4. Februar 2013

CDU-Bundestagsabgeordneter Klaus Brähmig zur aktuellen Situation Gundelsheims

Das Siebenbürgische Museum in Gundelsheim leistet nach Einschätzung des CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus Brähmig „einen bedeutenden Beitrag zum Erhalt der Identität der Siebenbürger Sachsen und wirkt dadurch auch als touristischer Anziehungspunkt im Neckartal“. Der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat am 21. Dezember 2012 zusammen mit dem Geschäftsführer der Gruppe, Sven Oole, das Siebenbürgische Museum in Gundelsheim besucht. Durch das Museum führte die ehrenamtliche Vorsitzende des Trägervereines „Siebenbürgisches Museum Gundelsheim“, Dr. Irmgard Sedler. Der neue Kustos des Museums, Dr. Markus Lörz, Nachfolger von Marius Tătaru, war ebenfalls anwesend. Seitens des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland begleitete die hohen Gäste Alfred Mrass. Der stellvertretende Bundesvorsitzende und Vorsitzende der Landesgruppe Baden-Württemberg führte mit Klaus Brähmig das nachfolgende Interview.
Herr Brähmig, wie kam es dazu, dass Sie so kurz vor Weihnachten das Siebenbürgische Museum in Gundelsheim besuchten?
Unsere Gruppe hat sich in dieser Legislaturperiode zum Ziel gesetzt, erstmals alle nach §96 Bundesvertriebenengesetz geförderten Institutionen und Museen zu besuchen, um sich vor Ort ein Bild von der aktuellen Lage zu machen. So haben wir nach der letzten Sitzungswoche im Dezember noch die Zeit genutzt, um neben Gundelsheim auch die süddeutschen Einrichtungen in Marburg, Ulm und Regensburg zu besichtigen.

Welchen allgemeinen Eindruck haben Sie vom Siebenbürgischen Museum erhalten?
Das Museum gefällt mir sehr gut, obwohl es ja nur einen kleinen Teil des Schlosses einnimmt. Mit den über 17 000 Exponaten ist es zu dem Thema sicher eines der größten Museen außerhalb Siebenbürgens und didaktisch voll auf der Höhe der Zeit. Es leistet damit einen bedeutenden Beitrag zum Erhalt der Identität der Siebenbürger Sachsen und wirkt dadurch auch als touristischer Anziehungspunkt im Neckartal.

Was hat Sie beim Besuch des Museums besonders beeindruckt, haben Sie für sich ein Lieblingsobjekt entdeckt?
Mich hat besonders die alte Überlieferung des siebenbürgischen Nachbarschaftswesens beeindruckt, das in den eigenen Statuten und den Nachbarzeichen zum Ausdruck kommt. Insgesamt ist das Herzblut regelrecht spürbar, das hinter dem Museum steckt und das ich mir auch bei anderen Einrichtungen dieser Art wünschen würde.

Können aus der Geschichte der Siebenbürger Sachsen und ihrer Darstellung im Museum Einsichten für uns heutige Europäer gewonnen werden?
Ja, selbstverständlich. Die Siebenbürger Sachsen stehen nämlich beispielhaft für das jahrhundertelange und kulturell gewinnbringende ­Miteinander verschiedener Ethnien in Ostmitteleuropa, gar in einem Staat, das leider mit dem Zweiten Weltkrieg abrupt beendet wurde. Daher war es in der Tat ein historisches Zeichen, als der rumänische Innenminister 2010 öffentlich erklärte, dass sein Land die Siebenbürger Sachsen vermisse und diese als die besten Brückenbauer zwischen Rumänien und Deutschland lobte. Diese Brückenbauerfunktion ist für Europa von großem Wert, an dem wir festhalten sollten.
Besichtigungstermin im Siebenbürgischen Museum ...
Besichtigungstermin im Siebenbürgischen Museum Gundelsheim: vor Schloss Horneck (von rechts) Klaus Brähmig, Dr. Irmgard Sedler und Alfred Mrass. Foto: Sven Oole
Die finanzielle Ausstattung des Siebenbürgischen Museums liegt derzeit eher am unteren Limit. Es wird im Rahmen einer Projektförderung vom Bund finanziert. Der Förderverein des Museums muss immer wieder einspringen, um Ankäufe zu ermöglichen. Gäbe es aus Ihrer Sicht Möglichkeiten und Wege, die Finanzlage aufzubessern, gegebenenfalls wieder zur institutionellen Förderung zurückzukehren?
Angesichts der angespannten Haushaltslage des Bundes ist es derzeit schwierig, wieder in die institutionelle Förderung einzusteigen. Dennoch lässt unsere Gruppe nichts unversucht, die finanzielle Situation des Museums wie der gesamten Kulturförderung nach § 96 BVFG zu ­verbessern. So ist es in der Amtszeit von Kulturstaatsminister Bernd Neumann gelungen, den Etat zum Erhalt und zur Pflege des Kulturerbes der Deutschen im östlichen Europa schrittweise von 13 auf jetzt 19 Millionen Euro anzuheben. Das ist ein deutliches Bekenntnis zu einem bedeutenden Teil unserer Geschichte und unserer Identität. Wir setzen uns nun dafür ein, dass für Siebenbürgen eine eigene Stelle als Kulturreferentin bzw. Referent eingerichtet wird.

