26. September 2001

Filtsch-Konzert demnächst im Münchener Gasteig

Der Carl-Filtsch-Wettbewerb wurde Anfang September schon zum sechsten Mal in Hermannstadt abgehalten. Einige Preisträger werden in einem Klavierkonzert am 21. Oktober im Münchner Gasteig zu hören sein. Mit den Initiatoren des Filtsch-Festivals, Peter Szaunig und Walter Krafft, führte Martin Ohnweiler, Hermannstädter Korrespondent der "Siebenbürgischen Zeitung", folgendes Interview.
17 Pianisten der Altersstufe A (bis 15 Jahre) und weitere 12 der Gruppe B (bis 25 Jahre) aus Rumänien, Bulgarien, der Republik Moldau und der Ukraine sowie aus Deutschland stellten sich heuer zum Carl-Filtsch-Wettbewerb.. Drei bereits konsekrierte Künstler - Boldizsar Csiky-Adleff, Leonhard Westermayr und Vlad Dimulescu - bestritten zudem im Saal der Philharmonie auf der "Kleinen Erde" einen Klavierabend, zum Abschluss gab es das Konzert der Preisträger. Sie alle hier anzuführen, würde allerdings den Rahmen sprengen, denn immerhin 24 Teilnehmer haben die sieben Juroren sehr gut benotet und danach entsprechend belohnt. Allen voran Alexandru Timofeev aus der Republik Moldau, der den ersten Preis für Interpretation und Komposition erhielt, in der Altersgruppe A standen immerhin gleich fünf gleichwertige Teilnehmer als Sieger fest, der Carl-Filtsch-Preis ging an Andreea Roxana Cristea (Bukarest), der Sonderpreis für die jüngste Interpretin an Adela Liculescu-Ratoi (Craiova). Über das Festival sowie den Wettbewerb sprach mit den Initiatoren dieser Veranstaltung, Peter Szaunig, Vorsitzender der Jury, und Walter Krafft, Direktor des Münchener Musikseminars, unser Hermannstädter Mitarbeiter Martin Ohnweiler.

Meine Herren, waren der nunmehr sechste Wettbewerb und das Festival "Carl Filtsch" erneut ein Erfolg? Und wenn ja, inwiefern?

Szaunig: Das Festival war auf alle Fälle ein Erfolg, schon darum, weil die Teilnehmeranzahl etwa die gleiche wie in den Vorjahren, also wieder beachtlich war. Zudem haben sich dieses Jahr die musikalisch-künstlerischen wie pianistischen Darbietungen der knapp 30 Kandidaten gleichmäßiger auf hohem Niveau verteilt als bisher, bloß der Kompositionswettbewerb erwies sich quantitativ leider etwas schwächer, dafür aber qualitativ um so hochwertiger, was uns natürlich insgesamt gefreut hat, zumal so etwas heute nur noch bedingt denkbar ist.
Krafft: Ich bin der gleichen Ansicht, aber: Besonders gefreut hat uns zusätzlich die angestiegene Disponibilität bei allen Behörden und Persönlichkeiten in Hermannstadt dies Festival zu begleiten, was uns Mut macht und unsere Hoffnung stärkt, diesen Wettbewerb weiter fortführen zu können, wahrscheinlich auch unter immer besseren Bedingungen.

War die Veranstaltung aber auch ein Publikumserfolg in Anbetracht des Festivalfiebers, das Hermannstadt gerade zu Monatsbeginnt mit weiteren parallelen Festivals erfasst hatte? Kunsthandwerker tummelten sich im Jungen Wald, Militärblaskapellen, darunter auch jene der Panzerdivision in Ulm, waren auf allen öffentlichen Plätzent zu hören.

