20. Oktober 2025

Gelungener Tag der offenen Tür des Verbandes in München

„Wir sollten mal einen Tag der offenen Tür machen, vielleicht werden wir da die Bücher aus dem Keller los.“ Was vor bald sechs Jahren als Scherz zwischen zwei Mitarbeitern der Geschäftsstelle angefangen hatte, wuchs sich schnell zu einem ernst gemeinten Vorhaben aus: Zum 70. Geburtstag der Siebenbürgischen Zeitung überlegte der Verband der Siebenbürger Sachsen zum ersten Mal, seine Türen zu öffnen und dabei zugleich sein öffentlichkeitswirksamstes Produkt, die Zeitung, in den Fokus zu rücken. Die Corona-Pandemie machte 2020 jedoch all diese Pläne zunichte. Nun, zum 75-jährigen Jubiläum der Siebenbürgischen Zeitung, konnte das Vorhaben zusammen mit der Kreisgruppe München endlich in die Tat umgesetzt werden, und die Türen der Karlstraße 100 wurden geöffnet. Die Premiere war ein voller Erfolg dank gut organisierter Gastgeber, abwechslungsreichem Programm und interessierter, fröhlicher Gäste. Ein Blick zurück auf den 27. September.
(Sich) bescheiden in der Bundesgeschäftsstelle: Von außen ist kaum zu erkennen, dass sich im Erdgeschoss des Gebäudes die Zentrale eines bundesweit tätigen, mitgliederstarken Verbandes befindet. Die knallblauen Plakate mit der roten Tür zeigten den Besuchern an diesem Tag schon von Weitem, dass sie richtig waren. Die Büros und der große Gemeinschaftsraum waren genau passend, um die Besucher zu Gesprächen im Kleinen oder Vorführungen im Plenum einzuladen.

Bücher, Broschüren, Beitrittserklärungen: Der Austausch in den Büroräumen war so vielfältig wie die Gästeschar selbst. Mal ging es ganz grundlegend um die Siebenbürger Sachsen, mal um das Leistungsspektrum des Verbandes, häufig wollten die Leute aber ganz schlicht wissen: „Und was gibt es hier so?“ Beim Bücherflohmarkt wiederum standen viele vor der Frage (und der Waage): „Wie viel Kilo Buch will ich mit nach Hause nehmen?“ Und nein, der Keller ist nicht annähernd leergeräumt.

Braas bis Droos: Eigentlich ist der Flur recht kurz und die hinteren Büros sind schnell erreicht, doch wer sich an den Wänden die Ausstellung „Von Braas bis Droos. Kreuz und quer durch 75 Jahre Siebenbürgische Zeitung“ durchlesen wollte, kam nur Zentimeter für Zentimeter weiter. Zahlreiche Besucher nutzen die Gelegenheit, in die frühen Jahrzehnte der Zeitung einzutauchen und sich eine Auswahl belustigender, berührender oder bemerkenswerter Artikel durchzulesen. Eigens für den Tag der offenen Tür wurde zudem ein Online-Quiz erstellt, in dem man sein Wissen über die Siebenbürgische Zeitung testen kann: www.siebenbuerger.de/go/4Q.

Besucher: München und das Umland der Stadt waren stark vertreten, doch auch aus Franken, Bayerisch-Schwaben und Niederbayern machten sich Menschen auf den Weg, um bei ihrem Verband hinter die Kulissen zu sehen. Neben einigen Nachbarn fanden sich auch Passanten ein, die auf der Straße auf Beachflags und Plakate gestoßen waren. Die allermeisten Gäste waren Verbandsmitglieder, einer seit fast 75 Jahren.

Das Anfassen war beim Urzelanzug ausdrücklich ...
Das Anfassen war beim Urzelanzug ausdrücklich erlaubt, das Hasenfell an der Maske erkannte die bayerische Aussiedlerbeauftragte und Tierärztin Dr. Petra Loibl (rechts) aber schon mit bloßem Auge. Foto: Wilhelm Jakob Hermann
Bund und verbündet: Neben dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Dr. Bernd Fabritius, der Beauftragten für Aussiedler und Vertriebene der Bayerischen Staatsregierung Dr. Petra Loibl sowie der Generalkonsulin von Rumänien in München Miheia-Mălina Diculescu-Blebea beehrte auch der Münchner Bundestagsabgeordneter Prof. Dr. Hans Theiss den Verband mit einem Besuch. Falls Sie sich die Frage stellen: Ja, hinter dem Namen steckt ein sächsischer Großvater.

