5. November 2022

Kreisgruppe Düsseldorf: Integration von (Spät-)Aussiedlern am Beispiel der Siebenbürger Sachsen. Diskussionsabend mit Impulsvorträgen

Im Düsseldorfer Gerhart Hauptmann Haus (GHH) fand am 22. September eine Veranstaltung zum Thema „Integration am Beispiel der Siebenbürger Sachsen“ statt. Die Veranstaltung wurde von Horst K. Dengel, Vorsitzender der Kreisgruppe Düsseldorf, der auch die Moderation der Veranstaltung innehatte, initiiert und zusammen mit Prof. Dr. Winfried Halder, Direktor des GHH, vorbereitet.
In seiner Einführungsrede nannte Horst Dengel als Ziel dieser Veranstaltung, die Integration der Siebenbürger Sachsen in Deutschland aus verschiedenen Perspektiven realistisch zu beleuchten. Er erinnerte an die Umstände und Gründe der Aussiedlung und wies darauf hin, dass die Integration der Siebenbürger Sachsen einerseits als Vorbild der Integration von Aussiedlern gilt. Andererseits belegen Umfrage- und Gesprächsergebnisse sowie Analysen in Bezug auf die selbstempfundene Integration auch offensichtliche Differenzen zwischen den Aussiedlern. Je nach Alter, Aussiedlungszeitpunkt, Ausbildung oder räumlicher Ansiedlung in Deutschland sind unterschiedliche Integrationswege und, damit verbunden, unterschiedliche (Neu)Identifikationen festzustellen. Es folgten drei Impulsreferate, gehalten von Prof Dr. Winfried Halder, Prof. Dr. Hans Ulrich Baumgarten, Abteilungsleiter im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, und Rainer Lehni, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. und zugleich Vorsitzender der Landesgruppe NRW.
Das Gruppenfoto zeigt die Vortragenden der ...
Das Gruppenfoto zeigt die Vortragenden der Veranstaltung (von links): Dr. Wilhelm Pelger, Uta Switek, Rainer Lehni, Horst K. Dengel, Prof. Dr. Hans Ulrich Baumgarten, Prof. Dr. Winfried Halder. Foto: Anna Dengel
In seinem beeindruckend gut dokumentierten Vortrag sprach Dr. Halder über die Definition des Begriffes Integration. Ausgehend vom Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS, Berlin) erläuterte er Integration als Einbeziehung, Eingliederung von bisher ausgeschlossenen Einzelpersonen oder Gruppen mit bestimmten abweichenden Merkmalen in umfassendere Gruppen oder in die Gesellschaft. Scherpunktmäßig wurde der Begriff in den Jahren 1960/1970 vor allem in Zusammenhang mit Gastarbeitern verwendet. Integration kann gelingen oder scheitern. Der Begriff bezieht sich v. a. auf Menschen mit Migrationshintergrund. Halder stellte auch ein vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge definiertes Integrationsziel vor: „Ziel von Integration ist es, alle Menschen, die dauerhaft und rechtmäßig in unserem Land leben, in die Gesellschaft einzubeziehen. Dabei betrifft Integration uns alle - Alteingesessene wie Zugewanderte.“

Prof. Baumgarten sprach über die Rolle des Landes NRW bei der Integration der Aussiedler aus Siebenbürgen. 1957 übernahm die nordrhein-westfälische Landesregierung die Patenschaft für die Siebenbürger Sachsen. Diese wurde am 26. Mai 1957 im Landtag in Düsseldorf feierlich verkündet und 50 Jahre später ebenfalls bei einem Festakt in Düsseldorf nochmals bekräftigt. Mit Hilfe des Patenlandes wurde die am 17. Juni 1966 eingeweihte Siebenbürger-Sachsen-Siedlung in Drabenderhöhe errichtet und in den folgenden Jahren erweitert. Diese ist „ein gelungenes Beispiel von Beheimatung der Siebenbürgen Sachsen, ohne Aufgabe der Identität “, Ankunft, ohne die Wurzeln zu vergessen.

Reiner Lehni referierte über die Bedeutung des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e. V. für die Integration seiner Mitglieder in der neuen Heimat und fasste abschließend zusammen: Heute sei die Integration der Aussiedler aus Siebenbürgen und dem Banat praktisch erfolgreich abgeschlossen. Was nun als Hauptaufgabe anstehe, sei der Erhalt der Gemeinschaft.

Es folgten drei Beiträge über den persönlichen Weg der Integration in der Bundesrepublik. Uta Switek (geborene Lieb) kam, kaum drei Jahre alt, 1978 mit ihrer Familie in die Bundesrepublik. Im Rückblick war vor allem die Zeit in Rumänien vor der Ausreise für die Familie sehr anstrengend. Integration bedeutet für sie, im neuen Land in Harmonie mit seinen Bürgern zu leben. Dabei haben ihr die Werte, die sie von ihren Eltern mitbekommen hat, gut geholfen. Für sie war klar, dass Bildung wichtig ist, auch Bescheidenheit, Strebsamkeit. Geholfen haben ihr auch ihr gutes Gefühl für Sprachen, ebenso Hobbies, der Zusammenhalt in der Familie. In der neuen Heimat war Entwicklung für sie möglich. Sie hat eigentlich wenig Diskriminierung erfahren. Der Bericht von Peter Bruss, der krankheitsbedingt abwesend war, wurde von seiner Frau, Inge Bruss, vorgelesen. Die Familie, Eltern und vier Töchter kamen in das Auffanglager Unna Massen. Nach einem Einstellungsgespräch bei Daimler-Benz bekam Herr Bruss in kurzer Zeit eine Arbeitsstelle, die er bis zu seinem Ruhestand behalten hat. Die Ausgrenzung der Kinder in der Schule aufgrund ihrer Herkunft war bloß ein kurzes und vorübergehendes Phänomen. Alles in allem hat die Familie die Integration gut geschafft. Dr. Wilhelm Pelger sprach über seinen beruflichen Werdegang in der neuen Heimat, an dessen Beginn der Erwerb der Approbation, der Zulassung als Tierarzt zum Arbeitsmarkt stand. Dabei musste er sich für den rechtlichen Teil seines Berufes viele neue Begriffe und Bestimmungen aneignen. Nach seinem ersten Arbeitsplatz in Bayern, wo er sich nicht gut fühlte, ging er nach Drabenderhöhe. In der Nähe bekam er schon in der ersten Woche eine neue Arbeitsstelle. Hier fand er Anerkennung, Wertschätzung, ging er mit Freude zur Arbeit, hier fühlte er sich angenommen. Als Fazit können er und seine Frau sagen, dass ihre Integration gelungen ist. Dr. Pelger kennt aber auch Menschen, die sich nach der Auswanderung nicht integrieren und ihren Blickwinkel nicht ändern konnten, die immer noch in der Vergangenheit leben.

Nach den Vorträgen folgte eine lebhafte Diskussion. An der Veranstaltung nahmen auch Zuhörer ohne siebenbürgischen Hintergrund teil.

Ursula Baiersdorf

Schlagwörter: Düsseldorf, Integration, Vortrag, Rainer Lehni, Gerhart-Hauptmann-Haus

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