10. März 2011

Herzensangelegenheit siebenbürgische Kirchenarchive

Am 27. Januar 2011 verstarb in Bielefeld Prof. Dr. Bernd Hey nach langer Krankheit im Alter von 68 Jahren. Am 5. Mai 1942 in Bielefeld geboren, besuchte er das dortige Ratsgymnasium und studierte Geschichte, Germanistik, Publizistik, Philosophie und Pädagogik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
Nach Referendariat und Dissertation arbeitete er als Wissenschaftlicher Assistent an der Pädagogischen Hochschule und der Universität Bielefeld. 1980 folgten die Habilitation in Geschichte und ihrer Didaktik an der Universität Bielefeld sowie die Berufung zum Privatdozenten und 1984 zum Professor. Lehraufträge in Illinois und Potsdam schlossen sich an. 1985-2007 war er Direktor des Landeskirchlichen Archivs der Evangelischen Kirche von Westfalen, 1997-2009 Vorsitzender des Vereins für Westfälische Kirchengeschichte, seit 2010 dessen Ehrenmitglied.

Prof. Dr. Hey war nicht nur für das Bielefelder Archiv und die Westfälische Kirchengeschichte von herausragender Bedeutung, sondern hat darüber hinaus vor allem in Siebenbürgen Unterstützung geleistet. Im September 1992 war er einen Monat in Mediasch und hat dort die Kirchenarchive von Kleinschelken und Pretai geordnet und verzeichnet. Die von ihm erstellten Findbücher dienten als Vorlage zur Verzeichnung der Archive und für die Erstellung der nachfolgenden Findbücher.

Damals reifte in ihm auch das große Interesse an der Geschichte Siebenbürgens, an dessen Landschaft und, damit verbunden, sein Engagement zur Rettung des dortigen kirchlichen Archivgutes. Dazu schreibt er in einem Aufsatz „Vom Lesen der Akten zum Verstehen der Landschaft – Annäherungen an Siebenbürgen“ (Geschichte in Wissenschaft und Unterricht H. 5/6, 2006, S. 331 ff.): „… und ich habe, um dies auch gleich zu sagen, auch beide Gemeinden besuchen können, wurde gastlich aufgenommen, herumgeführt und bewirtet, so wie ich auch meinen Arbeitsort Mediasch und seine Umgebung in der Freizeit und in den Arbeitspausen kennen lernte.“

Es folgten in den Jahren 1996, 2000, 2004 und 2008 Studienreisen mit seinen Studenten von der Uni Bielefeld nach Siebenbürgen, je eine Woche in der Hermannstädter Gegend und eine Woche in der Kronstädter Gegend. Dabei war er stets bemüht, ihnen die Geschichte der Siebenbürger Sachsen nahe zu bringen bzw. sie für die Mitarbeit zur Rettung des enormen Archivguts in Siebenbürgen zu begeistern.

Auf Dienstreisen nach Süddeutschland plante er immer wieder Abstecher nach Gundelsheim ein, ob es nun darum ging, in der Doublettenkammer zu stöbern, um neue Anschaffungen für die Archivbibliothek in Bielefeld zu erwerben, oder um gefährdete Archivalien mitzunehmen und diese in Bielefeld restaurieren zu lassen. So entstand in der Archivbibliothek des Landeskirchenamtes ein siebenbürgischer Handapparat mit über 400 Bänden zu und über Siebenbürgen, darunter beinahe alle Nummern des „Archivs für Siebenbürgische Landeskunde“ bis zum Zweiten Weltkrieg. Die Restaurierung der nordsiebenbürgischen Matrikeln (Kirchenbücher), die im Archiv in Bielefeld lagerten, und deren Auslieferung nach Gundelsheim waren für ihn eine Herzensangelegenheit. Aber nicht nur Archivgut, auch die Menschen in Siebenbürgen und aus Siebenbürgen waren ihm nahe. Dass im Jahr 2005 von zwölf Mitarbeitern in seinem Landeskirchlichen Archiv drei aus Siebenbürgen stammten, war sicher kein Zufall. Einer seiner größten Wünsche, nach der Pensionierung einen längeren Zeitraum im Friedrich-Teutsch-Haus und auch in Gundelsheim ehrenamtlich zu arbeiten, ging krankheitsbedingt leider nicht mehr in Erfüllung. Nun ist er von uns gegangen, aber seine Spuren in Siebenbürgen werden bleiben.

Hans Melzer

Schlagwörter: Archiv, Kirche und Heimat

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