4. April 2006

Eine Bereicherung für den Großraum München

Eine vom Landesverband Bayern und der Kreisgruppe München erstmals organisierte Siebenbürgisch-Sächsische Kulturwoche hat das kulturelle Angebot im Großraum München bereichert und viel Zuspruch erfahren. Die Veranstaltungen vom 17.-19. März gehen auf eine Initiative des Landesvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius zurück und umfassten anregende Diskussionen, Darbietungen, ein Kinderprogramm und eine Führung in der Pinakothek der Moderne.
Abendgespräch rund um die Zeit

Als Bereicherung und Erfolg kann man die "Abendgespräche" mit Pfarrer Michael Gross werten, auch wenn sich am Freitag nur ein bescheidener Kreis im Haus des Deutschen Ostens einfand. Bereits das Thema des Vortrags, "Zeit in Siebenbürgen, Kalender und Feiertage", hatte neugierig gemacht und die anschließenden Fragen führten zu angeregten Gesprächen.

Pfarrer Gross referierte in einem spannenden Vortrag über die Zeit und den Jahrtausende währenden Versuch, diese zu gliedern. Bereits die vielen Anklänge und Zitate zu der Auseinandersetzung der Dichter mit dem Thema Zeit waren ein Genuss. Wenn wir heute ein Kalenderblatt mehr oder weniger achtlos abreißen und damit einen neuen Tag beginnen, machen wir uns in den seltensten Fällen klar, welche große kulturelle Leistung hinter den Daten unseres Kalenders steckt. Gross stellte die verschiedenen Kalenderformen vor, die die Entstehung unseres heutigen Kalenders begründet haben, den julianischen und der gregorianischen. Der Ägypter Sosigenes hatte die wissenschaftliche Arbeit geleistet, die zur Entstehung des julianischen Kalenders führte.

Der charismatische Pfarrer Michael Gross gestaltete ein aufschlussreiches Abendgespräch im Haus des Deutschen Ostens. Foto: Bernd Fabritius
Der charismatische Pfarrer Michael Gross gestaltete ein aufschlussreiches Abendgespräch im Haus des Deutschen Ostens. Foto: Bernd Fabritius
Doch der Vortrag beschränkte sich nicht auf das Thema Kalender im Allgemeinen - obwohl das alleine schon abendfüllend gewesen wäre -, sondern behandelte im Besonderen auch den christlichen Kalender, nach dem wir das kirchliche wie das bürgerliche Leben zeitlich ordnen. Das besondere Augenmerk des Referenten richtete sich auf das Osterfest, das, obwohl es ein beweglicher, von dem wechselnden Frühlingsvollmond abhängiger Feiertag ist, alle anderen kirchlichen Feste in seinen Bannkreis zieht. Für uns Hörer war es auch sehr interessant zu erfahren, wie der islamische und jüdische Kalender aufgebaut sind und wie die Festtage entsprechend wechseln.

Ein besonderer Genuss war das anschließende Gespräch. Vielfältig und anregend waren die aufgeworfenen Fragen, etwa nach dem Einfluss auf den Menschen, wenn es nie dunkel wird, oder die Auswirkung der Datumsgrenze. Das Interesse am Thema war so groß und die kompetenten Antworten von Pfarrer Gross waren so überzeugend, dass alle Teilnehmer noch lange diskutiert hätten. Aber vielleicht ergibt sich ja bald die Gelegenheit zu einem weiteren "Abendgespräch".

Heidemarie Schmidt



Am Samstagvormittag fand eine Veranstaltung für die Jüngsten statt. Franziska Schöpp, Kinderreferentin des Landesverbandes Bayern, hatte unter dem Motto "Märchen und Malen" in die Landesgeschäftsstelle eingeladen. Dort las sie siebenbürgische Märchen vor und ließ die Kinder nach Herzenslust malen, stempeln und bisweilen auch die Räumlichkeiten erkunden - auch wenn das eigentlich nicht auf dem Programm stand. Obwohl nur vier Kinder den Weg in die Karlstraße gefunden hatten, waren sie mit großem Spaß bei der Sache. Die Kinderreferentin beabsichtigt, weitere Veranstaltungen für die Jüngsten anzubieten.

