18. September 2023

Die Hetzeldorfer und ihre Bergkirche

Hetzeldorfer und Nichthetzeldorfer trafen sich Ende Juli dieses Jahres in Hetzeldorf (die Siebenbürgische Zeitung berichtete). Sie kamen, um mit einem traditionellen Kulturprogramm zu feiern, widmeten sich aber auch dem Schicksal ihrer kulturellen Hinterlassenschaften, dieses Mal der frisch renovierten Bergkirche. Neben der Prominenz der Evangelischen Kirche in Rumänien, Bischof Reinhart Guib, der den Hauptgottesdienst leitete und zusammen mit Pfarrer Ulf Ziegler die Einweihung der Bergkirche vollzog, leisteten auch die Pfarrer mit Hetzeldorfer Wurzeln Christian Hermann und Michael Wel­ther einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen des Festes. Daneben waren Vertreter der Gemeindeverwaltung, des Gemeinderates sowie der orthodoxe Pfarrer Cindea eingeladen.
Die renovierte Bergkirche. ...
Die renovierte Bergkirche.
Die Anwesenden zeigten unverhüllt ihre Begeisterung für die strahlende, vollständig renovierte Bergkirche. Ein Projekt, das nur durch die großzügigen Spenden von Dr. Heinz Krestel aus der Schweiz und Klaus Pitters aus Neumarkt, aber auch mit Hilfe der vielen geringeren Spenden von Mitgliedern der Heimatortsgemeinschaft Hetzeldorf und einer effektiven Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure (Bezirkskonsistorium Mediasch als Eigentümer, Beauftragter der Heimatortsgemeinschaft mit der Umsetzung der Maßnahme, Gemeindeverwaltung Hetzeldorf, Heimatortsgemeinschaft und Bauunternehmer) realisiert werden konnte. Die künftige Nutzung der Bergkirche, die eine dauerhafte Unterhaltung sicherstellen soll, war Thema vieler Gespräche beim Treffen. Ein Konzept dazu soll kurzfristig in Zusammenarbeit zwischen dem Bezirkskonsistorium und der Heimatortsgemeinschaft erstellt werden. Nach drei Tagen endete ein gelungenes, durch den Vorstand der Heimatortsgemeinschaft hervorragend organisiertes und moderiertes Treffen. Wiederholung ist angesagt.

Über das Heimattreffen berichten im Folgenden zwei 14-Jährige.

Horst Dengel, Düsseldorf

Hetzeldorfer singen das Siebenbürgenlied nach dem ...
Hetzeldorfer singen das Siebenbürgenlied nach dem Trachtenaufmarsch. Foto: Klaus Pitters jun.

Die Bergkirche

Eigentlich findet das diesjährige Heimattreffen der Siebenbürger Sachsen in Hetzeldorf anlässlich der neu renovierten Bergkirche statt. Pfarrer Christian Hermann widerspricht aber. Am abschließenden Tag des Sachsentreffens predigt er in der Hetzeldorfer Bergkirche und erklärt, nicht die Kirche sei der Grund zum Treffen, es seien die Traditionen, die mit der Kirche zusammenhängen. Dazu zählt es auch, einen Gottesdienst zu halten. „Die Hetzeldorfer übertreiben sogar“, ruft er. „Die machen zwei.“ Hetzeldorf ist einer der wenigen Orte in Siebenbürgen mit zwei Kirchen. Die eine der beiden, die Bergkirche, drohte, nach der Wende 1989 zu zerfallen. Nach der Renovierung bis 2022 findet heute der erste Gottesdienst statt. Christian Hermann erzählt von seinen Erinnerungen an Hetzeldorf und was er mit dem Ort in Verbindung bringt. Der Ort sei wie ein bunter Blumenstrauß gewesen. Die Anwesenden stehen auf und klatschen. Es ist unüblich, in Kirchen zu klatschen, anscheinend hat sie die Rede bewegt.

Über 250 Gäste sind anwesend, nur ein geringer Teil ehemalige Hetzeldorfer. „Wir rechnen mit höchstens der Hälfte der Menschen in der Bergkirche“, sagte Michael Welther vor dem Gottesdienst. Es sind jedoch deutlich mehr erschienen. Drei Besucher müssen stehen, ihre Bank bricht durch, bevor der Gottesdienst beginnt.

