in Mediasch, 400 Jahre deutsche Schule in Mediasch - aktuelle Situation und Perspektiven rundete das Bild zur aktuellen Lage in Siebenbürgen ab und vermittelte den Anwesenden ein sehr positives Bild über das große Engagement in Mediasch.

Das bislang kaum dokumentierte Spannungsfeld zwischen den Auflagen des kommunistischen Staates und den Interessen der deutschen Schulen und ihrer Lehrer behandelten die Referate von Gerhard Hutter zum Thema Das deutschsprachige Schulwesen im Kreis Hermannstadt in der Zeit der kommunistischen Diktatur aus der Sicht eines Schulinspektors und Erwin Jikeli: Neues Leben/Neue Menschen? - Unterrichten und Erziehen im Auftrag der proletarischen Kulturrevolution.

In seinem Eröffnungsvortrag mit einem kurzen Rückblick auf die Ergebnisse der Dokumentationsarbeit zur siebenbürgischen Schulgeschichte (über 50 Berichte zu unterschiedlichen Aspekten dieser Schulgeschichte nach 1945) ging Prof. König auf grundlegende Vorschläge und Ideen für die weitere Arbeit der Sektion Schulgeschichte ein. Vor dem Hintergrund der fehlenden Quellen für alle Forschungsarbeiten zur siebenbürgisch-sächsischen Schulgeschichte aus der Zeit nach 1945, zu der es zwar umstrittene Meinungen, aber kaum veröffentlichte und damit für alle zugängliche Materialien gibt, schlug er die Herausgabe eines Quellenbandes zum Thema Schulgeschichte vor, der sich auf die von unserer Sektion gesammelten Beiträge stützt. König betonte, dass die Dokumentation noch lange nicht abgeschlossen sei und die Zeit dränge. Er rief dazu auf, weitere Zeitzeugen und Erinnerungsträger zu finden, die Material zur Verfügung stellen oder Hinweise geben, wo sich im Privatbesitz Dokumente befinden, die gesichert werden sollten. Das Sammeln, Erinnern und Aufschreiben solle auf jeden Fall weitergehen und den Schwerpunkt der zukünftigen Tagungen bilden, sagte der Pädagoge aus Reutlingen. Die Forschungen sollten freilich nicht nur die Zeit nach 1945, sondern die gesamte Entwicklung des siebenbürgisch-sächsischen Schulwesens erfassen. Gerade die Ergebnisse der letzten Tagungen hätten gezeigt, dass diese Quelle unserer Schulgeschichte noch längst nicht erschöpft sei.

In München tauchte auch die Frage nach dem Zugang zu den gesammelten Quellen, Nachlässen und Berichten zum Thema Schulgeschichte wieder auf. Dazu wäre zu klären, ob es in Gundelsheim im Bereich des Archivs oder der Bibliothek nicht eine Möglichkeit gibt, Materialien zur Schulgeschichte konzentriert auf einen Raum zu sammeln und zu ordnen. Fast alle Teilnehmer äußerten den Wunsch an die Organisatoren, die einzelnen Referate und Beiträge so zu vervielfältigen, dass sie an alle Anwesenden verteilt werden könnten. Im Rahmen dieser Anregung streben die Organisatoren an, bis zur nächsten Tagung alle Referate auf einem elektronischen Datenträger zu sammeln (DVD) und an die Tagungsteilnehmer zu verteilen.

Hans Gerhard Pauer

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 12 vom 31. Juli 2005, Seite 4)

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