25. Dezember 2005

Glockenspiel zu Weihnachten 1945

Vor sechzig Jahren wurde der Zeidener Hans Foith in das Lager 1208 Parkomuna in die damalige Sowjetunion deportiert. An Weihnachten anno 45 erinnert er sich noch gut.
Ich arbeitete damals auf dem Holzplatz in Parkomuna bei der Gattersäge. Nachmittag aus der Arbeit zurückgekehrt, unsere Motorradsuppe hinuntergeschlubert - "Motorradsuppe", eine Suppe, da konnte man mit dem Löffel lange herumrühren, bis man etwas fand - saßen wir im Zimmer nachdenkend, da hörten wir plötzlich gegen Abend wunderbare Töne auf dem Flur und gingen hinaus. Da hatte ein Schlesier (auch sie waren unter den Ausgehobenen und Mitleidenden) in den Türstock im ersten Zimmer etliche verschiedene Stahlstäbe befestigt und betastete sie mit einem anderen, ein jeder hatte einen anderen Ton, das klang wie das schönste Glockengeläut, das vielleicht nicht einmal der Ulmer, Kölner oder der Wiener Dom zustande gebracht hätte. In dieses Glockenspiel erklangen dann auch Töne von mehreren Instrumenten. Wir hatten da im Lager ein kleines Orchester, das spielte nachmittags auch zum Tanz auf; aber wer tanzte? Dieses Läuten und Orchester brachte alle auf den Flur. Es war eine Stille. Noch der Raucher vergaß, an der Zigarette zu ziehen. Ein "Süßer die Glocken" hatte allen die Herzen mit der Heimat verbunden. Sie spielten dann noch zwei oder drei Weihnachtslieder und alles kehrte wieder zurück, auch in den Zimmern herrschte eine Ruhe und es war "Stille Nacht, heilige Nacht" - Weihnachtsabend!

Hans Foith, Illertissen


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