Welchen Eindruck hat der Besuch in der Bibliothek und im Festsaal des Schlosses bei Ihnen hinterlassen?
Die Bibliothek ist gut bestückt, denn ich fand dort das Original eines meiner Lieblingsbücher von Aurel Popovici, das 1906 in Leipzig erschienen ist. Darin entwickelte der rumänische Jurist Ideen für eine Umgestaltung des Vielvölkerreiches der Habsburgermonarchie, die als „Vereinigte Staaten von Groß-Österreich“ in 16 weitgehend autonome und nach dem Nationalitätenprinzip gegliederte Provinzen errichtet werden sollte. An die einstige Pracht der Donaumonarchie fühlte ich mich auch durch den barocken Festsaal erinnert, der gerade für die Weihnachtsfeier der Heimbewohner geschmückt wurde.

Wie beurteilen Sie die Öffentlichkeitsarbeit und den Bekanntheitsgrad des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in der Bundesrepublik?
Kürzlich auf dem Ball der Siebenbürger Sachsen in München ist mir noch einmal aufgefallen, wie breit der Verband aufgestellt ist und wie viele Persönlichkeiten dem Verband angehören. Dass etwa auch der Internetauftritt hervorragend organisiert ist, ist sicher dem Engagement des Bundesvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius zu verdanken, der mit mir ja im Stiftungsrat der Bundestiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung sitzt und dort ebenfalls eine erstklassige Arbeit leistet. Nachholbedarf sehe ich hingegen bei der Homepage des Museums, den der neue Leiter sicher bald anpackt.

Bitte stellen Sie uns die Zusammensetzung und Größe der CDU/CSU-Arbeitsgruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten im Bundestag vor. Welche politischen Themen beschäftigen aktuell diese Arbeitsgruppe?
Die Gruppe – mit mir erstmals von einem Abgeordneten aus den neuen Bundesländern geleitet – hat sich in der 17. Legislaturperiode neu aufgestellt und ist mit derzeit 70 Abgeordneten aus allen Bundesländern, darunter auch Regierungsmitglieder, so groß wie nie zuvor. Zudem wurde durch einstimmigen Fraktionsbeschluss der Schwerpunkt „deutsche Minderheiten“ mit einer Namensänderung fest verankert. Damit erkennt unsere Fraktion nach wie vor das Kriegsfolgeschicksal an, aus dem sich eine Einheit aus Vertriebenen, Aussiedlern und deutschen Minderheiten ergibt. In diesem Frühjahr steht das denkwürdige Jubiläum 60 Jahre Bundesvertriebenengesetz an, bei dem wir gerade an einer Novellierung für Spätaussiedler arbeiten und zu dem wir einen großen Antrag in den Bundestag einbringen werden.

Ich danke Ihnen für das Gespräch.

Schlagwörter: Interview, Politiker, Gundelsheim, Vertriebene und Aussiedler, Verbandspolitik

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