27. August 2005

Archäologische Grabungen in Hermannstadt

Sie ist immer in Eile, läuft aus der Reispergasse zum Huetplatz und zurück, telefoniert mit Stadtbeamten und wird diesen Rhythmus bis September 2005 durchhalten müssen: Dr. Daniela Marcu Istrate ist Archäologin, und ihr Team hat den Zuschlag für die archäologischen Grabungen in Hermannstadt erhalten. Hermannstadt soll sich 2007 - zusammen mit Luxemburg - als Europäische Kulturhauptstadt präsentieren.
An allen Ecken und Enden wird gegraben. Klar, dass die Forschung dabei zu kurz kommt. Nachdem die Bagger die Hälfte des Hofes zwischen Stadtparrkirche, Kapitelgebäude und Brukenthalschule zerstört und die Gräber des ältesten Friedhofs der Stadt aufgewühlt hatten, wurde die Stadtverwaltung jedoch einsichtig.

Archäologische Grabungen in Hermannstadt. Foto: Manfred Huber
Archäologische Grabungen in Hermannstadt. Foto: Manfred Huber

Nun geht man in aller Eile vor, um zu sichern, zu retten, zu forschen: ob am mittelalterlichen Brunnen in der Reispergasse oder eben am Huetplatz vor der Kirche. Wenn alle Gräber archäologisch erfasst, fotografiert, vermessen, gezeichnet sind, kann der Platz sein neues Gesicht erhalten. Zurzeit ziehen sich die Gräben entlang des Denkmals von Bischof Georg Daniel Teutsch (1817-1893), das seinerzeit auf Gräber und Gebeine gesetzt worden war, bis zum Hauptportal und dem Seitenschiff. Deutlich werden nun die von deutschen Kolonisten angelegten Kastengräber mit Kopfnischen in Richtung Westen sichtbar. Sehr gut zu sehen am Seitenschiff. Als nämlich die alte Marienkirche im 15. Jahrhundert vergrößert wurde und ihr heutiges Aussehen erhielt, setzte man Strebepfeiler auf die Kastengräber und durchschnitt diese.

Vier dieser Gräber wurden Mitte Juli 2005 entdeckt. Sie werden von der leitenden Archäologin Dr. Daniela Marcu Istrate für die Zeit um 1300 datiert. 3 000 Tote sollen archäologischen Schätzungen zufolge auf dem Friedhof gelegen haben. Es wurden keine Grabbeigaben gefunden. Das ist ein deutlicher Hinweis, dass es sich um Siebenbürger Sachsen handelt. Zu einem späteren Zeitpunkt werden die Skelettreste des alten Friedhofs, der bis 1600 "funktionierte", in der Nähe des Kapitelgebäudes zur Ruhe gebettet. Es bleibt zu hoffen, dass die Herkunft der Toten historisch korrekt erwähnt wird. Zu oft werden noch deutsche Geschichts- und Kultureinflüsse verschwiegen.

Manfred Huber

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