14. Juni 2022

Interview mit Brigitte Jöhl über die Jugendarbeit der Sektion Karpaten des DAV im Raum München

Seit 2020 gibt es im Raum München wieder eine aktive Familien- und Jugendgruppe in der Sektion Karpaten des Deutschen Alpenvereins (DAV). Die Gruppe wurde von Brigitte Jöhl (48 Jahre), Mutter von zwei Söhnen im Alter von 14 und 12 Jahren, im Sommer 2020 zum Leben erweckt. Brigitte (geb. Gross) wurde in Heltau geboren und übersiedelte mit 18 Jahren in die Bundesrepublik Deutschland. Hier absolvierte sie ihr Abitur und das Geographiestudium, heiratete und ließ sich im Westen Münchens nieder. Ihre Lieblingsbeschäftigungen außerhalb des Bergsports sind Joggen, mit den Söhnen Tischtennis spielen sowie gemeinsame Spiele- und Fernsehabende, Fotografieren, Tanzen. Als schönstes Erlebnis nannte Brigitte ein Erlebnis aus ihrer eigenen Jugend – eine Höhlenübernachtung in den Karpaten mit Erkundung von unerschlossenen Gängen. Heute sind ihre Lieblingsgebiete das Lechquellengebirge und die Stubaier Alpen. Das nachfolgende Interview mit Brigitte Jöhl führte Irina Olarescu-Reuss.
Wie kamst du zu deiner Leidenschaft für Natur und Berge?

Zum einen durch meinen lieben Großvater Geza, der mir in der Kindheit immer wieder von seinen Erlebnissen seiner Jugend erzählt hat. Er war ein Naturliebhaber und sehr viel mit dem Zelt in den Bergen rund um Kronstadt unterwegs. Er gehörte zu denjenigen, die beim Bau der Hütten am Königstein / Piatra Craiului mitgewirkt haben. Mein Großvater verstarb, als ich 16 Jahre alt war, und dennoch hat er meine Brüder und mich in jeder Hinsicht sehr geprägt.
Brigitte Jöhl. Foto: Thomas Jöhl ...
Brigitte Jöhl. Foto: Thomas Jöhl
Zum anderen kam ich mit 14 Jahren durch eine Freundin zum Wanderverein „Magura“ in Heltau und war ab diesem Zeitpunkt mit meinem Juniorenteam unzählige Wochenenden im gesamten Karpatenraum unterwegs. Wir haben zahlreiche Wettkämpfe im Bergsteigen und Orientieren bestritten und viele Pokale gewonnen. In den vier aktiven Jahren bis zur Ausreise nach Deutschland lernte ich Natur und Menschen schätzen, Flora, Fauna und geologische Besonderheiten kennen, sowie den Umgang mit Karte und Kompass. In Deutschland wurde ich dann Mitglied im DAV. Bei der Sektion Karpaten fühle ich mich aufgrund der gemeinsamen „Wurzeln“ und Mentalität zuhause.

Welche Rolle hast du in der Sektion?

Seit August 2021 bin ich beim DAV ausgebildete Familiengruppenleiterin und als solche organisiere ich Touren für Familien und Jugendliche. In diesem Jahr werde ich zudem die Fortbildung „Klettersteige mit Kindern“ absolvieren.

Warum engagierst du dich in der Jugendarbeit? Was ist deine Motivation?

Über die Jahre ist mir klar geworden, dass schöne Erlebnisse in der Jugend das ganze Leben prägen! Sie formen einen Menschen charakterlich. Natur und Berge sind meine „Kraftquelle“. Ich möchte Kindern und Jugendlichen, insbesondere meinen Söhnen, die bei meinen Touren dabei sind, etwas zurückgeben! Ich möchte mein Wissen, die Liebe zur Natur und den Bergen vermitteln und den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, die Vielfalt des Bergsports kennenzulernen. Es ist mir wichtig, ihnen schöne, bleibende Erlebnisse zu schenken, von denen sie ein Leben lang profitieren können. Außerdem versuche ich ihren Blick für Details, aber auch für das große Ganze einer Landschaft zu schärfen. Denn insbesondere für die jüngeren Generationen mit den aktuellen Umweltproblemen ist es wichtig, die großen Zusammenhänge zwischen Wetter, Klima, Vegetation, Einfluss des Menschen zu kennen und zu verstehen, damit sie sich für den Schutz und Erhalt ihrer Welt stark machen können. Diese Zusammenhänge verstehen sie am besten, wenn sie die Natur hautnah erleben. Neben den bergsteigerischen Fertigkeiten lernen die Kinder zudem Softskills, wie Umsichtigkeit, Teamgeist, Hilfsbereitschaft, aber auch Durchsetzungsvermögen. Die Bergerfahrungen stärken ihr Selbstbewusstsein. Und zu guter Letzt sind die Kinder die Zukunft unseres Vereins!

Welche Aktivitäten bietest du an?

Bei der Auswahl der Aktivitäten richte ich mich nach dem Interesse der Kinder und Jugendlichen. Die Jugendlichen ab ca. zehn Jahren haben den größten Spaß am Klettersteig. Von zwei Klettersteigtouren sind Berichte im Jahrbuch und auf der Website der Sektion Karpaten veröffentlicht.

Ebenfalls beliebt ist das Hüttentrekking mit Gleichaltrigen. Die Kinder genießen die gemeinsame Zeit und vor allem die Nachmittage und Abende an den Hütten, die ihnen nach der Tour zur freien Verfügung stehen. 2020 waren wir auf Hüttentrekking in den Stubaier Alpen und im August 2022 werden wir fünf Tage im Steinernen Meer unterwegs sein.

Aufgrund der Freude am Kraxeln gibt es 2022 für die Jugendlichen, zusätzlich zu den Klettersteigtouren, zum ersten Mal ein Ausbildungswochenende mit Schwerpunkt Klettern/Klettersteige im Rofan.

Für Familien mit jüngeren Kindern bietet sich die Teilnahme an unseren leichten Familienwanderungen im Frühjahr und Sommer sowie der Herbstwanderung an. Interessant für jüngere Kinder ist auch die Ski- und Rodelwoche in den Faschingsferien, die bei den Kids ebenfalls sehr gut ankommt. In den Faschingsferien 2022 waren wir im Tannheimer Tal. Den meisten Spaß hat unser Nachwuchs, wenn andere Kinder bei den Aktivitäten dabei sind, und am schönsten finden sie die gemeinsamen Hüttenabende mit Gleichaltrigen. Über Zuwachs in unserer Familien- und Jugendgruppe würden wir uns sehr freuen.

Deine Zukunftsvision in der Sektion?

Die Jugendgruppe Stuttgart und München streben zukünftig einen engeren Austausch und auch die eine oder andere gemeinsame Aktivität an. Patrick Kelp, unser Jugendreferent, hat seit der Übernahme des Referates 2021 in Stuttgart die Klettergruppe für die Jugend ins Leben gerufen. Zudem engagiert er sich im Freeriden und organisiert Klettersteigbegehungen für Jugendliche ab ca. 17 bzw. 18 Jahren. Ein gemeinsames Klettersteig-Wochenende oder die Faschingsferien gemeinsam beim Skifahren zu verbringen würde uns viel Freude bereiten.

Vielen Dank für das Gespräch.

Schlagwörter: DAV, Sektion Karpaten des DAV, Jugendarbeit, München, Jöhl, Sektion Karpaten

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