29. August 2005

Leserecho: Mundart Teil unserer Identität

Beitrag zu dem Artikel von Hanni Markel und Doris Hutter über das Mundartautorentreffen, Siebenbürgische Zeitung Online, 3. Juni 2005.
Ich finde es großartig, dass man jetzt beginnt, sich mit der sächsischen Mundart gezielt und bewusst als Kulturträger zu beschäftigen. Wir haben bis zur Ausreise in den Westen damit gelebt und wir sollen sie weiter pflegen, denn sie ist ein Teil unserer Identität. Wenn man die Mundart versucht zu vergessen, vergisst man einen Teil seines Lebens - und wenn ich dann Siebenbürger Sachsen, die noch in Siebenbürgen aufgewachsen sind, steirisch, wienerisch, schwäbisch oder bayrisch reden höre, dann geht mir, wie man wienerisch sagt, "das Geimpfte" auf. Den einheimischen Dialekt lernt man nie hundertprozentig und wenn man versucht so zu sprechen, macht man sich lächerlich. So spreche ich entweder "harmanstäderesch" awer "häldsdauferesch", dialektal eingefärbtes Hochdeutsch oder reines Hochdeutsch. Vor allem bleibt das Satzgefüge so, wie wir es in unserer Heimat gelernt haben. Und wenn jemand fragt, woher ich komme, dann sage ich: "aus Siebenbürgen, ich bin Altösterreicher" (Siebenbürgen war ja über 200 Jahre Bestandteil der Habsburgermonarchie). Sollte weiter gefragt werden (was selten vorkommt, denn keiner will seine Unwissenheit zugeben), antworte ich: "Siebenbürgen gehört heute zu Rumänien" und: "Wir sprechen einen sehr alten deutschen Dialekt, der der Staatssprache Luxemburgs sehr ähnelt". Und damit bin ich beim Thema: Anfang dieses Jahres brachte mir ein Sprachoffizier der Landesverteidigungsakademie aus Wien (mein Nachfolger) einen kopierten Teil eines Lehrbuches der Letzeburgischen Sprache mit. Luxemburgs Ministerpräsident Junker im Fernsehen gab jüngst das Abstimmungsergebnis auf Letzeburgisch bekannt. Also kann sich unser Dialekt würdig zu anderen deutschen Dialekten gesellen und wir können stolz auf ihn sein.

Da Letzeburgisch und Siebenbürgisch-Sächsisch immer noch sehr gleich klingen und ich mich mit luxemburgischen Offizieren in der Mundart sehr gut verständigen konnte, schlage ich den Veranstaltern des Mundartautorentreffens vor, auch Luxemburger in Zukunft zu laden und vor allem aus dem vorhandenen amtlichen Lehrbuch Anleihen zu zeichnen, die die verschiedensten Dialekte für alle Siebenbürger Sachsen lesbar machen: In jeder Siebenbürgischen Zeitung sollte ein Beitrag in Mundart gebracht werden. Vielleicht kann man sich jetzt im Westen auf eine einheitliche Schreibweise einigen. In Siebenbürgen ist es ja meines Wissens nie gelungen.

Wilgerd Nagy

, Wien

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