6. Februar 2013

Heft 3/2012 der Vierteljahresschrift „Spiegelungen“ erschienen

Heft 3/2012 der vom Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München (IKGS) herausgegebenen Vierteljahresschrift Spiegelungen wird mit dem Beitrag „Das neue System des Minderheitenrechts in Ungarn“ eingeleitet.
Balázs Dobos, Mitarbeiter des ungarischen Akademieinstituts für Ethnische und Nationale Minderheiten, unternimmt in dieser Überblicksdarstellung den Versuch, aufgrund der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen neuen Verfassung Ungarns die neue einschlägige Gesetzgebung in ihren Grundzügen zu beschreiben und aufzuzeigen, welche Veränderungen sich dabei im Minderheitenrecht Ungarns ergeben haben. Den Aufsatz in der Rubrik „Das aktuelle Thema“ übersetzte Juliane Brandt aus dem Ungarischen. Es folgen literarische Beiträge, auch diesmal ausgewählt von Peter Motzan. Ein Fragment aus dem Reportagenroman „Athénée Palast“ von Rosie G. Waldeck (1898–1982) führt in die frühen 1940er Jahre, als sich die Südosteuropa-Korrespondentin von Newsweek in Bukarest aufhielt. Die erste Auflage des Buches, 1942 in New York erschienen und eine Zeitdiagnose bietend, erregte großes Aufsehen. Die in der Zeitschrift veröffentlichte Übertragung aus dem Englischen besorgte Dagmar Dusil.

Der Lyriker, Funk-, Dramen- und Drehbuchautor, auch Filmemacher Frieder Schuller überrascht mit dem Prosatext „Habe Weihnachten gesehen“, der die Geschichte eines Securitate-Offiziers kurz vor und nach der „Weihnachtsrevolution“ 1989 erzählt. Handlungsort ist der Hermannstädter Flughafen. Der in Jassy/Iași lebende Übersetzer, Publizist und Fotograf Michael Astner, 1961 in Großpold geboren, ist mit einem Lyrikzyklus vertreten.

In seinem Essay „Gulliver – eine Celan-Anverwandlung“ findet der Literaturwissenschaftler Martin A. Hainz eine neue Möglichkeit, Paul Celan zu lesen und zu interpretieren. In der Gestalt des Lagerüberlebenden Gulliver im Roman „Der Verdacht“ von Dürrenmatt erkennt Hainz ein Celan-Porträt, das es ihm erlaubt, das Werk und die Persönlichkeit des aus der Bukowina stammenden jüdisch-deutschen Dichters aus diesem Blickwinkel erkenntnisvertiefend zu deuten.

In der Rubrik „Aus Archiven und Nachlässen“ bietet Horst Schuller Einblick in die als Quelle noch nicht genutzten Kriegstagebücher des Schriftstellers Otto Folberth (1896-1991), der im Ersten Weltkrieg an der südgalizischen Front als österreichisch-ungarischer Offizier Dienst leistete. Für Spiegelungen hat der Herausgeber aufgrund der im Archiv des Siebenbürgen-Instituts in Gundelsheim aufbewahrten Dokumente, darunter auch Fotos, eine thematische Textauswahl getroffen, in der regionale Lebensformen, Charakterskizzen, Mentalitäten und Kollektivphysiognomien, Urkunden des Krieges, auch Liebesbegegnungen und die Sehnsucht nach Frieden erfasst sind. Danach den Beitrag über „Minderheit und Nationalstaat – Siebenbürgen und der Bukarester Zentralismus (1918-1940)“ von Florian Kührer zu lesen, ist lohnenswert: Unter welchen Bedingungen in dem nach dem Krieg entstandenen neuen Staat Großrumänien Minderheitenpolitik gestaltet worden ist, wird unter Beachtung zeitgenössischer Berichte aus der Kronstädter Zeitung verdeutlicht.

Sprachkundler und Dialektforscher, aber auch ein breiteres Publikum wird das Großprojekt interessieren, über das Projektmitarbeiter Johannes Sift einen Werkstattbericht vorlegt. Es handelt sich um ein Internetportal, das seit 2009 am Institut für Romanische Philologie der Ludwig-Maximilians-Universität in München in Zusammenarbeit mit dem Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der LMU (IKGS) und der IT-Gruppe Geisteswissenschaften der LMU existiert und eine umfangreiche Tondokumentation siebenbürgisch-sächsischer Dialekte zugänglich macht. Unter der Leitung von Thomas Krefeld, Stefan Sienerth und Stephan Lücke wird das in digitaler Form vorliegende Material aufbereitet, so dass es als Korpus für Fragestellungen unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen dienen kann. Außerdem soll in den nächsten Jahren ein Audio-Sprachatlas entstehen, der die siebenbürgisch-sächsischen Dialekte erfasst und ihnen „ein unvergleichliches Denkmal“ setzt, heißt es in dem Bericht. Als Datengrundlage dienen über 350 Stunden Audio-Material, im Wesentlichen von 1968 bis 1973 aufgenommen von Forschern der Universitäten Bukarest, Hermannstadt und Klausenburg.

Zum 85. Geburtstag des in Orawitza, im Banater Bergland geborenen Malers, Grafikers und Lichtkinetikers Prof. Franz Kumher, der nach seiner Deportation zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion 1946 nach Deutschland gelangte, wo er seither lebt und wirkt, würdigt Walter Engel das Gesamtschaffen des mehrfach, auch international geehrten Künstlers und verdienten Hochschullehrers. Reproduktionen von Werken Kumhers wie auch des bekannten Metallbildhauers Ingo Glass, über dessen Drei-Länder-Wanderausstellung und Ernennung zum Ehrenbürger Temeswars in der Zeitschrift berichtet wird, sind dem Heft als Kunstdruck beigegeben. Peter Motzan gedenkt der einer Temeswarer Familie entstammenden, 1917 in Budapest geborenen und 2011 im Alter von 94 Jahren in München verstorbenen Schriftstellerin und polyglotten Übersetzerin Mariana Șora.

Die „Rundschau“ der Spiegelungen wird mit einem Bericht über den Besuch von Kulturstaatsminister Bernd Neumann eröffnet, der Anfang August im IKGS, das von seinem Haus institutionell gefördert wird, zu Gast war. Informiert wird zudem über das Berliner Symposium über die Securitate und Oskar Pastior, über Herta Müllers „Niederungen“ auf der deutschen Bühne Temeswars und die Ehrung Hans Bergels mit dem Preis „Der Schriftsteller Kronstadts“. Das „Forum“ enthält einen ausführlichen Tagungsbericht zur Sektion des IKGS auf dem IX. Internationalen Kongress der Germanisten Rumäniens (Bukarest) sowie Berichte zur Konferenz der Kommission zur Geschichte der Deutschen in Südosteuropa über die wissenschaftliche Erschließung der Karpaten (Altwalddorf/Stara Lesna, Slowakei) und zur vom Karpatendeutschen Kulturverein initiierten Tagung über die Pressegeschichte der Karpatendeutschen (Karlsruhe).


Auslieferung, Vertrieb und Abonnementbetreuung erfolgen über: Intime Services GmbH, Postfach 13 63, 82034 Deisenhofen, Telefon: (089) 85709112. Preis: Einzelheft 6,15 Euro (zuzüglich Porto und Versand, Abonnement 22,50 Euro (einschließlich Porto und Versand).

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