Szaunig: Durchaus war sie ein Publikumserfolg. Denn die drei Klavierkonzerte, die wir nach den Wertungsspielen eingeplant hatten, waren wunderbar besucht, der Saal stets randvoll, und man konnte, obgleich immer wieder nur Klaviermusik geboten wurde, von dem eigentlichen Wettbewerb Abstand nehmen und sich reifen Interpreten zuwenden, sie genießen.
Krafft: Auch ich war beeindruckt von der Tatsache, dass die Leute an jenen Abenden nicht klaviermüde waren, sondern geradezu in noch größeren Scharen in die Festivalkonzerte gekommen sind. Vielleicht ist es aber hier noch angebracht, die positiven Unterschiede unseres Wettbewerbs zu anderen derartigen Veranstaltungen zu nennen, denn es gibt ja nicht nur in Rumänien derzeit ein Festivalfieber, sondern in der ganzen Welt ein ausgesprochenes Wettbewerbsfieber. In Italien beispielsweise hat bereits bald jedes Dorf irgendeinen internationalen Musikwettbewerb. Bloß bei unserem Wettbewerb wird auch, was übrigens einmalig in der Welt ist und die Idee meines Freundes, Prof. Szaunig, war, die Kreativität der Kinder und Jugendlichen geprüft und ausgezeichnet. Voll bewährt hat sich ferner die Verbindung von Wettbewerb und Festival, wobei man immer wieder und hors cncours in Hermannstadt den einen oder anderen Meister hört, der bereits eine Entwicklung hinter sich hat. Und drittens ist es vielleicht sehr wichtig, hier anzuführen, dass wir uns dann noch um die Zukunft unserer besten Kandidaten kümmern. So ist jetzt schon für den Münchener Gasteig am 21. Oktober ein Konzert geplant, wo einige Preisträger des Filtsch-Festivals auftreten werden. Außerdem haben sich verschiedene Sinfonieorchester aus Rumänien spontan bereit erklärt, demnächst Wettbewerbssieger für ihre Konzerte als Solisten einzuladen.

Wer waren denn heuer die Preisträger - wobei man alle 24 wohl nicht nennen kann, desgleichen die sieben Sieger nicht. Aber was hat sie dann doch insgesamt ausgezeichnet?

Szaunig: Vor allem das hohe technisch-interpretative, aber auch das künstlerisch-gestalterische Niveau und nicht zuletzt die Auswahl der Stücke, die sie getroffen haben. Da gab es wirklich Werke der großen Weltliteratur, die wir zu Gehör bekamen, und beachtlich sowie beeindruckend erwies sich dabei die Reife und Gestaltungskraft der Kandidaten. Und als wohl größte Überraschung entpuppte sich diesmal Alexandru Timofeev aus der Republik Moldau, der nicht nur als hervorragender Interpret, sondern auch als toller Komponist angetreten ist.
Krafft: Man kann natürlich nicht alle Interpreten über den gleichen Kamm scheren, in Folge dessen ist es auch nur schwer möglich, in diesem Jahr für alle ein besonderes Charakteristikum hervorzuheben. Im Gegenteil: Ich finde die Wirkung von Kunst eben durch ihre Vielfalt bedingt, und von daher würde ich sagen, dass gerade die Unterschiede zwischen den verschiedenen Talenten das Interessante dieser Veranstaltung waren wie auch die Tatsache, dass sich sowohl die Kleinsten als auch die Größten gar nicht so sehr auf bereits ausgetretenen Pfaden bewegt haben, sondern sich auch an periphere Werke ausgefallener Komponisten oder an seltener gespielte Stücke, beispielsweise von Prokofjew, Debussy und vielen modernen rumänischen Autoren herangewagt haben.

Viele, wenn nicht die meisten Preisträger kamen bislang und offenbar auch heuer aus Rumänien. Woran liegt das?

Szaunig: So kann man das nicht sagen. Zumindest in diesem Jahr haben eigentlich die ‚Moldauer' sowohl in der einen wie auch der anderen Altersgruppe dominiert. Aber man sollte auch das nicht über einen Kamm scheren, es wechselt halt. Nur: Die meisten Interpreten kamen und kommen nun einmal aus Rumänien, und so ergibt sich fast schon notgedrungen die Möglichkeit, aus dieser großen Anzahl immer wieder auch Preisträger heraus zu filtern.
Krafft: Das man immer wieder mehr rumänische Namen, also Namen von Landsleuten unter den Wettbewerbssiegern liest, freut uns natürlich. Aber das ist ja, wie Peter Szaunig schon bemerkte, durch die geografische Nähe zum Festival gegeben.

Gilt das Gleiche auch für die Sponsoren, und: Waren es heuer mehr als in den anderen Jahren?

Szaunig: Mehr waren es eigentlich nicht, was aber erfreulich ist: Sie sind uns alle - so auch heuer - treu geblieben, und das von den lokalen Behörden bis hin zu den bundesdeutschen Einrichtungen auch der Sachsen. Allerdings besonders herausstellen muss ich in diesem Zusammenhang nun doch das Münchner Haus des Deutschen Ostens, das uns insgesamt erneut rund 7000 Mark zur Verfügung stellte, so dass wir fast jedem Interpreten einen Preis verleihen durften und mithin jedem Freude bereiten konnten. Und vergessen sollten wir da natürlich die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung, München nicht....
Krafft: ....die ja das Filtsch-Festival mit ins Leben gerufen hat.
Szaunig: Und erstmals unterstützt wurden wir ferner von der erst jüngst in Potsdam gegründeten Einrichtung "Deutsches Kulturforum östliches Europa", die sich überdies bereit erklärte, unsere Hermannstädter Veranstaltung weiterhin zu fördern, und über multimediale Möglichkeiten dem Filtsch-Festival zu einem möglichst großen Bekanntheitsgrad zu verhelfen bzw. neue Kreise von interessierten Teilnehmern anzusprechen.

