21. August 2007

Hermannstädter koordiniert Münchner Messeverkehr

Die Neue Messe im Osten Münchens wurde im Jahre 1998 nach einer Bauzeit von dreieinhalb Jahren eröffnet. Als eines der modernsten Messegelände der Welt umfasst die Neue Messe München 17 Messehallen mit 180 000 qm Hallenfläche und 360 000 qm Freigeländefläche. Jährlich rund 40 Fachmessen für Investitionsgüter, Konsumgüter und Neue Technologien ziehen mehr als zwei Millionen Besucher aus über 200 Ländern an. Unter anderem reklamiert die Messegesellschaft für sich: „leistungsfähige Verkehrserschließung für Besucher- und Be­schickungsverkehr“. Für staufreien Verkehr trägt der Chef der Verkehrsleitzentrale der Mes­se, Frank Pastior, Sorge. Dem 42-jährigen Hermannstädter, Neffe des im Vorjahr verstorbenen siebenbürgischen Dichters Oskar Pastior, widmete der auflagenstarke Münchner Merkur kürzlich einen groß bebilderten Beitrag.
Gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung schil­dert Frank Pastior seinen Tätigkeitsbeginn so: „1995 begann ich am alten Flughafen in Riem auf Vermittlung eines Studienfreundes bei einem Ingenieurbüro in der Baustellenko­ordi­nation der gesamten Abbrucharbeiten. Das war meine ‚Eintrittskarte’ in meinen jetzigen Job. 1997 gab es kaum noch etwas am alten Flug­hafen abzubrechen, und die Messe suchte einen ‚Verkehrs- und Sicherheitsreferenten’ für das neue Messegelände in Riem. Mit der Inbe­trieb­nahme der Neuen Messe München wurde ich so­zu­sagen ins kalte Wasser geworfen. Den Be­reich, den ich betreuen sollte, gab es vorher so nicht. Ich musste mir sehr viel allein erarbeiten, und das gleich mit einer bauma als Pre­mie­ren­messe. Das konnte eigentlich nicht gut ge­hen. Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser heftigen Anfangszeit blieb ich der Messe Mün­chen bis heute erhalten.“ Davor hatte Pas­tior, nach dem Abitur am Rupprecht-Gymnasium in Neu­hausen, in München Wirtschaftsgeographie studiert (Diplom 1993). Während seines Stu­diums hatte er bei einer Münchener Unter­neh­mens­beratung für regionales Marketing ge­jobbt, die ihn nach seinem Abschluss übernahm.

„Alles fließt“ im Optimalfall. Als ...
„Alles fließt“ im Optimalfall. Als Chef der Ver­kehrszentrale koo­periert Frank Pastior mit ei­nem Netzwerk aus öffentlichen Dienststellen und privaten Ser­vicepartnern.
Inzwischen ist Pastior Teamleiter für Verkehr und Sicherheit und führt eine Gruppe von elf Mitarbeitern. Tagtäglich stellt sich das Team von neuem der Herausforderung der Stauver­mei­dung bei möglichst optimaler Nutzung der lokalen Infrastruktur (Straßen und Park­flä­chen). Diese Aufgabe kann nur erfolgreich bewältigt werden, wenn das Netzwerk mit den öffentlichen Dienststellen (Polizei, Kreisverwal­tungs­­referat, Autobahndirektion, Münchner Ver­kehrsgesellschaft) sowie privaten Service­partnern der Messe (Wachdienst, Parkplatz­management) gut funktioniert. „Im Endeffekt liegt die Kunst darin“, meint Pastior, „alle so mit­einander zu verknüpfen, dass im Sinne der Messe und unserer Kunden alles perfekt funktioniert. Perfekt heißt, dass z.B. die U-Bahn den Aussteller- und Besuchermassen entsprechend rich­tig getaktet ist, oder dass, wie bei der bauma, die Staus (=zu viele Autos auf zu wenig Platz) auf den Straßen minimiert werden. Na­türlich ist nie alles perfekt, sonst wäre es ja langweilig!“