Es ist also noch etwas zu tun, wenn auch nicht viel. Zwei Jahre hat es gedauert bis zur Einweihung am 30. Juli 2023. Das Bauunternehmen von Christian Buhazi hat die Bergkirche bis zur Außenfassade hin renoviert. Die Heimatortsgesellschaft Hetzeldorf beauftragte Horst Dengel, selbst Siebenbürger Sachse, Vertragsabschlüsse und die Erstellung der Leistungsbeschreibung einzuleiten. Unterstützt hat ihn dabei Karl Heinz Pelger, der Hetzeldorfer Bezirkskirchenkurator. Sie holten bei Christian Buhazi ein Angebot ein. Zusammen einigten sie sich auf den Preis und den Durchführungszeitraum von 2021 bis Mitte Juni 2022. Den Zeitpunkt hielten sie mehr oder weniger ein, so dass die Kirche beim Hetzeldorfer Treffen 2023 fertig war.

Bevor die Leute die Kirche allerdings betreten, stehen andere Termine an. Eine Gruppe unter Leitung von Katharina Schmidt in Begleitung eines Chors führt ein Theaterstück zur Legende der Bergkirche auf. In ihr geht es um ein Mädchen aus Hetzeldorf, das Räubern einen Koffer voll Geld abgenommen hat und damit die Bergkirche hat bauen lassen. Einen Tag nach dem Theaterstück finden die beiden Gottesdienste statt. In der Kirche im Ort versammeln sich viele in siebenbürgischer Tracht, in der sie auch beim Umzug nach der Kirche mitmachen. Während die Temperatur auf 32 Grad klettert, fangen die Adjuvanten mit dem Lied „Blaue Augen“ an, gefolgt von dem „Andulka-Marsch“ und dann wieder „Blaue Augen“. Viele Menschen sind auf dem Dorfplatz, es ist ein buntes Treiben.

Oben in der Bergkirche tragen nur noch wenige ihre Tracht. Die anderen freuen sich schon auf das nächste Hetzeldorfer Sachsentreffen, wenn sie sich wieder in Tracht einkleiden dürfen. Ob die Hetzeldorfer es dann wieder mit ihren zwei Gottesdiensten übertreiben werden? Wahrscheinlich schon.

Lily Dengel, Düsseldorf

Die Legende der Falten Enno (gespielt von Ute ...
Die Legende der Falten Enno (gespielt von Ute Beetz) wurde in Hetzeldorf aufgeführt. Foto: Phillip Schlemmer

Start mit Adjuvantenklängen und Singspiel

„Liebe Hetzeldorfer, liebe Gäste und Freunde von nah und fern, ich begrüße Sie alle herzlich zu diesem ganz besonderen Fest!“ Mit diesen Worten leitet Renate Heilmann das Hetzeldorfer Siebenbürger Sachsentreffen ein. Die meisten Siebenbürger Sachsen hat es nach Deutschland, Österreich und die Schweiz verschlagen. Nun versammeln sie sich, lassen Erinnerungen aufleben und schaffen neue. Den Anlass des diesjährigen Treffens vom 28. bis zum 30. Juli bietet die Einweihung der Bergkirche. Doch ein Team ehemaliger Hetzeldorfer macht es möglich, etwas über die Gründungsgeschichte der Hetzeldorfer Bergkirche zu erfahren. Sie stellen die Legende der Enno Falten anhand eines Singspiels mit Chorgesang und Theaterszenen dar. Die Gruppe besteht aus Ute Beetz, Anna Dengel, Katharina Schmidt, Tilli Eisenburger, Renate Heilmann, Annemarie Sutoris, Johanna Schenk, Hilde Schwarzer, Volker Pitters, Emma Maurer, Albert Eisenburger und dem Chor unter Leitung von Anni Freund.

Der Legende nach blieb der gläubigen Enno ein Satz aus dem Gottesdienst im Kopf hängen: „Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben.“ Die junge Frau macht sich auf den Heimweg. Am nächsten Morgen wird sie von ihrer Mutter allein auf den Weinberg geschickt. Ihre Mutter muss die kranke Großmutter pflegen. Enno bekommt Mutters bestes Werkzeug. Bis zur Abenddämmerung arbeitet Enno auf dem Weinberg. Sie begegnet ihrem Geliebten, dem Knecht ihres Vaters. Gemeinsam begeben sie sich auf den Rückweg. Sie vergisst das Werkzeug ihrer Mutter und kehrt noch einmal zurück. Auf dem Weg zurück ins Dorf entdeckt sie eine Räuberbande. Heimlich klaut sie der Bande ihren Schatz. Die Räuber nehmen die Verfolgung auf. Enno schafft es, sich in Sicherheit zu bringen, bevor die Räuber sie einholen können. Mit dem gestohlenen Geld lässt Enno Falten die Bergkirche erbauen, welche dank der Renovierungsarbeiten hoffentlich noch lange bestehen wird und in deren Eingang man nun die Legende der Enno Falten nachlesen kann.

Romy Roos, Düsseldorf

Schlagwörter: Hetzeldorf, Kirche, Singspiel

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