Buchstaben und Bilder: Im Büro von Detlef Schuller herrschte großes Gedränge, als er an der Leinwand erklärte, wie das Zeitungsteam aus Bildern, Texten und Schlagzeilen eine Seite der Siebenbürgischen Zeitung gestaltet. Das Interesse war riesig: Wie werden Artikel angenommen und redigiert? Wie müssen Bilder bearbeitet werden, damit sie auch auf dunklem Zeitungspapier gut zu sehen sind? Was kann man außer Kürzen noch machen, damit ein Text genau in die Spalte passt? Mit Blick auf eine konkrete Zeitungsseite im Layoutprogramm („Ich hab‘ da mal was vorbereitet …“) konnten die Zuhörer alle Fragen stellen, die ihnen durch den Kopf gingen.
Detlef Schuller (an Tastatur sitzend) erklärte ...
Detlef Schuller (an Tastatur sitzend) erklärte den aufmerksamen Zuhörern, wie eine Zeitungsseite entsteht. Foto: Christian Schoger
Borboljen: Sie verstehen Sächsisch, wissen aber trotzdem nicht, was Borboljen sind? Dann sind Sie entweder nicht aus Hamruden und/oder kennen schlichtweg nicht alle 27 Begriffe, die auf Sächsisch für die Kartoffel verwendet werden. Bei „Mundart interaktiv“ ließ Kulturreferentin Dagmar Seck das Publikum Gruppenarbeit machen, Rätsel raten („Was kocht man in Schirkanyen, wenn man Kåmpützen kocht?“), die Vielfalt der Lautvarianten bestaunen („Bitte sagen Sie Brot in Ihrer Mundart!“) und sieben Kröten besingen, um am Ende zu zeigen: Wir verstehen uns eigentlich ganz gut, wenn wir wollen, auch wenn manches wirklich kurios ist.

Binder aus Braşov: Eine wunderbare Gelegenheit, etwas über das Leben in Kronstadt heute zu erfahren, bot das Gespräch mit Petra Antonia Binder und ihrer Jugendtheatergruppe des Vereins Cu timp pentru culturǎ (Zur Zeit : Kultur). Ab Vorabend erst hatten die sieben jungen Frauen ihr Stück Abua bua bua im Haus des Deutschen Ostens aufgeführt, nun stellten sie die Ergebnisse des Workshops vor, der sich an die Aufführung angeschlossen hatte. Zusammen mit Mitgliedern der örtlichen Jugendtanzgruppe war es dabei u.a. darum gegangen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es zwischen Kronstädter und Münchner Jugendlichen gibt und wo sie Berührungspunkte zur siebenbürgischen Geschichte haben.
Der Austausch mit Petra Antonia Binder (rechts ...
Der Austausch mit Petra Antonia Binder (rechts stehend) und ihrer Jugendtheatergruppe aus Kronstadt schlug eine Brücke in die alte Heimat. Foto: Rainer Lehni
Bänder und Borten: Was wären die Siebenbürger Sachsen und ganz besonders die Sächsinnen ohne ihre Tracht? Und was wäre die Tracht ohne Handarbeit? Der Handarbeitskreis der Kreisgruppe präsentierte im Büro des Kulturwerks alte und neue Produkte emsiger Fingerfertigkeit, was die Besucher nicht schlecht staunen ließ. Die Damen scheuen den Aufwand nicht, wenn es beispielsweise darum geht, den Nachwuchs der Kindertanzgruppe mit Trachtenteilen zu versorgen. Am Tag der offenen Tür sah es danach aus, als hätten sie neue Mitstreiterinnen für ihren Kreis gewinnen können. Bestaunen und anfassen konnte man Borten und Bänder auch im Büro der Bundesgeschäftsführerin, die ausgewählte Teile ihrer eigenen Tracht präsentierte.

