8. März 2002

Dracula-Park: Minister Agathon bleibt hart

Trotz zahlreicher Einwände wird der Dracula-Park auf der Breite bei Schäßburg aufgezogen. 256 Filme seien über Dracula gedreht worden, und weltweit habe sich eine "Dracula-Industrie" mit einem Jahresumsatz in Millionenhöhe entwickelt. Allein Rumänien sei bisher außen vor geblieben, bedauert der rumänische Tourismusminister Dan Matei Agathon auf der C-B-R-Messe in München im Gespräch mit dieser Zeitung. Das wolle er ändern durch den Dracula-Park bei Schäßburg.
Der Regierungsbeschluss vom 12. Juli 2001, der vom Bukarester Parlament verabschiedet und von Staatspräsident Ion liescu gegengezeichnet wurde, sieht ein Spezialprogramm für die touristische Entwicklung von Schäßburg vor.
Der neue Botschafter Rumäniens in Berlin, Adrian Vierita (links), und Tourismusminister Dan Matei Agathon bei der Eröffnung des ‚Touristenamtes‘ in München. Foto: Petra Reiner
Der neue Botschafter Rumäniens in Berlin, Adrian Vierita (links), und Tourismusminister Dan Matei Agathon bei der Eröffnung des ‚Rumänischen Touristenamtes‘ in München. Foto: Petra Reiner

Siebenbürgen verfügt über ein besonderes Potential von natürlichen Sehenswürdigkeiten sowie kulturellen und geschichtlichen Höhepunkten. Welche Maßnahmen wolle der Tourismusminister ergreifen, um diese natürlichen und ländlichen Gegebenheiten auch für Schäßburg, die letzte bewohnte Burg im Südosten Europas, zu nutzen, fragten wir den Minister auf dem Rumänien-Stand der C-B-R-Messe in München. Er holt weit aus: In den letzten vier Jahr unter der alten Regierung sei der Tourismus ebenso wie die gesamte Wirtschaft in Rumänien zusammengebrochen. Er habe nun als Erster mehrere integrierte Landesprogramme zur touristischen Entwicklung vorgelegt. Eines dieser Projekte sehe die Modernisierung, Entwicklung und Bekanntmachung Schäßburgs im In- und Ausland vor. Es solle zeigen, was Schäßburg an "authentischem Tourismus", Kultur und Geschichte, auch der Siebenbürger Sachsen, zu bieten habe. Agathon bedauert, dass viele seiner Kritiker sein Schäßburg-Projekt nur auf den Dracula-Freizeitpark reduzieren. Mit dem weltbekannten Namen des trannsylvanischen Vampirs will der Minister bis zu einer Million Besucher auf die Breite nach Schäßburg locken. Im ersten Jahr (2004) erwartet er 400 000 in- und ausländische Touristen, im zweiten Jahr 650 000, im dritten 800 000, und ab dem vierten Jahr werde sich die Besucherzahl bei einer Million stabilisieren. 3 000 neue Arbeitsplätze erhofft sich Agathon dabei.

"Keine einzige Eiche wird gefällt"

Den Vorwurf, diese Erwartungen seien unrealistisch oder gar größenwahnsinnig, lässt der Minister nicht gelten. Er weist in dieser und weiteren Fragen immer wieder auf eine 1 000 Seiten starke Machbarkeitsstudie hin, die Spezialisten des rumänischen Forschungsinstituts für Tourismusentwicklung und des Internationalen Verbandes von Freizeitparks in neun Monate langer Arbeit erstellt hätten. Die Fachleute hätten herausgefunden, dass Schäßburg, dicht gefolgt von Törzburg, vorwiegend aus wirtschaftlichen Gründen besser als Standort geeignet sei als Bukarest oder Targoviste, dort wo der rumänische Fürst Vlad Tepes - das historische Vorbild des Dracula-Mythos - eigentlich gelebt hat.
Agathon weist auch alle Befürchtungen zurück, dass der geplante Freizeitpark dem Satanismus-Kult Vorschub leisten und die christlich-westlichen Werte in Frage stellen oder dass die auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste stehende Altstadt Schäßburg oder die unter Umweltschutz stehenden "Breite" bei Schäßburg durch den Massentourismus Schaden nehmen könnten. Der Tourismusminister nutzt den Dracula-Mythos eher als "Türöffner" für ausländische Touristen, er will den Vampirglauben auf die Schippe nehmen und ironisieren und vor allem einen Familienfreizeitpark zur Unterhaltung anbieten. Die Touristen sollten nach seiner Ansicht aber auch die Möglichkeit erhalten, das "wahre, authentische, geschichtlich und kulturell wertvolle Rumänien" kennen zu lernen. Für die Altstadt Schäßburg bestünde keine Gefahr durch den Massentourismus, da der Freizeitpark 6 Kilometer weit entfernt sei. Schließlich verzeichne auch das königliche Schloss Windsor in England 2,5 Millionen Besucher jährlich oder Venedig 20 000 Touristen täglich, ohne daran Schaden zu nehmen. "Keine einzige jahrhundertelate Eiche wird gefällt, im Gegenteil: Ich werde über tausend junge Bäume pflanzen lassen", verspricht der Minister weiter.

