28. November 2005

Deportationsband von Michael Kroner

In der Reihe Eckartschrift, die von der Österreichischen Landsmannschaft herausgegeben wird, hat Michael Kroner seinen dritten Band veröffentlicht: „Deportation von Deutschen in die Sowjetunion. Zwangsarbeiter in der sowjetischen Wirtschaft (1945-1949)“ – als Gedenkschrift 60 Jahre nach Beginn der Deportation.
Man nimmt das Buch zur Hand, liest es und staunt. Staunt nicht so sehr über die fundierte Darstellung – das erwartet man von dem Historiker Michael Kroner auch in einer populärwissenschaftlichen Schrift nicht anders. Staunt nicht so sehr über die umfassende und übergreifende Sichtweise – der Siebenbürger Michael Kroner hat schon immer über den eigenen Tellerrand hinaus gesehen. Staunt nicht so sehr über die Bilder und Zeugenberichte, die den Band so anschaulich machen – der Archivar und Sammler Michael Kroner ist nicht nur über seine Rezensionen als intimer Kenner des gesamten Schrifttums bekannt. Man staunt, dass so viel in einem doch recht schmalen und kleinformatigen Band zu finden ist; mehr noch als der Titel verspricht, wird doch an vielen Stellen deutlich, dass von der Deportation nicht nur die von der sowjetischen Führung anvisierten Deutschen, sondern auch viele Angehörige anderer Völker betroffen waren.

Adolf Kroner: Verzweifelte Blicke hinter vergitterten Waggonluken von Deutschen auf dem Transport nach Russland, Tusche, 2005.
Adolf Kroner: Verzweifelte Blicke hinter vergitterten Waggonluken von Deutschen auf dem Transport nach Russland, Tusche, 2005.

Auch wenn Kroner die Deportation aus Rumänien „als Fallbeispiel etwas eingehender behandelt“ – nicht nur weil die Deutschen aus Rumänien nach sowjetischen Quellen „ein Viertel aller Verschleppten ausmachten“ und „im Verhältnis zu ihrer Volkszahl am stärksten betroffen waren“, sondern weil ihr Schicksal am „besten erforscht und dokumentiert“ ist – so bietet er doch einen Überblick auf das gesamte Verschleppungsgebiet: die deutschen Gebiete östlich der Oder und der Neiße, Rumänien, Ungarn, Jugoslawien und Bulgarien. Und ebenso bietet er einen Überblick auf alle Aspekte der Deportation, von der Planung der Sowjetführung über deren Durchführung und den durchschnittlich fünfjährigen Arbeitseinsatz in der Sowjetunion bis zur Entlassung, wobei er auch den begleitenden Umständen – Kriegsverlauf, Entwicklung in den jeweiligen Ländern mit Berücksichtigung der Lage der Daheimgebliebenen – sein Augenmerk widmet.

Michael Kroner tut das in seiner bekannt sachlichen Art und Weise und lässt Fakten sprechen. Nicht nur dort, wo er die Zahlen unterschiedlicher Erhebungen nebeneinander stellt – die Zahl der Deportierten schwankt von 270 000 bis zu 800 000, die Todesrate beträgt je nach Gebiet und Berechnung 12 bis 50 Prozent –, sondern auch dort, wo er die Beschäftigung mit der Deportation und den nachträglichen Umgang mit den Opfern der Deportation thematisiert, insbesondere in der „Einführung“ und im Schlusskapitel „60 Jahre danach“.
Alles in allem ein Band, den man empfehlen kann als übersichtliche, umfassende, anschauliche und objektive Darstellung. Letzteres schon fast wieder staunenswert, bekennt Kroner doch, die Deportation seines Vaters als Zehnjähriger, der mit Mutter und drei Geschwistern zurückblieb, erlebt zu haben.

Hans-Werner Schuster



Kroner, Michael: Deportation von Deutschen in die Sowjetunion. Zwangsarbeiter in der sowjetischen Wirtschaft (1945-1949). Wien 2005, 112 Seiten, zahlreiche Abbildungen und eine Landkarte, 7,40 Euro, ISBN 3-902350-15-6 (= Eckartschrift 178). Zu bestellen bei: Österreichische Landsmannschaft, A-1080 Wien, Fuhrmannsgasse 18A, Telefon: (00 43-1) 4 08 22 73-2, Fax: (00 43-1) 4 02 28 82; E-Mail.

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