12. Oktober 2000

Kommt die Häuserrückgabe in Rumänien?

Die Fraktionen der im rumänischen Senat vertretenen Parteien haben sich überraschend geeinigt, ein neues Häuserrückgabegesetz noch vor den Wahlen zu verabschieden. Die Rechte der ehemaligen Eigentümer werden nur teilweise berücksichtigt. Sollte das Gesetz tatsächlich durch die beiden vereinten Parlamentskammern in Bukarest angenommen werden, so bedeutet es die "Legalisierung eines Diebstahles", den die ältere Fassung des Immobiliengesetzes aus dem Jahre 1995 unter Ion Iliescu ermöglicht hat.
Überraschend haben sich die Unterhändler der verschiedenen Senatsfraktionen in Rumänien kürzlich über den vorläufigen Text eines möglichen Häuserrückgabegesetzes geeinigt. Überraschend schon darum, weil sich die stärksten Fraktionen - die der Iliescu- (PDSR) und der Zaranistenpartei (PNTCD) - bislang gerade wegen dieser Gesetzesvorlage in der nun verstrichenen Legislaturperiode buchstäblich in die Haare gefahren waren. Doch der anstehende Wahlkampf ließ sie offenbar "zusammenrücken", die letzten Hindernisse wurden aus dem Wege geräumt und Kompromisse gemacht. Man wurde sich einig über einen Mieterschutz und über die Regelung der Rückgabe von Immobilien, in denen Schulen, Krankenhäuser und andere öffentliche Einrichtungen untergebracht sind.
Im Klartext heißt das nun: Häuser, aber auch Fabriken, Werkstätten u.a.m., so die Chefunterhändler bei einer TV-Talk-Show, können wieder in den Besitz der ehemaligen Eigentümer gelangen, mittlerweile ausländische Staatsbürger wurden dabei nicht ausgeschlossen. Großer Nachteil für die ehemaligen Eigentümer: Immobilien, die schon an Mieter verkauft oder in Betrieben bereits privatisiert wurden, kommen nicht mehr in Frage, ausgenommen Fälle, in denen die Käufer nicht "guten Glaubens" waren. Auch die öffentlichen Einrichtungen werden nur dann zurückerstattet, wenn die zuständigen Behörden und Ministerien darauf verzichten können oder wollen. Andernfalls gibt es eine Entschädigung.
Für die konfessionellen Schulen, die enteignet wurden - was auch unsere Gemeinschaft betrifft - wird eine weitere Gesetzesvorlage erarbeitet. Aber auch so ist noch nicht sicher, ob das neue Häuserrückgabegesetz, das schon im vorigen Jahr in der Abgeordnetenkammer verabschiedet worden war, die weiteren Hürden bis zu den Wahlen vom 26. November nehmen wird. Der Senat allerdings gab bereits sein Votum, nun müssen noch der Vermittlungsausschuss und dann auch die beiden vereinten Parlamentskammern darüber entscheiden. Ehemalige Eigentümer protestierten jetzt schon gegen die Textvorlage und sprachen von der "Legalisierung eines Diebstahls", der vom Häuserrückgabegesetz Nr. 112/1995 eingeleitet worden sei. 388 000 enteignete Wohnungen wurden seither an Mieter "guten Glaubens" verkauft, lediglich in rund 3 500 Fällen konnten einstige Eigentümer über Gerichtsverhandlungen ihr Recht behaupten.

Martin Ohnweiler

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