8. Oktober 2001

Stadt Mühlbach würdigt sächsische Leistungen

Der Ortsverein Mühlbach des Demokratischen Forums der Deutschen veranstaltete zusammen mit der Stadtverwaltung und dem Stadtrat der kürzlich zum Munizipium aufgerückten Stadt Mühlbach (Sebes) die „Mühlbacher Tage 2001“, an denen sich auch ehemalige (deutsche und rumänische) Mühlbacher beteiligten. Die Stadtverwaltung versucht in vielfältiger Weise, die Geschichte und kulturellen Leistungen der Siebenbürger Sachsen zu würdigen.
Mit einer Festversammlung im neu hergerichteten Sitzungssaal des Rathauses wurden die Festtage am Freitag, dem 14. September, morgens um 9.00 Uhr, eröffnet. Dabei wurden auch drei deutsche und drei rumänische Mühlbacher zu Ehrenbürgern ernannt. Die Verdienste der Geehrten wurden kurz gewürdigt und dann je eine prachtvolle Urkunde überreicht. (Man beachte das Verhältnis von l zu l bei den Geehrten im Vergleich zu dem der heutigen Einwohnerzahl von Deutschen und Rumänen, das l zu 100 beträgt). Der 91-jährige Hutmacher Tischler konnte seine Ehrenurkunde voller Stolz selbst übernehmen.
Ein mit Getränken und Gebäck gut versehenes Büfett im Nebenraum des Saales sorgte anschließend für das leibliche Wohl der geladenen Gäste, die auch eine elegant gestaltete Tüte mit einem Bildband historischer Ansichten und Aufnahmen aus Mühlbach und Umgebung sowie verschiedenen kleinen Geschenken erhielten. Der Bildband enthält auch eine Darstellung der Gründung und Entwicklung der Stadt mit Hervorhebung der besonderen Leistungen aber auch Leiden und Verluste ihrer deutschen Gründer und Bewohner.
Die Innenstadt, dort „Historisches Zentrum“ genannt, war innerhalb der Stadtmauern für jeglichen Verkehr gesperrt, alle Fahrzüge wurden umgeleitet bzw. mussten außerhalb dieser Zone parken. Dafür hat die Stadtverwaltung die Eigentümer verpflichtet, die Fassaden ihrer Häuser neu zu malen bzw. zu gestalten. Das Zentrum sieht seither wirklich schön und sauber aus, zumal auch die Wasserläufe entlang der Fahrbahn in der Hauptstraße (Sikulorumgasse, heute „Bulevardul Lucian Blaga“) wieder sauber hergestellt wurden. Am Sonntagabend wurden die von einer Jury als schönste Fassadengestaltung befundenen ehemaligen in deutschem Besitz gewesenen Häuser prämiert.
Auch auf anderen Gebieten ist die heutige Verwaltung bemüht, die Leistungen und kulturellen Errungenschaften der deutschen Bürger gebührend zu würdigen. So ist heute auf den neuen Ortsschildern der Einfahrtstraßen von Ost (Hermannstadt), Süd (Petersdorf), West (Arad) und Nord (Karlsburg) unter der Bezeichnung „Municipiul Sebes“ in gleichgroßer Schrift jeweils auch „Mühlbach“ zu lesen. Auch der sinnvolle Spruch „Bildung ist Freiheit“, der seit der Erbauung der ehemals auch bei Rumänen sehr geschätzten deutschen Schule von 1865 bis 1944 auf deren obersten Fläche an der Westseite prangte, wurde mit der alten deutschen Schrift wieder angebracht. Vor der neu erbauten orthodoxen Kirche in Petersdorf, das nun auch zu Mühlbach gehört, steht ein Obelisk mit den Namen aller in beiden Weltkriegen gefallener oder verschollener Opfern deutscher und rumänischer Volkszugehörigkeit sowie der bei Zwangsarbeit nach dem Krieg Umgekommenen.
Beim Eröffnungsgottesdienst am Freitag in der Evangelischen Kirche sangen der evangelische Stadtpfarrer und der orthodoxe Protopop abwechselnd die Liturgie deutsch und rumänisch. Der trotz geringer Zahl sehr gute, vom Stadtpfarrer geleitete Kirchenchor sang Kirchen- und andere Lieder, und ein rumänischer Organist spielte zum Gemeindegesang der deutschen Kirchenlieder. Alle Redner priesen bewundernd den für diesen Zweck sehr geeigneten Raum des Chores unserer Kirche. Der Organist gab zum Abschluss ein Orgelkonzert. Ebenfalls in der Kirche sprachen der Bürgermeister, die Geistlichen sowie einheimische und inzwischen andernorts ansässige Mühlbacher Grußworte und Anerkennung für die gute Organisation der Festtage aus. Anschließend waren alle Teilnehmer, Deutsche und Rumänen, Pfarrer aller Konfessionen und Gäste aus dem In- und Ausland zu Kaffee und Kuchen in die hinteren Räume des Pfarrhofs eingeladen.
Am Samstag fuhren die Deutschen in einem Bus nach Hermannstadt und Michelsberg zur Burgbesichtigung, während die Rumänen in Langendorf (Lancram) die Geburtshäuser und Grabstätten des Literaten und Philosophen Lucian Blaga sowie des Ingenieurs Dorin Pavel, „Vater“ der rumänischen Wasserkraftwerke, – beide Schüler der deutschen Schule in Mühlbach – besuchten. Am Abend gab es für die deutschen Gäste am Pfarrhof ein Festmahl mit Getränken und anschließend Tanz bei deutschen Schlagern. Nach dem Gottesdienst fand am Sonntag auf dem evangelischen Friedhof noch eine Gedenkfeier statt, wieder mit Beteiligung des evangelischen Kirchenchors. Der Sonntagabend brachte ein Feuerwerk im Stadtpark und zum Abschluss ein von der Stadtverwaltung gegebenes Essen mit Getränken als Stehbüfett im hinteren Saal (ehemals „Salettel“ genannt) des Goldenen Löwen. Dieses war so reichhaltig und vornehm gestaltet, dass es sich auch im westlichen Ausland hätte sehen bzw. genießen lassen können. Die ganzen Festtage sind als sehr gelungen zu bezeichnen.

Hans-Udo Krasser

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