10. November 2005

Siebenbürgischer Verbund mit Zukunft

Als eine lebendige Gemeinschaft im Wirken und im Glauben präsentierten sich am 29./30. Oktober im fränkischen Schwabach die Funktion tragenden Mitglieder der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. sowie des Hilfskomitees der Siebenbürger Sachsen und evangelischen Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD. Auch viele interessierte Landsleute wohnten im Markgrafensaal einer Neuerung bei: Die Tagung der Landes- und Kreisgruppenvorsitzenden fand gekoppelt mit dem 29. Siebenbürgische Kirchentag als gemeinsame Veranstaltung der Landsmannschaft und des Hilfskomitees statt. Nicht nur in diesem Sinne bewies die Losung des Kirchentags, "Wer aufbricht, der kann hoffen", besondere Aussagekraft.
Es sei fast schon guter Brauch, dass der Bundesvorstand mit den Akteuren an der Basis der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland zur Mitte der "Legislaturperiode" einen umfassenden Informationsaustausch pflege, führte Bundesvorsitzender Dipl.-Ing. Arch. Volker Dürr in die Tagung am Samstagvormittag ein, bei der rund 70 Kreisgruppen vertreten waren. Dürr begrüßte auch namens des versammelten Bundesvorstands Dekan i.R. Hermann Schuller, Geschäftsführender Vorsitzender des Hilfskomitees, den Ehrenvorsitzenden Pfarrer i.R. Kurt Franchy, Dr. Paul Jürgen Porr, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen, Dechant Klaus Daniel, Präsident des Diakonischen Werkes in Rumänien, Michael Konnerth, Vorsitzender des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften e.V. Das Wort zum Tag sprach Dekan Schuller. Inhaltlich gliederte sich die Tagung, die unter Beteiligung des Vorstandes des Hilfskomitees stattfand, in vier Themenblöcke: Spätaussiedleraufnahme bzw. -anerkennung, Fremdrentengesetzgebung, Vollzug der Satzung der Landsmannschaft, kulturelle Breitenarbeit. Die Bundesfachreferenten informierten die vor Ort versammelten Landes- und Kreisgruppenvorsitzenden über aktuelle Problemstellungen und Lösungsansätze. Die Tagungsteilnehmer hatten in der Folge Gelegenheit zur vertiefenden Diskussion.

Verbandsarbeit im Fokus

Einen aktuellen Überblick zur Spätaussiedleraufnahme bzw. -anerkennung, zu Staatsangehörigkeitsfragen und Aufenthaltsrecht gab Dr. Johann Schmidt. Seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes ist für die Erteilung von Aufnahmebescheiden und Spätaussiedlerbescheinigungen das Bundesverwaltungsamt zuständig. "Kein akutes Problem mehr" stellen nach Einschätzung des Bundesrechtsreferenten Aufnahme- und Anerkennungsverfahren dar. Unverändert schwierig hingegen gestalte sich bei Zuzugswilligen aus Rumänien das Glaubhaftmachen der Benachteiligungen gemäß § 4 Abs. 2 Bundesvertriebenengesetz (BVFG). Bekanntlich wird (seit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. März 1998) die persönliche Vereinsamung als Deutscher in Rumänien nicht mehr anerkannt. Aus gegebenem Anlass wies der Referent darauf hin, dass ein Deutscher, der auf eigenen Antrag hin die rumänische Staatsangehörigkeit erwirbt, die deutsche Staatsangehörigkeit verliert. Im Zusammenhang mit dem Lastenausgleichsgesetz riet Schmidt Betroffenen nicht zu zögern, sich zwecks Auskunft mit dem zuständigen Ausgleichsamt in Verbindung zu setzen. Auf die im Referat umrissenen Problemfragen nahmen Wortmeldungen aus dem Forum der Tagungsteilnehmer Bezug. Aus den geschilderten Einzelfällen ging besonders hervor, welche Brisanz dem Problem der Eigentumsrückgabe in Rumänien beigemessen wird.

"Wer aufbricht, der kann hoffen", lautete die Losung des 29. Siebenbürgischen Kirchentages in Schwabach: Festgottesdienst in der evangelischen Stadtkirche. Foto: Christian Schoger
"Wer aufbricht, der kann hoffen", lautete die Losung des 29. Siebenbürgischen Kirchentages in Schwabach: Festgottesdienst in der evangelischen Stadtkirche. Foto: Christian Schoger

In kurzfristig wahrgenommener Vertretung des krankheitsbedingt ausgefallenen Bundesrechtsreferenten RA Ernst Bruckner erläuterte RA Dr. Bernd Fabritius die aktuelle Situation der Fremdrentengesetzgebung. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in der Frage der Verfassungsmäßigkeit der 40-prozentigen Fremdrentenkürzungen steht an. Der Referent äußerte sich zuversichtlich, dass das Urteil in 2006 verkündet werde. Jedenfalls habe die von der Landsmannschaft initiierte "Interessengemeinschaft gegen Fremdrentenkürzungen" alle Möglichkeiten ausgeschöpft mit dem Erfolg einer Richtervorlage. Es gelte nun Geduld aufzubringen. Fabritius appellierte an die Betroffenen, ihre persönlichen Ansprüche bei den zuständigen Rentenbehörden geltend zu machen. In diesem Kontext wies der Bundesrechtsreferent auf landsmannschaftliche Leistungsangebote hin.

