29. Mai 2022

Meschner trauern um Ehrenvorsitzenden Georg Bretz

Die Siebenbürger Nachbarschaft Meschen e.V. trauert um ihren Ehrenvorsitzenden Georg Hermann Bretz, der am 21. Februar im Alter von 93 Jahren gestorben ist.
Der verstorbene Ehrenvorsitzende der Siebenbürger ...
Der verstorbene Ehrenvorsitzende der Siebenbürger Nachbarschaft Meschen e.V., Georg Hermann Bretz
Georg Bretz wurde am 10. November 1928 in Meschen geboren, als Ältester von drei Geschwistern. Nach unbeschwerter Kindheit und bereits arbeitsreicher Jugend entkam Georg mit seinen damals 16 Jahren knapp der Deportation nach Russland. Er absolvierte eine Elektrikerlehre in Mediasch und arbeitete anschließend viele Jahre bei den Stadtwerken Mediasch (Uzina electrică). Am 6. Februar 1955 heiratete er Regina Schneider, in den kommenden Jahren wurde mit Sohn Stefan sowie Tochter Regine die Familie komplett.

Neben der verantwortungsvollen Tätigkeit bei den Stadtwerken mit teilweise mehrtägigen Schichten gab es daheim in Meschen hinter dem Haus einen großen Garten zu pflegen. Gemeinsam mit Ehefrau Regina wurde hier nach und nach moderner Gartenbau betrieben, mit beheiztem Glashaus und foliengedeckten Anzuchtbeeten für Kraut (Meschner Kraut war ein Markenname), Blumenkohl, Auberginen und Tomaten. Auf dem Mediascher Gemüsemarkt gab es hierfür dankbare Abnehmer. Auch die Bienenzucht wurde seit jeher im Hause Bretz großgeschrieben. Georg und sein Bruder Hans waren Imker, deren Expertise unter Kollegen hochgeschätzt war. Besonders für den Akazienhonig wurden die Bienenstöcke bis in die Donau-Auen verbracht. Später in Deutschland ist Georg Bretz der Imkerei treu geblieben, besonders auf dem Jahrmarkt rund um den Ilsfelder Holzmarkt war Georgs gesunder Honig stets hochbegehrt. Trotzdem fand er die Zeit, sich auch in der Meschner sächsischen Gemeinschaft einzubringen. Schon in jungen Jahren Mitglied der Meschner Adjuvanten, begleitete er mit dem Flügelhorn viele schöne und manch traurige Augenblicke seiner Freunde und Nachbarn. Er bekleidete einige verantwortungsvolle Ämter, war Nachbarvater, Presbyter und auch Kirchenvater. Er blieb aber lieber ein Mann der Tat, der statt vieler Worte gleich mit anpackte.

1977 ergriff er eine Gelegenheit und zog nach Deutschland, wo er als Elektriker schnell Fuß fasste und in Ilsfeld nahe Heilbronn heimisch wurde. Wenige Jahre später zog dann die ganze Familie, inzwischen auch mit Enkel, nach in die neue Heimat, nach Ilsfeld. Schnell war man eingebunden im Verband der Siebenbürger Sachsen, in der Kreisgruppe Heilbronn und ihrem Chor, bei der Siebenbürger Blasmusik in Stuttgart, aber auch im Liederkranz Ilsfeld und dem Ilsfelder Kirchenchor. Bienenstöcke, ein Gartenstückle, ein Haus – die neue Existenz war schnell aufgebaut nach bewährtem Muster.

Auch die Nachbarn, Freunde und Verwandten aus Meschen, inzwischen verteilt in der halben Bundesrepublik, wurden ausfindig gemacht und auch auf Initiative von Georg Bretz fand Ende Juli 1983 in Veitshöchheim bei Würzburg das erste Meschner Treffen statt. Zwei Jahre später, im Januar 1985, wurde auch die Meschner Nachbarschaft ins Leben gerufen, die alsbald zum jährlichen Sittag nach Ilsfeld einlud. Im Vorstand beider Gemeinschaften war Georg Bretz federführend tätig, wurde 2001 nach der Gründung der Meschner Nachbarschaft Ilsfeld e.V. deren erster Vorsitzender.

Sofort nach dem Umsturz 1990 in Rumänien machte sich Georg Bretz auf den Weg in die alte Heimat, erst mit Hilfsgütern, dann auch mit Helfern. Die in kürzester Zeit auf eine kleine Gruppe geschrumpfte sächsische Gemeinschaft in Meschen wurde unterstützt, vor allem organisatorisch, da die vielen Aufgaben rund um Kirche, Burg, Pfarrhaus, Friedhof nicht mit ausgesiedelt waren. Das leerstehende Pfarrhaus wurde als eines der Ersten in Siebenbürgen bereits Anfang der 90er Jahre in ein Gästehaus umgewandelt. Georg Bretz als Elektriker, aber auch viele Mitstreiter haben mit eigener Hände Arbeit zusätzliche Badezimmer eingebaut, teilweise neue Stromleitungen verlegt, möbliert und mit anderer Ausstattung versehen, kurzum einen gastfreundlichen Ort aufgebaut. Dabei unbedingt erwähnt werden muss, dass dieser Erfolg auch Frau Marianne, der langjährigen Burghüterin, zu verdanken ist, die mit starker eigener Meinung mit „Gerchonkel“ ein sehr gutes Team in dieser Umbruchzeit in Meschen bildete.

