14. Februar 2002

Bundesregierung bläst erste Teelichter in Siebenbürgen aus

Klaus Johannis, Bürgermeister von Hermannstadt und Vorsitzender des Zentrumsforum am Zibin, stellt sich am 6. April zur Wahl als Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR). Das geht aus einer DFDR-Pressemitteilung nach der Anfang Februar abgehaltenen Vorstandssitzung hervor. Der derzeitige Landesvorsitzende Wolfgang Wittstock hatte schon seit längerem signalisiert, dass er für ein weiteres Mandat nicht mehr zur Verfügung steht. Das Forum protestiert in einem Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder gegen die Kürzung der BMI-Hilfen für die deutsche Minderheit in Rumänien.
Die rumänische Lokalpresse in Hermannstadt feiert "ihren" Bürgermeister vorab als neuen DFDR-Landesvorsitzenden. Johannis sieht das vorerst etwas anders und schließt nicht aus, dass die DFDR-Vertreterversammlung am 6. April in seiner Heimat- und Amtsstadt spontan einen oder sogar mehrere Gegenkandidaten nominieren wird, und - rein theoretisch - könnten von der Basis her Anwärter für das hohe Amt ins Feld geschickt werden.
Dennoch ist das unwahrscheinlich, denn bereits Paul Philippi, der Nachfolger von Thomas Nägler, dem ersten DFDR-Vorsitzenden, hatte bei seiner Wahl für ein zweites Mandat als Landesvorsitzender keinen nennenswerten Gegenkandidaten, und Wolfgang Wittstock war aus gleichem Grunde bei seiner ersten Wahl darüber konsterniert und ließ sich auch nur schwer für die Verlängerung seines jetzigen Mandats überzeugen, da ein Nachfolger in den verstrichenen Jahren nicht in Sicht war. Selbst im Banat, das turnusgemäß das Amt schon längst hätte übernehmen können, gab es seit der Gründung des DFDR keine Optionen für den Landesvorsitz, und die übrigen Regionalforen, ausgenommen Siebenbürgen, bekundeten kein offenes Interesse hierfür.
So und nur so konnten die Hermannstädter ihren mittlerweile auf vielen Ebenen präsentierten Forumsspitzenkandidaten Johannis überzeugen, auch für dieses Ehrenamt innerhalb der deutschen Interessengemeinschaft von Sathmar bis Konstanza zu kandidieren.
Für die vorgezogenen Kommunalwahlen in Bukarest strebt der DFDR-Vorstand eine Wahlbeteiligung per Forumsliste bzw. in Koalition mit anderen Minderheitenverbänden an. Bei den letzten Lokalwahlen im Juni 2000 hatte das Forum landesweit schlecht abgeschnitten, lediglich die Hermannstädter konnten die Wähler mit ihren Forumsvertretern erfolgreich überzeugen, und vor Ort wurde auch Arch. Hermann Fabini als Spitzenkandidat der Nationalliberalen Partei (PNL) für den Senat gewählt.
Erstmals war Architekt Fabini als Gast bei der DFDR-Vorstandssitzung zugegen und berichtete aus seinem Tätigkeitsbereich, der Kulturattaché der Deutschen Botschaft in Bukarest, Fried Nielsen bot einen Überblick über die Unterstützung der deutschen Minderheit in Rumänien durch seine diplomatische Vertretung.

Protest gegen Bundeskanzler Schröder

Schwerpunktmäßig allerdings prüfte man bei dieser Gelegenheit, wie die staatlichen Behörden Rumäniens und Deutschlands insgesamt ihrer vertraglich festgeschriebenen Verantwortung für das Fortbestehen der rumäniendeutschen Gemeinschaften gerecht werden.
Nach der Jahresplanungskonferenz im Januar in Temeswar (wir berichteten) hatte man bedauert, dass die bundesdeutschen Fördermittel für die Bleibehilfe der Rumäniendeutschen in Höhe von bislang rund 5 Millionen DM nunmehr auf 4,4 Millionen, trotz anderweitigen Versprechungen, gekürzt wurden. Damit habe man die Schmerzensgrenze deutlich unterschritten, hieß es gleich daraufhin in Forumskreisen. "In diesem Zusammenhang", so die DFDR-Pressemeldung, "beauftragte der Vorstand den Vorsitzenden, beim deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder Protest einzulegen gegen die Kürzung der Mittel, die über das Bundesministerium des Inneren (BMI) für die deutsche Minderheit in Rumänien zur Verfügung gestellt werden." Schon bald nach Schröders Amtsantritt hatte man beim BMI durchblicken lassen, dass man künftighin keine "Leuchttürme, sondern vielmehr Teelichter" aus besagten Fördergeldern in Rumänien unterstützen und diese nicht kürzen werde. Nun bläst die Bundesregierung schon die ersten Teelichter auch Siebenbürgen aus.
Keinen Protest hingegen formulierten die DFDR-Vorstandsmitglieder an das Bukarester Minderheitendepartement und den Minderheitenrat. Denn offenbar aus eigenem Verschulden der DFDR-Geschäftsstelle hat man bei besagten Behörden im Laufe der letzten Jahre lediglich inflationsangepasste Unterstützungen angefordert und ist dadurch mittlerweile auf Platz 6 unter den von der rumänischen Regierung geförderten Minderheiten - hinter den Ukrainern oder Armeniern beispielsweise - gerückt. Trotzdem will das Landesforum heuer eine beachtliche Anzahl von Kulturprojekten neben den deutschsprachigen Zeitungen finanziell unterstützen. Genannt werden dabei u.a. das Hermannstädter Maifest, das Hermannstädter Treffen auf dem Huetplatz und allen voran das Birthälmer Sachsentreffen im Herbst sowie eine Reihe von Buchproduktionen.
Für die in diesem Frühjahr geplante Volkszählung ruft das Forum alle Landsleute auf, sich als "Deutsche" und nicht, wie bald nach dem Umbruch oftmals geschehen, als Sachsen, Schwaben, Landler oder Zipser zu erklären. Die Volkszählung wird auch Bescheid geben, wie viele Rumäniendeutsche es hierzulande noch gibt. Forum und Kirchen erfassen nur ihre beitragzahlende Mitglieder, die Volkszählung indes nur die praktisch eidesstattlichen Zugehörigkeitserklärungen, was auch nicht ganz aufklärend ist.

Martin Ohnweiler


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 3 vom 28. Februar 2002, Seite 2)

Bewerten:

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.