7. August 2010

Junge Siebenbürger gewinnen Moonbuggy-Rennen der NASA

Mit siebenbürgischer Beteiligung fand das diesjährige Moonbuggy-Rennen der US-Raumfahrtbehörde NASA am 9. und 10. April in Huntsville, Alabama statt. Stephanie Fleischer (19) aus Unterschleißheim und Stefan Martini (19) aus München, beide Kinder siebenbürgischer Eltern, gingen als Fahrer für das Team Germany an den Start – und gewannen. Mit ihrem selbst konstruierten und gebauten, 93 kg schweren Mondfahrzeug fuhren sie Bestzeit und setzten sich gegen 109 Teams aus der ganzen Welt durch.
Im International Space Education Institute (SEI) in Leipzig, der Operationsbasis des einzigen EU-Teams im Wettbewerb, wurde das nur durch Muskelkraft betriebene Fahrzeug von Fahrern, Konstrukteuren und Mechanikern, alle Schüler oder Studenten, entwickelt und gebaut. Im Folgenden berichten Stephanie Fleischer und Stefan Martini über die Ereignisse rund um das Rennen in den USA.

Vor dem Rennen

Nachdem ich mich zwei Jahre vom Projekt Moonbuggy (diese Zeitung berichtete) distanziert hatte, weil ich mich auf die Schule konzentrieren wollte, willigte ich dieses Jahr ein, bei der Weiterentwicklung unseres Buggys und auch der Finanzierung des Projektes wieder zur Verfügung zu stehen. Bei meiner ersten Teilnahme 2007 ging es noch darum, vom weißen Blatt Papier ein komplettes Konzept für ein Moonbuggy zu erstellen und zu bauen. Dieses Jahr musste das alte Konzept, das 2008 und 2009 mit recht durchschnittlichen Ergebnissen angetreten war, überdacht und verbessert werden. Unser Hauptaugenmerk lag darauf, das Buggy leichter zu konstruieren und die Stellen, die in den letzten Jahren gelitten hatten, stabiler zu fertigen. Dafür besitzen wir inzwischen eine gute Infrastruktur. Wir durften die Werkhallen der Ausbildungsstätte der IHK in Leipzig benutzen, um an den dortigen Maschinen unsere Verbesserungen, die vorher am Computer konstruiert wurden, umzusetzen. Die neuen Teile verbauten wir nach Fertigung am Buggy und stellten sie auf einem Skate Park mit Schanzen und Hügeln auf eine harte Probe. Waren wir zufrieden, blieben die Teile am Buggy, wenn nicht, mussten wir nacharbeiten.

Knapp einen Monat, bevor der Wettbewerb in den USA starten sollte, sprang unsere Copilotin ab. Doch ohne weibliche Fahrerin durften wir nicht antreten. Somit ging die Suche nach einem neuen Teammitglied los. Gesucht war eine Schülerin zwischen 16 und 20 Jahren, die sportlich und an Technik interessiert ist und dem Fahrer vertraut. Dieses Vertrauen ist sehr wichtig, damit beide volle Leistung bringen können. Als Pilot und Konstrukteur fühlte ich mich für das Gelingen des Projekts verantwortlich. Und von wem könnte man Vertrauen mehr erwarten als von jemandem, den man schon kennt. Also fiel mir eine Grundschulfreundin ein, mit der ich mich auch aufgrund einer ähnlichen Vergangenheit unserer Eltern immer gut verstanden habe und die meines Wissens Sport als Leistungskurs hat und deshalb bestimmt fit ist. Ich hatte ihr schon auf einem Klassentreffen von meinem Projekt erzählt und wusste, dass sie recht angetan war. Da ich wenig zu verlieren hatte, schrieb ich sie einfach an, ohne allzu große Hoffnung zu haben, dass es sie interessieren könnte, vor allem, da wir beide in den Abiturvorbereitungen für 2011 sind. Zu meiner Überraschung war sie aber sehr angetan. Nach einem Treffen befanden wir uns quasi schon auf dem Weg nach Amerika. Sie begleitete mich an den verbleibenden Wochenenden noch einige Male nach Leipzig, um auch auf dem Buggy trainieren zu können und sich so an das ungewöhnliche Gefährt zu gewöhnen.
Stephanie Fleischer und Stefan Martini auf dem ...
Stephanie Fleischer und Stefan Martini auf dem Weg zum Sieg in Huntsville, Alabama.
Mit den letzten Vorbereitungen am Tag vor der Abfahrt noch gerade so fertig geworden, ging es dann auf einen 24-Stunden-Marathon nach Amerika, auf den wir auch unser Buggy, verpackt in sechs Koffer, mitnahmen. Für mich war die Ankunft in Amerika kein so großer Kulturschock wie für Steffi, die zuvor noch nie in den USA gewesen war. Trotzdem war die Größe von allem immer noch etwas gewöhnungsbedürftig.

