24. September 2001

Wegen Duldung arabischer Mafia: Ion Iliescu gerät ins schiefe Licht

Der frühere und derzeitige Staatspräsident Rumäniens Ion Iliescu gerät wegen der Duldung arabischer Schmuggelbanden während seiner Amtszeit von 1992 bis 1996 in ein schiefes Licht. Der Historiker Marius Oprea wies in einer Dokumentation in der Tageszeitung "Romania Libera" die engen Verstrickungen der damaligen rumänischen Behörden mit der arabischen Mafia nach, die den mutmaßlichen Drahtzieher der Terrorangriffe auf die USA, Osama bin Laden, mitfinanziert habe.
Rumänien sieht sich in der Pflicht gegenüber der NATO. Das Bukarester Parlament hat am 19. September beschlossen, Rumäniens Hoheitsgebiet für militärische Aktionen des nordatlantischen Bündnisses zur Verfügung zu stellen und an der Bekämpfung des internationalen Terrorismus teilzunehmen. Die Geste hat vorwiegend politischen und symbolischen Charakter, da zunächst kaum anzunehmen ist, dass militärische Aktionen vom Gebiete Rumäniens aus gestartet werden. Indem es sich jetzt schon wie ein "de-facto"-Mitglied der NATO verhält, erhofft sich Rumänien beim kommenden Gipfel in Prag im Herbst 2002 ins nordatlantische Bündnis aufgenommen zu werden.
Trotz der eindeutig prowestlichen Haltung aller politischer Parteien sind in Rumänien gleich mehrere Kontroversen zum Thema Bekämpfung des islamistischen Terrorismus ausgebrochen. Laut einer Meinungsumfrage von Gallup International sprechen sich 52 Prozent der Rumänen gegen einen militärischen Einsatz ihres Landes aus. Angesichts dieser "Volksstimmung" beeilte sich Staatspräsident Ion Iliescu einzuräumen, dass es sich beim Engagement seines Landes weniger um einen militärischen Einsatz im klassischen Sinne, sondern um eine langfristige, vorwiegend geheimdienstliche Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Terrorismus handle. Trotz dieser zutreffenden Klarstellung vermissen Beobachter der politischen Szene in Rumänien, dass die Machthaber in Bukarest nur wenig unternehmen, um mehr Akzeptanz für einen gemeinsamen Einsatz mit der internationalen Staatengemeinschaft zu schaffen. Im Gegenteil, stellt die Tageszeitung Romania Libera fest, würden die Agitatoren in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf Plätzen, wo sich Menschen ansammeln, zunehmend gegen den "historischen Beschluss" zur Unterstützung des NATO-Einsatzes agitieren.
Eine weitere Kontroverse betrifft die Aussage des mutmaßlichen Drahtziehers der Terrorangriffe auf die USA vom 11. September, Osama bin Ladin. Der saudirabische Terroranführer hatte 1996 in einem Interview mit der Sunday Times behauptet, das Netz der ihn finanziell unterstützenden Organisation umfasse dreizehn Länder, darunter Rumänien. Der Rumänische Nachrichtendienst (SRI) wies die seinerzeit von bin Ladin gegebene Darstellung zurück, berichtet die Neue Zürcher Zeitung: "Die durch internationale Zusammenarbeit gewonnenen Erkenntnisse ergäben keine Bestätigung dafür, dass es zwischen den in Rumänien tätigen muslimischen Zusammenschlüssen und bin Ladins Terrororganisation Verbindungen gebe."
Dass es sehr wohl enge Verstrickungen zwischen der arabischen, vorwiegend im Bereich des Zigarettenschmuggels agierenden Mafia und rumänischen Geheimdienstoffizieren gibt, zeigte der Historiker Marius Oprea, einer der besten Kenner der rumänischen Securitate und der heutigen Gemeindienste in Rumänien, in einer Dokumentation in der Tageszeitung Romania Libera vom 20. September auf. So habe der General Victor Marcu, von 1992 bis 1994 stellvertretender SRI-Chef, die Zigarrettenbanden der arabischen Mafia direkt unterstützt. Derzeit koordiniere er in führender Stellung die Privatisierung der rumänischen Wirtschaft. Die Zigaretten seien in Bukarester Militäreinheiten gelagert, das Geld zum Ankauf von Waffen der Romtechnica verwendet worden. Ferner deckt Oprea die Mechanismen des arabischen Zigarettenschmuggels in Rumänien auf, dessen Einnahmen bis 1996 zur Finanzierung des islamistischen Terrors und der Organisationen von bin Laden gedient hätten.
Das Präsidialamt von Ion Iliescu, dessen frühere Amtszeit im Artikel als "Paradies des Schmuggels" bezeichnet wird, zeigte sich äußerst irritiert über die Berichterstattung der Romania Libera. Ohne auf den Inhalt der Dokumentation einzugehen, drohte das Präsidialamt, die Staatsanwaltschaft einzuschalten, weil der Autor, der zeitweilig als Berater des früheren Staatspräsidenten Emil Constantinescu tätig war, angeblich als "Staatsgeheimnis" eingestufte Unterlagen verwendet und publik gemacht habe.
Für Zündstoff sorgte schließlich Corneliu Vadim Tudor, der Vorsitzende der extremistischen Großrumänien-Partei (Partidul Romania Mare – PRM). Der frühere Hofpoet des Ceausescu-Regimes behauptete, 30 Kämpfer der Hamas-Bewegung hätten 1995 mit Wissen des damaligen und derzeitigen Staatspräsidenten Iliescu in der Nähe von Bukarest an Ausbildungskursen teilgenommen. Das Präsidentenamt sprach hierauf von Verleumdung und verantwortungslosem Verhalten, das dem Land schweren Schaden zufüge. Der staatliche Bewachungsdienst teilte seinerseits mit, dass er von 1994 bis 1996 drei Gruppen von Palästinensern ausgebildet habe, die für die Übernahme entsprechender Aufgaben innerhalb der palästinensischen Autonomiebehörde vorgesehen waren. Mehrere Teilnehmer hätten ähnliche Kurse auch in westlichen Ländern absolviert, wird der Bewachungsdienst von der Neuen Zürcher Zeitung zitiert.

S. B.

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