In seinem Bericht über die Umsetzung der Satzung der Landsmannschaft zog Bundesgeschäftsführer Erhard Graeff eine positive Zwischenbilanz: Die meisten Landes- und Kreisgruppen sind inzwischen gemeinnützige, unselbstständige Untergliederungen, sie gelten als nichtrechtsfähige Vereine. Von insgesamt 110 Untergliederungen haben bereits 82 diesen Status erreicht, beantragt haben ihn weitere 15. Lediglich vier Untergliederungen hätten die Mustersatzung für Zweigvereine bisher noch nicht übernommen. Diesen bot Graeff auch weiterhin die Unterstützung der Bundesgeschäftsstelle an, damit "die entsprechenden Anträge bis spätestens Weihnachten an die örtlichen Finanzämter gerichtet" werden könnten. Einer aktuellen Erhebung zufolge haben fünf Untergliederungen noch keine Schritte zur Klärung ihres Status vollzogen. Ab 2002 ist es dem Bundesverband untersagt, kumulierte Meldungen für alle Untergliederungen abzugeben, so dass eine Änderung der Struktur der Landsmannschaft notwendig geworden war. Gemäß dieser Neuordnung haben Landes- und Kreisgruppen die Alternative, unselbstständige Untergliederungen als nichtrechtsfähige Vereine bzw. Zweigvereine des Bundesverbandes zu werden.

Im vierten Themenblock der Tagung stand die Kulturarbeit der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen auf dem Prüfstand. Die stellvertretende Bundesvorsitzende Karin Servatius-Speck stellte "die bundesweite Vernetzung der landsmannschaftlichen Ziele und Unternehmungen mit anderen Organisationen, vorrangig mit dem Hilfskomitee" in den Mittelpunkt ihres Kurzreferates. Die Referentin unterstrich die Bedeutung des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates im Hinblick auf die "Existenz und das Funktionieren der Institutionen Museum, Bibliothek und Siebenbürgen-Institut in unserem Kulturzentrum Gundelsheim". Bedeutende Projekte (z.B. die Erstellung der "Denkmaltopographie Siebenbürgen") seien dank Förderung seitens des Bundes, des Patenlandes Nordrhein-Westfalen sowie des Landes Baden-Württemberg in Angriff genommen worden. Unter dem Gesichtspunkt der grenzüberschreitenden Kulturarbeit verwies Servatius-Speck, neben dem landsmannschaftlich organisierten Föderationsjugendlager, beispielhaft auf die für 2005 eingerichtete Stelle eines Koordinators im Friedrich-Teutsch-Haus in Hermannstadt sowie auf eine für 2007 geplante Ausstellung siebenbürgisch-sächsischen Mobiliars in Hermannstadt, die in enger Zusammenarbeit zwischen dem Siebenbürgischem Museum Gundelsheim und dem Brukenthal-Museum konzipiert wird. Ein weiteres landsmannschaftliches Aktionsfeld sei die Realisierung von Städtepartnerschaften (Beispiel Dinkelsbühl-Schäßburg).

Konkrete Hilfestellungen für die Kulturarbeit der Kreisgruppen bot Bundeskulturreferent Hans-Werner Schuster. Das Bundeskulturreferat in München stehe den Gliederungen der Landsmannschaft als Ansprechpartner zur Verfügung, könne sowohl für die Öffentlichkeitsarbeit als auch die Kulturarbeit umfangreiches Material bereitstellen. Das Spektrum der Hilfestellungen für die Kulturarbeit umfasst Wanderausstellungen, Diaserien, Videothek, Adresslisten, Handreichungen und Arbeitsmappen bis hin zu Theater- und Blasmusikstücken. Hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit der Landsmannschaft komme ihrer Internernetpräsenz www.siebenbuerger.de wachsende Bedeutung zu. Schuster bemerkte, dass "die Möglichkeiten dieses Mediums für unsere Kulturarbeit zu wenig ausgereizt werden". Durch das Digitalisieren von Materialien würde den Landes- und Kreisgruppen für ihre Kulturarbeit bald weitere nützliche Angebote zur Verfügung gestellt.

Im Anschluss an eine Diskussionsrunde erhielt Dr. Günther Tontsch noch das Wort, der die Gelegenheit nutzte zu einer kurzen Würdigung des wissenschaftlichen Rangs des Kulturzentrums Gundelsheim. Mit seinem Dank für die geleisteten Beiträge, auch für die seitens der gastgebenden Kreisgruppe Nürnberg-Fürth-Erlangen, namentlich Michael Orend, bereiteten hervorragenden Arbeitsbedingungen schloss Bundesvorsitzender Dürr die Tagung des Bundesvorstandes mit den Kreisgruppenvorsitzenden der Landsmannschaft.(Lesen Sie weitere Berichte über den Kirchentag in der morgigen Siebenbürgischen Zeitung Online.)

Christian Schoger

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