Alles andere als bescheiden

Der Weltkulturerbe-Ausschuss der UNESCO hatte sich Mitte Dezember 2001 besorgt gezeigt über den Standort des Freizeitparks. Eine UNESCO-Delegation soll nun vom 23. bis 28. März Schäßburg auf Einladung des Tourismusministers besuchen, um den Standort in Augenschein zu nehmen. Agathon sichert 7-8 Millionen US-Dollar jährlich aus den Einnahmen des Freizeitparks für die Denkmalpflege von Schäßburg zu. Weder die "rechte" Vorgängerregierung noch die UNESCO hätten bisher irgendwelche finanziellen Mittel für die Altstadt von Schäßburg bereit gestellt. Selbstsicher und alles andere als bescheiden zeigt sich Agathon auch in der Bewertung seines Dracula-Projektes: Es sei „originell, unkonventionell und schockierend“ und stehe in vornehmer Gesellschaft mit dem Eiffelturm und dem Kulturzentrum Georges Pompidou in Paris, die gleichfalls zu ihrer Zeit stark umstritten gewesen seien. Das Dracula-Vorhaben werde zurzeit international "als spektakulärstes touristisches Produkt zum Jahrtausendbeginn bewertet", meint Agathon.
Seine Kritiker sieht der Minister daher auch vorwiegend im Ausland: Sie wollten einen Dracula-Park in Rumänien verhindern. Einige seiner inländischen Kritiker wünschten hingegen einen alternativen Standort - aus "geschäftlichen Interessen". Dabei sei das Projekt sehr beliebt unter der Bevölkerung von Schäßburg: 93 Prozent von 1 109 Befragten aus einer Gesamtbevölkerung von 38 700 in Schäßburg seien dafür, habe eine von Agathon in Auftrag gegebene Meinungsumfrage ergeben. Auch die gewählten Stadtväter von Schäßburg stünden auf seiner Seite, beteuert der Minister. 121 Hektar auf der Breite habe der Bürgermeister dem touristischen Entwicklungsfonds von Schäßburg gratis zur Verfügung gestellt. Diese Aktiengesellschaft des Stadtrates sei mit dem Management des Freizeitparks betraut worden, erläutert der Minister weiter.
Bei seinen Kritikern vermisst Agathon fundierte fachliche Argumente. Grundsätzlich erklärt er sich jedoch offen für Verbesserungsvorschläge, auch seitens der ausgewanderten Siebenbürger Sachsen. Das Projekt sei "verbesserungswürdig" und er wolle Anregungen aufnehmen, um "Kitsch" zu vermeiden. Für die Siebenbürger Sachsen empfindet er besonderen Respekt und Liebe wegen ihren kulturellen Leistungen, ihrem Ordnungssinn und zivilisierten Wesen. Daher plant er neben den bereits angelaufenen Projekten wie "Super Ski", "Goldene Bukowina", Kreuzfahrten auf der Donau auch ein Programm, dass sich speziell an diese Zielgruppe wendet: "Auf den Spuren der Vorfahren".
Zunächst verfolgt Agathon jedoch konkrete Schritte für den Dracula-Park. Bis zum 4. April läuft die Dracula-Aktienemission, parallel verhandelt er mit internationalen und rumänischen Investoren (ein 10 Millionen-Euro-Vertrag mit Explorer und 500 000 US-Dollar-Vertrag mit der Brau-Union in Österreich wurden bereits abgeschlossen). Demnächst beginnen die Infrastrukturarbeiten (Wege, Wasser, Strom) auf der Breite, und nach Einholung der gesetzlich vorgeschriebenen Genehmigungen starten die Investitionsarbeiten. Noch in diesem Jahr sollen Schloss und Vampirologie-Institut abgeschlossen sein, und im September 2003 hofft Agathon dann den gesamten Dracula-Park zu eröffnen.

Siegbert Bruss


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 4 vom 15. März 2002, Seite 4)

Bewerten:

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.