Gefragt nach seinen bisherigen beruflichen High­lights, sagt er: „Ich hatte die Möglichkeit, bei der Startphase der Allianz Arena 2005 beratend und operativ dabei zu sein, und 2006 war das absolute Jahr mit Fußball-WM (Me­dien­zentrum auf der Messe) und Papstbe­such (Gottesdienst auf der Messe).“ In seine fachliche Zuständigkeit fallen alle Messen und Veran­staltungen, die in Riem stattfinden: von der kleinen Fachdental (ein Tag, eine Halle) bis hin zur Internationalen Fachmesse für Baumaschinen bauma, die an sieben Tagen eine halbe Million Besucher verzeichnet. Letztere erfordert 14-Stunden-Arbeitstage und bedeutet phasenweise enormen Stress – zumal seit dem 11. September 2001 zur Verkehrs- die Sicherheitsthematik verstärkt hinzugekommen ist.

Ein weiterer Aspekt dieser verantwortungsvollen Aufgabe ist die Lobbyarbeit. „Mein Job hat auch eine politische Komponente. Mit unserer Tätigkeit strahlen wir auf den Münchner Osten und ganz massiv auf den neuen Stadtteil Messestadt Riem aus. Es gehört daher viel Lob­byarbeit dazu, alle von der Messe Betroffenen immer wieder gnädig zu stimmen.“ Im Un­terschied zu anderen Messestädten sei das Umfeld auf die Messe und ihre Erfolge nicht stolz, sondern würde vielmehr über die Be­einträchtigungen klagen.

Einen besseren Job könne er sich derzeit nicht vorstellen. Neben der Arbeit erfülle ihn die Familie. Mit seiner aus Augsburg stammenden Gattin Ruth hat Frank Pastior drei Kinder, einen Jungen und zwei Mädchen (Zwillinge). Kürzlich hat das Ehepaar ein altes Häuschen in Thalkirchen gekauft. In München ist und bleibt der Lebensmittelpunkt von Frank Pastior, dessen Wurzeln freilich nach Siebenbürgen führen, genauer in Hermannstadt gründen. Dort ist er am 21. September 1964 geboren, als Sohn von Peter und Dorothea Pastior. Seinen Vater kennt die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft in seiner Funktion als Vorsitzenden des Sozial­werks der Siebenbürger Sachsen. Seine Be­ziehung zum Onkel Oskar Pastior, dem Lyriker und Büchner-Preisträger 2006: „Ossi war mein Patenonkel. Und er war eine wichtige Person für mich und meine Familie. Wichtig weniger wegen seiner Erfolge als Lyriker, sondern wegen seiner lieben, manchmal eigenartigen und sehr menschlichen Art. Natürlich habe ich mich über jeden seiner Erfolge gefreut und versucht, jede seiner Lesungen in München zu besuchen. Er hat übrigens meiner Frau und mir (und allen Gästen) zu unserer Hochzeit eine eigene Lesung geschenkt – einfach wunderbar!“ Er selbst habe keine lyrische Ader, doch „eine Sache scheint Ossi mir vererbt zu haben. Und zwar ‚nerve’ ich meine Umwelt mit kleinen Sprachspielereien, Kalauern.“

Seine „alte“ Heimat, die er 1979 14-jährig in Richtung Deutschland verlassen hat, habe ihn natürlich geprägt, stellt Pastior fest. Zwar habe er nie sächsisch gesprochen, aber eine dialektale Färbung in seinem Deutsch könne und wolle er – trotz 28 Jahren in München – nicht ablegen. Einige wenige Freundschaften aus der Her­mann­städter Schulzeit versuche er zu pflegen. Und: „Im Freundeskreis meiner Frau habe ich eine siebenbürgische Architektin kennen ge­lernt, die gerade unser Haus umgeplant hat. Wenn wir zusammen sind, kommen oft Rede­wendungen und damit Gedankengänge, die einfach zeigen, dass wir beide vom gleichen ‚Stamm’ sind.“ Zu Siebenbürgen pflege er eine Beziehung „auf der zweiten Ebene“. Ihn interessiere sehr, was „unten“ passiert. Im Laufe der nächsten zwei Jahre will Frank Pastior mit seiner Familie unbedingt nach Siebenbürgen reisen – dann freilich als gewöhnlicher Ver­kehrs­­teilnehmer.

Christian Schoger

Schlagwörter: Pastior, Messe, Verkehr

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