Münchner Leistungsschau

Ein "Bunter Nachmittag" stand am Samstag, dem 18. März, auf dem Programm. Den Besuchern im Adalbert-Stifter-Saal des Sudetendeutschen Hauses wurde in der Tat ein bunter, unterhaltsamer Nachmittag geboten. Die von der Kreisgruppe München ausgerichtete Veranstaltung hat trotz oder vielleicht gerade wegen des guten Wetters die stolze Zahl von 200 Landsleuten und Freunden angezogen, die voll auf ihre Kosten kamen.

Eingeleitet wurde der Nachmittag, der unter dem vom Wettergott deutlich unterstrichenen Motto "Det Fräjohr kit" stand, von der "Original Siebenbürger Blaskapelle" unter der bewährten Leitung von Werner Schullerus. Durch das Programm führte der Kreisgruppenvorsitzende, der gleich zu Beginn Werner Schullerus die Glückwünsche der Kreisgruppe München zu seinem, am Vortag begangenen, 60. Geburtstag überbrachte. Die stellvertretende Vorsitzende Heidemarie Schmidt überreichte Schullerus ein Präsent der Kreisgruppe; das Publikum schloss sich der Gratulation mit anhaltendem Beifall an.

Eine Überraschung und einen Höhepunkt der Veranstaltung hatte gleich im Anschluss Dr. Bernd Fabritius bereit, der als Vorsitzender die Grüße des Landesverbandes überbrachte: Die Verleihung der Auszeichnung "Pro Meritis" an den Dirigenten und Lehrer Paul Staedel. Wie in dieser Zeitung berichtet, würdigte die Landsmannschaft den Leiter des Reußmarkter Chores für seinen langjährigen, unermüdlichen und vorbildlichen Einsatz für die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft und die Pflege ihres Kulturgutes, vor allem des Liedgutes. Die Verleihung wurde umrahmt von Mitgliedern des Reußmarkter und des Urweger Chores. Staedel, der erste Träger der Auszeichnung "Pro Meritis", dankte mit launigen Worten, wobei er seine Verdienste bescheiden relativierte und sie seinen Mitwirkenden und Schülern zuschrieb. Die Besucher ehrten Paul Staedel mit mehrfachem, lang anhaltendem Beifall.

Die Volkstanzgruppe München und die Jugendtanzgruppe München beim gemeinsamen Tanz auf der Bühne des Sudetendeutschen Hauses.	 Foto: Doris Roth
Die Volkstanzgruppe München und die Jugendtanzgruppe München beim gemeinsamen Tanz auf der Bühne des Sudetendeutschen Hauses. Foto: Doris Roth

Nach dieser wohlverdienten Ehrung ging es dann nonstop durch das Nachmittagsprogramm: Die "Original Siebenbürger Blaskapelle" unterhielt die Gäste mit schmissigen und altvertrauten Weisen, wonach die "Volkstanzgruppe München" unter der Leitung von Simon Spielhaupter ihr Können mit Sprötzer Achterrüm, Böhmerwaldländler und anderen Volkstänzen unter Beweis stellte. Vor ihrer Ablösung durch die "Jugendtanzgruppe München" unter der Leitung von Gerhard Martini konnten beide Gruppen mit gemeinsamen Tänzen bewundert werden. Die "Jugendtanzgruppe München" rundete den zweiten Teil des Nachmittags mit begeisternden Tänzen ab und erntete dafür viel Applaus. Im dritten Programmteil schließlich unterhielt ein gemischter Chor aus Mitgliedern des "Reußmarkter Chores" und des "Urweger Gesangvereins" unter der Stabführung von Michael Scherer die Besucher mit Gesangstücken und - dem Motto des Nachmittags entsprechend - mit Frühlingsliedern. Den Schlusspunkt setzte wiederum die "Original Siebenbürger Blaskapelle".

Bleiben als Höhepünktchen noch gar skurrile Auftritte eines fürwitzigen Bauern der Mediascher Gegend nachzutragen. In gelungener Verkleidung und mit echt komödiantischer Spitzenleistung entfachte Oswald Kessler zwischen den einzelnen Darbietungen nicht nur ständiges Schmunzeln und regelrechte Lachsalven im Publikum; er trug unter dem Possendeckmantel auch mehrere Mundartgedichte bekannter siebenbürgischer Dichter vor.