Beabsichtigen Sie, dies Festival auszubauen und mithin Hermannstadt noch attraktiver für die Wettbewerbsteilnehmer zu machen?

Krafft: Da haben Sie einen wichtigen Punkt angesprochen, den wir denn auch gleich nach Abschluss des Festivals mit den Organisatoren vor Ort besprochen haben, und zwar: Um einer größeren Anzahl von Interpreten zu ermöglichen, am Wettbewerb teilzunehmen, sie hierfür zu ermutigen, wollen wir künftighin eine neue Altersstufe einrichten, also dabei die ganz Kleinen von den Jugendlichen trennen und dann noch die bisherige Altersgrenze von 25 auf 30 Jahre nach oben verlegen.
Szaunig: Es war immer schon mein Anliegen, Kindern, Schülern und Jugendlichen auch die Wettbewerbs-Variante für Eigenkompositionen zu bieten, sie also zur Improvisationen zu motivieren. Denn das gibt ihnen einerseits eine gewisse Freiheit, andererseits werden sie dadurch reifer, sie bekommen eine andere Vision, kurz: Sie können sich freispielen. Das ist der Reiz, an diesem Festival in Hermannstadt, und so soll es bleiben.
Krafft: Und Hermannstadt hat ohnehin seinen Reiz. Ich höre immer wieder unsere Gäste jauchzen, wie herrlich diese Stadt ist, viele wollen liebend gerne ihren begrenzten Festival-Aufenthalt um Tage verlängern, um alles eingehender hier zu genießen. Für uns Siebenbürger ist das natürlich eine große Freude, diese unglaublich guten Eindrücke unserer Gäste anzuhören. Aber für sie gibt es auch noch einen anderen, praktischeren Grund an unserem Festival teilzunehmen, was bei anderen Wettbewerben so der Fall nicht immer ist, wenn man sich nur die Reise-, Einschreibe- oder Aufenthaltskosten ansieht. Viele Institutionen in Hermannstadt, wie vorhin schon erwähnt, vor allem aber die theologischen Institute hier haben sich bereit erklärt, die jungen Leute kostenlos unterzubringen.
Szaunig: Wobei aber die Kosten dafür, wie gesagt, nicht jene Institute tragen, sondern das Demokratische Forum der Deutschen, das von aller Anfang an diese Idee hatte und seither den ersten 30 Teilnehmern diese Möglichkeit denn auch bietet.

Unsere letzte Frage: Ist seither das siebenbürgische Wunderkind Carl Filtsch über diesen Wettbewerb tatsächlich auch europaweit unterdessen bekannter geworden?

Szaunig: Ohne Frage. Man stelle sich nur vor, dass wir, über den Daumen gepeilt, bei diesen bislang sechs Wettbewerben schon rund 200 Kandidaten hatten. Und jeder Kandidat hat sich an Filtsch-Kompositionen versucht, mitunter auch gequält, denn sie sind nun wirklich eine hart zu knackende Nuss für jedermann. Das war heuer nicht anders, denn in der ersten Altersgruppe konnten wir keinen Filtsch-Preis verleihen, weil keiner der Kandidaten diese Hürde, die drei vorgesehenen Filtsch-Kompositionen einwandfrei interpretierte.
Krafft: Unser Festival wird nie ein Massenspektakel sein, denn, um den Faden von Peter Szaunig weiterzuspinnen, die Stücke von Carl Filtsch sind sehr kompliziert und auch geistig sehr anspruchsvoll. Man würde es eigentlich nie annehmen, wenn man es nicht wüßte, dass sie von einem Kind komponiert wurden. So aber werden sie immer auch eine Hürde bleiben, die nur schwer zu nehmen ist, dafür jedoch die Qualität der Interpretationen garantiert. Denn wer ein solches Stück erlernen kann und es nachher auch beherrscht, der ist ein guter Pianist. Im Andenken an unser siebenbürgisches Wunderkind Carl Filtsch, aber auch weil wir die Qualität unseres Wettbewerbs auf einem hohen Niveau halten wollen, möchten wir bei dieser Bedingung bleiben, nämlich, dass nur die mitwirken dürfen, die ein Werk von Carl Filtsch entsprechend spielen können.

Meine Herren, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Martin Ohnweiler


(Siebenbürgische Zeitung, Folge 15 vom 30. September 2001, Seite 7)

Schlagwörter: Carl Filtsch

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