Stefan Martini

Das Moonbuggy-Race 2010

Angefangen hat alles mit einer E-Mail, Absender: Stefan Martini. Ich freute mich total, von meinem Grundschulfreund zu hören, da wir uns die letzten Jahre leider selten gesehen haben. Aber der Inhalt der Mail überraschte mich. Er erzählte etwas von einem Moonbuggy-Race und dass sie noch eine Fahrerin bräuchten. Ich wendete mich an meine Eltern Roland Fleischer (geboren in Neppendorf) und Melitta Rühn Fleischer (geboren in Hermannstadt) und fragte sie nach ihrer Meinung. Sie unterstützten mich und drückten mir die Daumen.

So brachte mich Stefan nach Leipzig, wo er schon viel Zeit mit dem Moonbuggy verbracht hatte. Ausgestattet mit Rennequipment und dem vierrädrigen Fahrzeug samt Reifenluftdruckmessgerät und GPS-Logger machten wir uns auf den Weg zu einem Skate Park, wo wir trainierten und auch ich einmal lenken durfte. Aber das ging gleich schief, ich fuhr unseren Trainer an. Es ist aber nichts passiert.

Die Vorbereitungsphase verlief sehr gut. Wir hatten vor unserem Flug in die USA eine Pressekonferenz und ein Fotoshooting mit der dpa. Einen Tag später erschienen wir in vielen Zeitungen und Internetforen auf der ganzen Welt. Unser Selbstbewusstsein war gestärkt. Bloß eine Sache mussten wir noch schaffen: das Moonbuggy in unseren Koffern zum Wettkampf befördern. Wir haben es geschafft. Das ca. 90 kg schwere Moonbuggy wurde in seine knapp 400 Teile zerlegt und auf sechs Koffer und Handgepäck aufgeteilt. In Huntsville angekommen kam ich aus dem Staunen nicht mehr raus. Für uns war alles neu – die siebenstündige Zeitverschiebung, die Essenskultur, die Autos und Straßen, die Supermärkte. Alles ist so viel größer als bei uns. Aber der Anlass unserer Reise war ja unser Moonbuggy, das in Huntsville für großes Aufsehen sorgte. Einen Tag nach der Ankunft bauten wir es in sechs Stunden auf und führten unsere erste Testfahrt mit einem Geschwindigkeitsrekord von 80 km/h durch.

Beim ersten Rennen am Freitag flogen wir regelrecht über die obstacles (Hindernisse – meine neue Lieblingsvokabel) und führten mit 3.31 Minuten für das Rennen und sechs Sekunden für das Auseinanderklappen und Draufsetzen. Typisch deutsch führten wir alles so synchron aus, dass wir exakt gleichzeitig fertig wurden und die Hände in die Luft schmissen.

Der zweite Tag begann sehr früh. Wegen der schnellen Zeit am Vortag mussten wir als erste starten. Damit unsere Reifen nicht durchdrehen, veränderten wir die Anfangsposition unserer Pedale und ich vergaß sogar nicht die Bordkamera zu betätigen. Wir merkten nach den ersten Hürden, dass sie höher geworden waren oder plötzlich Holzbalken und Reifen unter den Steinhaufen zum Vorschein kamen. In der Kurve „Luna-Tic“ mussten wir zittern. Wir fuhren so auf die Hürde, dass ich hinten ziemlich hoch in der Luft war und auf einem Rad aufkam. Ich hatte solche Angst, dass ich aus meinem Sitz falle oder sogar das Moonbuggy-Hinterteil auf mich drauf. Doch dann erinnerte ich mich an unser Interview beim Wetterkanal und meine lustige Beschreibung des Winkelbegrenzers und wusste, dass ich ja gar nicht umkippen kann. Und so war es auch, alle staunten und applaudierten und wir gaben wieder Gas. Der Rest ging ganz leicht, wir drifteten in den Mondkrater hinein und waren quasi schon im Ziel. Dann gab der Schiedsrichter unsere Zeit bekannt: 3.31 Minuten. Schon wieder!

Das restliche Rennen war sehr spannend, doch am Ende war klar: Wir sind in der Gesamtwertung eine Sekunde schneller als alle anderen. Wir haben es geschafft. Aber wir hatten nicht viel Zeit uns zu freuen, da wir unser Moonbuggy wieder auseinandernehmen mussten. Nach Preisverleihung und Essen ging es nach Hause. Alle waren müde, nur Stefan und ich quatschten fast die ganze Nacht durch. In der Früh ging es zurück nach Deutschland.

Im Nachhinein bin ich ganz froh, dass ich diese Erfahrungen mit Stefan machen durfte. Ich habe gelernt ihm zu vertrauen und viele Leute aus der ganzen Welt, aus Indien, Puerto Rico und sogar Rumänien, kennengelernt.

Stephanie Fleischer

Schlagwörter: Forschung, Oberth

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Neueste Kommentare

  • 07.08.2010, 11:55 Uhr von Schiwwer: Spannend und beeindruckend. Und mal was anderes. Ein großes, dickes Kompliment. [weiter]
  • 07.08.2010, 00:24 Uhr von pedimed: Ja Hermann Oberth hat ja auch, wenn die NASA nicht mehr weiter kam ,in Texas für Wernher von Braun ... [weiter]

Artikel wurde 2 mal kommentiert.

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