Bambini: Die Kindertanzgruppe München erfreute die Besucher am Vormittag mit ihrem Auftritt und ließ auch auf einigen Balkons der Nachbarschaft die Augen und Herzen aufgehen. Am Kinderpavillon wurden den ganzen Tag über blaue und rote Luftballons aufgeblasen, Kirchenburgen ausgemalt und gebastelt.
Die geschmierten Brote waren äußerst beliebt. ...
Die geschmierten Brote waren äußerst beliebt. Foto: Christian Schoger
Bierbänke, Brot und Backerei: Zehn Biertischgarnituren, geschmierte Brote mit Fett und Zacuscǎ, selbstgemachter Kuchen, dazu ein Tuppes gutgelaunter Landsleute – bestens umsorgt von den zahlreichen Helfern der Kreisgruppe München konnten sich die Gäste auf der kleinen Grünfläche vor der Geschäftsstelle um ihr leibliches Wohl kümmern und entspannt Gespräche führen. Wer lieber spielte statt zu reden, schnappte sich das Mundart-Memo und trainierte mit sächsisch-deutschen Wortpaaren sein Gedächtnis. Der Prototyp hat seinen Testlauf beim Tag der offenen Tür bestanden, ab Ende November soll das Spiel mit leicht überarbeitetem Design im Shop des Verbandes erhältlich sein.
Bei der Reklich Med war auch das Publikum ...
Bei der Reklich Med war auch das Publikum eingeladen mitzutanzen. Foto: Christian Schoger
Bal in de Straat: Der große Innenhof der Karlstraße 100 war wie gemacht für den Auftritt der Jugend- und Erwachsenentanzgruppe. Hier gab es für die zehn Paare genügend Platz, ihr Können (erstmals gemeinsam) unter Beweis zu stellen und am Ende sogar noch das umstehende Publikum in einem großen Kreis zum Tanz zu bitten. Neben der Reklich Med war auch der Bal in de Straat schnell gelernt und sorgte für rote Wangen und viel Heiterkeit. Nach einer kurzen Verschnaufpause lud Tanzleiterin Martina Schorsten zum finalen Programmpunkt des Tages ein, und zwar zur Trachtenschau, bei der sie zusammen mit elf Tanzgruppenmitgliedern verschiedene Trachtenregionen Siebenbürgens vorstellte.
Die Trachtenschau wurde moderiert von Martina ...
Die Trachtenschau wurde moderiert von Martina Schorsten (rechts): Foto: Christian Schoger
Beteiligung, Begegnung, Beziehungsarbeit: Der Tag der offenen Tür hat sein Ziel in jedem Fall erreicht. Die Gäste konnten die Menschen hinter dem Verband kennenlernen, Einblicke in sonst nicht sichtbare Vorgänge erhalten, sich in ihrem Tempo und nach ihrem Geschmack informieren und dabei an zahlreichen Dingen teilnehmen. In angenehmer Atmosphäre und bei bester Stimmung kam es zu guten Gesprächen und interessanten Begegnungen. Einige Besucher sind fast den ganzen Tag geblieben, der im Nu verflog. Ein schöner Nebeneffekt der gemeinsamen Veranstaltung war, dass sich auch die Kreisgruppe und die Geschäftsstelle noch etwas besser kennengelernt haben.

Dank gebührt den Mitarbeitern der Geschäftsstelle, den ehrenamtlichen Helfern aus der Kreisgruppe sowie aus befreundeten Landesverbänden, dem Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen und dem Bayerischen Sozialministerium für die Förderung sowie den Gästen, die so gute Stimmung verbreitet haben. Der Verband hat sich nach innen und außen mit einer beachtlichen Bandbreite an Programmpunkten bestens präsentiert. Mögen Blasmusik, Burgen, Bier und Barbecue auch gefehlt haben, so gab es doch unzählige Bs, die die Besucher begeistert haben.

„Brote, Brauchtum und Büros … Mal schauen, ob ich genügend Wörter mit dem Anfangsbuchstaben B finde, um damit meinen Bericht zu schreiben.“ Was vor wenigen Tagen als Scherz der Bundeskulturreferentin angefangen hatte, wuchs sich schnell zu einem ernst gemeinten Bericht aus. Denn: Ist uns der Buchstabe B nicht von allen am nächsten? Wer kennt nicht das Kürzel „7B“, das für Siebenbürgen steht? Zählen Sie mal die Wörter im Titel dieses Artikels…

Dagmar Seck

Sehen Sie dazu die Bildergalerien:

Volles Haus beim Tag der offenen Tür (Christian Schoger)

Tag der offenen Tür in München (Heike Mai-Lehni, Rainer Lehni)

Tag der offenen Tür des Verbandes (Wilhelm Hermann)

Schlagwörter: Verband, Bundesgeschäftsstelle, Tag der offenen Tür, München, Bernd Fabritius

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