5. Juli 2023

Siebenbürgischer Kulturgut-Retter Gerhard Rill 90 Jahre jung!

Zu seinem 90. Geburtstag gratulierte der Bundesvorsitzende Rainer Lehni Gerhard Rill im Namen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und dankte ihm für seine Verdienste um die Wahrung unserer Traditionen. Ein Leben lang hat sich Rill sehr erfolgreich bemüht, Kulturgüter unserer bäuerlichen Vorfahren zu retten. Damit wollte er auch den Deutschen zeigen, dass die Siebenbürger Sachsen auf eine schöne Tradition und hohe Zivilisation zurückblicken.
Der Sammler Gerhard Rill aus Augsburg rettet ...
Der Sammler Gerhard Rill aus Augsburg rettet unzählige Kulturgüter unserer bäuerlichen Vorfahren. Foto: M. Tuschinski
Sein Augsburger Wohnhaus/Museum mit den unzähligen „Schätzen“ aus der alten Heimat kennen mittlerweile viele Siebenbürger Sachsen. Heute kümmert sich der rüstige Rentner auch intensiv um seinen ganzjährig blühenden Garten mit über 40 Rosenstöcken. Mit seiner Lebenspartnerin Helgard Lichtenstern unternimmt er häufig ausführliche Radtouren. Seinen runden Geburtstag feierte Rill mit Verwandten und Freunden am Traunsee im oberösterreichischen Salzkammergut. Angereist sind sie mit seiner Partnerin im Wohnmobil und freuen sich auch auf Rad- und Wandertouren.

Geboren am 1. Juli 1933 in Bistritz, verbringt Rill als Kind viele Jahre in Lechnitz bei seinen Großeltern am Bauernhof. 1944 muss er, wie viele andere Nordsiebenbürger, innerhalb von wenigen Stunden die Heimat mit seiner Familie verlassen. Sie landen zuerst in Vöcklabruck in Österreich. Dort besucht er weiterhin Schulen und mit zwölf Jahren muss er auch „Kriegsdienst“ leisten. In Zell am See wird Rill als „Panzerknacker“ ausgebildet. Er überlebt den Krieg und beginnt eine Lehre bei der Nordmolkerei Deller in München. Seine Familie hofft, nach Siebenbürgen zurückzukehren, wo er deren Familienbetrieb übernehmen soll. Wegen Rheuma gibt er den Beruf auf und wird erfolgreicher Versicherungskaufmann in der Frankfurter Gegend und danach in Augsburg.

1969 beginnt Rills „Sammelwut“ nach einem Schreck: Vor seinen Augen zerhackt eine Rumänin im siebenbürgischen Deutsch-Weißkirch auf einem ehemals sächsischen Hof die Tür einer wunderschönen Almerei aus dem Jahr 1838 zu Feuerholz! Er rettet sie und reist dreißigmal seither in der kommunistischen Zeit nach Siebenbürgen. Auch nachdem Ceauşescu verbietet, alte Sachen außer Landes zu bringen, ist Rill in seiner Sammelleidenschaft nicht zu bremsen. Er findet Mittel und Wege, seine „Schätze“ zu retten. Wenn nötig, zerlegt er die Möbel und transportiert sie stückweise und über mehrere Jahre nach Augsburg. Hier rettet er inzwischen ein altes Bauernhaus vor dem Bagger und baut es aus. Den großen Dachboden füllt er nach und nach mit geretteten Kulturgütern. Es sind Truhen, Bauernmöbel, Trachten, Handarbeiten, Gerätschaften, Handwerkszeug zum Arbeiten und täglichen Leben aus Siebenbürgen.

Rill gibt offen zu, dass er seine geretteten Kostbarkeiten so ausgestellt hat, wie er sie zeitlich gebracht hat. Leider fehle ihm der Platz, um sie wie in einem Museum zu exponieren. Auch müsse alles beschriftet und katalogisiert werden, stellt er fest. Diese Zeit fehle ihm. Er erinnert sich sehr gerne an Dr. Gustav Wonnerth und Prof. Egon Machat. Vor dreißig Jahren bereits erkennen sie den Wert der Sammlung. Sie bemühen sich um Regierungsmittel, um sie in ein Museum umzuwandeln. Vor Jahren zeigt sich auch das Siebenbürgische Museum aus Gundelsheim interessiert, doch Rill will mit den Exponaten leben und weiter sammeln.

Und wie geht es weiter? In seiner Vision – dafür sprechen die begeisterten Einträge im Gästebuch – kommen künftig viele Besucher in sein Museum. Eine Stiftung wäre die optimale Lösung. Sie würde das Haus als „Siebenbürgisch-sächsisches Bauernmuseum Rill in Augsburg“ organisieren, verwalten und am Leben erhalten. Sein lebenslanges Engagement für den Erhalt der Beweise unserer wertvollen siebenbürgisch-sächsischen Tradition hätte sich gelohnt. Wer hilft unserem Retter auf dem Weg dahin? Kontakt: Gerhard Rill, Neuburger Straße 238 B (am Feuerdornweg), 86169 Augsburg, Telefon: (0821) 707878.

Melita Tuschinski

Schlagwörter: Porträt, Geburtstag, Nordsiebenbürgen, Rill

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Neueste Kommentare

  • 13.07.2023, 15:14 Uhr von gogesch: Meine erste Frage wäre, ob in Gundelsheim der notwendige Platz verfügbar wäre? [weiter]

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