Als Fazit dieses ersten "Bunten Nachmittags" kann man mit Fug und Recht feststellen, dass es eine gelungene Veranstaltung war, die ein breites Spektrum an Unterhaltung bot und möglichst viele Folgeveranstaltungen hervorbringen sollte. Dank gebührt den Akteuren, die sämtlich professionelles Können demonstrierten, und den zahlreichen Besuchern, die die Akteure mit ihrem Beifall anspornten und belohnten. Ganz besonderer Dank aber kommt der stellvertretenden Vorsitzenden Heidemarie Schmidt zu, die als spiritus rectrix und mater circensium den "Bunten Nachmittag" maßgebend vorbereitet und bestimmt hat.

Rolf-Dieter Happe


Alte Lieder frisch verpackt

Ein weiterer Höhepunkt des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturwochenendes in München war der Auftritt der unter dem Namen "Lidertrun" auftretenden Hobbymusiker Karl-Heinz Piringer, Kurt Wagner, Hans Seiwerth und Michael Gewölb, unterstützt von Angela Seiwerth und zwei kleinen Musikanten aus dem Publikum. Die "Lidertrun" vorzustellen wäre müßig. Die vielen Gäste des Abends zeigten, dass sie bestens bekannt ist. Und diejenigen, die sie noch nicht gekannt haben, konnten sicherlich ihre Neugierde stillen und wurden mit einem unvergesslichen Abend belohnt.

Sie öffneten ihre
Sie öffneten ihre "Lidertrun" (von links nach rechts): Kurt Wagner, Karl Heinz Piringer, Angela und Hans Seiwerth, Michael Gewölb. Foto: Konrad Klein

Die Musiker haben durch die moderne Bearbeitung der Melodien und den Einsatz unterschiedlicher und auch unbekannter Instrumente alte siebenbürgische Volkslieder wieder zum Leben erweckt. Irisches Liedgut klang ebenso an wie die Töne alter Minnelieder. Dazu trugen sicherlich nicht nur die Bearbeitung der Lieder, sondern auch die eingesetzten Instrumente bei. Schalmei, Maultrommel, Mundharmonika, Klavier, Bordunzither oder die besondere Trompetengeige verstärkten diesen Eindruck. Die Töne der rumänischen Hirtenflöte ließen die weiten Almen der Karpaten vor unserem geistigen Auge aufscheinen und viele im Saal hatten bei Liedern wie "Klin wäld Vijelchen", "Ech gon af de Bräck" oder "De Brockt um Alt" das Bedürfnis mitzusingen. Die Fülle der Lieder, die zwanglose Präsentation sowohl der Mitglieder der Band als auch der Programmpunkte und der Musikinstrumente, die "geplanten" Zugaben haben uns einen unvergesslichen Abend beschert. Herzlichen Dank dafür!

Heidemarie Schmidt


Nicht nur Siebenbürgisches

Einen anregenden Vormittag unter kundiger Führung erlebte eine kleine Gruppe am 19. März in der Pinakothek der Moderne in München. Mit einer Einführung in das Konzept des Hauses, das gleich vier Museen in sich birgt, lernte man die Einrichtung aus ihrer ganz eigenen Sicht kennen. Vier bedeutende Museen aus den Gebieten der Kunst, Graphik, Architektur und Design sind unter dem Dach dieses Hauses untergebracht. Die Pinakothek der Moderne ist eines der weltweit größten Häuser für die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts.

Sie öffnet sich mittels einer Diagonale nach zwei Seiten und schafft eine Verbindung zwischen dem Kunstareal (Alte, Neue und Pinakothek der Moderne) und der Innenstadt. Dem Architekten Stephan Braunfels ist es gelungen, ein Haus des Lichts und der Begegnung zu schaffen. Das offene und großzügige Gebäude lädt ein, Zusammenhänge zu entdecken und neue Einblicke zu gewinnen.

Unter der kundigen Führung von Frau Dr. Best erhielten wir nicht nur Einblicke in das Konzept dieses Hauses und in die verschiedenen Kunstrichtungen, sondern konnten dank genauer Analyse einiger ausgesuchter Bilder unterschiedliche Kunstrichtungen erkennen. Die Zeit reichte natürlich nicht, all das Gesehene zu vertiefen, doch die Führung regte an wiederzukommen, sich mit vielseitigen Themen zu befassen und ließ den Wunsch aufkommen, regelmäßige "Kunst-Spaziergänge" zu organisieren.

Christa Wandschneider

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