Auf seinen zahlreichen Fahrten nach Meschen wurde Georg Bretz oft von Ilsfelder Freunden begleitet, die schnell ihr Herz an unsere Heimatgemeinde verloren. Dieses galt nach seinem ersten Besuch auch für den frisch gewählten Ilsfelder Bürgermeister Thomas Knödler – seither ein beständiger, ideenreicher Partner für unsere Anliegen. So war es nur ein konsequenter Schritt, eine Gemeindepartnerschaft anzustreben zwischen Geburtsort und neuem Heimatsort. Georg Bretz und seinen Mitstreitern in Ilsfeld gelang es, den Gemeinderat von der Sinnhaftigkeit einer solchen Partnerschaft zu überzeugen, die feierlich 2003 in Meschen und 2004 in Ilsfeld unterzeichnet wurde. Es war die erste offizielle Gemeindepartnerschaft zwischen einem Dorf in Deutschland und Siebenbürgen. Besonders in den ersten zehn Jahren ihres Bestehens entwickelten sich jährliche Treffen, intensive Freundschaften und nachhaltige Projekte.

Zum Dank für seinen langjährigen Einsatz in und für Meschen wurde Georg Bretz am 10. Juni 2003 die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatgemeinde Meschen verliehen.

Nachdem die Meschner Nachbarschaft Ilsfeld e.V. und die HOG Meschen sich 2008 zu der Siebenbürger Nachbarschaft Meschen e.V. zusammenschlossen, wurde Georg Bretz als Gründungsmitglied und langjähriges Vorstandsmitglied beider Gemeinschaften einstimmig zum Ehrenvorsitzenden unseres Meschner Vereins gewählt. Auch wenn er sich aus dem Vorstand zurückzog, blieb er ein äußerst aktives Vereinsmitglied, dessen Meinung gerne eingeholt wurde. „Vergesst nie, was ihr euren Ahnen und euren Kindern schuldig seid …“, sagte er am Ende einer der letzten Mitgliederversammlungen.

Georg Bretz wird allen, die ihn kannten und denen er nun so sehr fehlt, nicht nur eine bleibende Erinnerung sein. Sein Wirken ist Ansporn und Verpflichtung zugleich für alle, denen Kultur und Geschichte Meschens und Siebenbürgens etwas bedeuten. Er hat in seinem langen, erfüllten Leben vieles angepackt und aufgebaut. Wir sollten unser Möglichstes tun, diesen Weg weiterzugehen.

Hugo Schneider, Siebenbürger Nachbarschaft Meschen e.V.

Tiefe Anteilnahme der Kreisgruppe Heilbronn

Georg Bretz wirkte von 1989 bis 2001 im Vorstand der Kreisgruppe Heilbronn. Anlässlich der Trauerfeier am 18. März 2022 in Ilsfeld hielt die Vorsitzende der Kreisgruppe, Ines Wenzel, eine Trauerrede, die hier gekürzt wiedergegeben wird.

„Es sind nicht die großen Worte, die in der Gemeinschaft Grundsätzliches bewegen: es sind die vielen kleinen Taten der Einzelnen.“ (Mildred Scheel)

Liebe Frau Bretz, liebe Familienangehörige, werte Trauergemeinde, als einen solchen Menschen haben wir Georg Bretz kennengelernt – einen aktiven Zeitgenossen, dem das Schaffen für die Gemeinschaft und die Zusammenarbeit mit seinen Mitmenschen Freude machte. So ist es nicht verwunderlich, dass er sich schon im Jahr 1979, bald nach seiner Ankunft in Deutschland, in der Landsmannschaft einfand und engagierte. Georg Bretz trat 1980 in den Liederkranz der Siebenbürger Sachsen ein, für den er über 20 Jahre lang nicht nur ein Basis-Tenor war, sondern eine verlässliche Stütze in jeder Hinsicht – sowohl musikalisch als auch organisatorisch.

1989 hatte ich die Freude, Georg Bretz im Vorstand der Kreisgruppe Heilbronn im Verband der Siebenbürger Sachsen e.V. kennenzulernen. Besonders geschätzt habe ich an ihm von Anfang an seine warmherzige, wertschätzende Art, seine Hilfsbereitschaft, sein Interesse an Jung und Alt und vor allem seine Bodenständigkeit. In seinem Amt als Organisationsreferent und stellvertretender Vorsitzender der Kreisgruppe Heilbronn engagierte er sich mit Leib und Seele und voller Tatkraft für unsere Gemeinschaft, vergaß dabei aber auch nie seine Heimat. So erinnern wir uns alle noch sehr gut an die Zusammenkünfte in Ihrer Garage, bei denen viele Pakete für Hilfstransporte nach Siebenbürgen gepackt wurden. Dabei, wie auch bei vielen anderen Gelegenheiten, haben Sie, liebe Frau Bretz, ihn und uns unterstützt und für Ihrer beider Hilfe sind wir sehr dankbar.

2001, nach zwölf Jahren, legte Georg Bretz seine Ämter in der Kreisgruppe Heilbronn nieder, aber nicht etwa, um den wohlverdienten ehrenamtlichen Ruhestand zu genießen, sondern um sich noch intensiver in seiner neuen und in seiner alten Heimatgemeinde einzusetzen. Unseren Veranstaltungen allerdings blieb er als sehr gern gesehener Besucher immer treu. Zur Anerkennung und Würdigung seines unermüdlichen Einsatzes für die Belange unserer Landsleute wurde Georg Bretz 1998 mit dem Silbernen Ehrenwappen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen ausgezeichnet.

Liebe Trauergemeinde, die Kreisgruppe Heilbronn nimmt in Dankbarkeit Abschied von Georg Bretz, einem treuen Mitglied unseres Vereins und unserer Gemeinschaft. Wir werden ihm immer ein ehrendes Andenken bewahren.

Ines Wenzel, Vorsitzende der Kreisgruppe Heilbronn

Schlagwörter: Porträt, Nachruf, Meschen, Ehrenvorsitzender, Heilbronn

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