Auf dem 15. Neujahrsempfang des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats am 11. Januar 2014 im Festsaal von Schloss Horneck in Gundelsheim begrüßte sein neuer Vorsitzender Hon.-Prof. Dr. Konrad G. Gündisch neben den rund 120 Gästen auch zahlreiche Repräsentanten, darunter den Ehrenvorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), Prof. Dr. Paul Philippi, Vorstandsmitglieder des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, zudem die beiden Referenten dieser festlichen Veranstaltung, Dr. Agathe Reingruber (Deutsches Archäologisches Institut, Berlin) und den Bundesvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius, MdB, die in ihren Vorträgen eindrücklich aus ihren jeweiligen Tätigkeitsfeldern, der Grabungsarbeit bzw. der Tätigkeit eines Bundestagsabgeordneten, berichteten.
Konrad Gündisch nutzte seine erste Neujahrsansprache zu einem konzentrierten Plädoyer für die Erhaltung der siebenbürgisch-sächsischen Kultur. Diese halte die Gemeinschaft zusammen und sei die Dimension, die in der Zukunft sowohl materiell als auch geistig übrig bleibe. Obwohl Kultur in Alltag und Politik oftmals nur ein Nischendasein führe, sei die Erhaltung und Pflege dieser Kulturleistungen eine für die Identität hoch bedeutsame Aufgabe und Verpflichtung. Dabei gehe der Blick nicht nur, aber doch auch selbstbewusst zurück in die Vergangenheit: Es gehe um den Erhalt einer Vielfalt von Erinnerung, Denkmälern und geistigen Werten, die sich auch in Tagungen und Büchern niederschlügen. Zugleich sei Kultur eine lebendige Kraft in dem, was heute geleistet werde in den jeweiligen Lebensverhältnissen und in vielfältigen Berufsfeldern. Diese Kulturleistungen stellten einen Reichtum für die gegenwärtige Gesellschaft dar.
Hon.-Prof. Dr. Konrad G. Gündisch bei seiner ersten Neujahrsansprache als Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates. Foto: Sieglinde Schuster Konkret wies Gündisch auf die Arbeit im Siebenbürgischen Museum hin, seine Sammlungen, Exponate und Ausstellungen, die wie die Arbeit des Kulturrats vom Bundesbeauftragten für Kultur und Medien im Projektwege gefördert würden. Ergänzend unterstrich er die Bedeutung des Siebenbürgen-Instituts an der Universität Heidelberg. Dieses Forschungsinstitut habe die Aufgabe, Archivalien zu sammeln und die Bibliothek, die mit mehr als 80000 Einheiten den außerhalb Siebenbürgens größten zusammenhängenden Buchbestand zu Siebenbürgen beherberge und ausbaue, für eine große Bandbreite von Interessierten, Forscherinnen und Forschern offen zu halten. Das Institut produziere Erinnerung, und es könne ohne Übertreibung jeden Vergleich mit anderen einschlägigen Institutionen bestehen. Es veröffentliche Bücher und Zeitschriften, treibe Forschungen voran, koordiniere Projekte und berate und fördere wissenschaftlichen Nachwuchs. Umso bedauerlicher sei der Ausfall der institutionellen Förderung durch Nordrhein-Westfalen seit 2005, die dankenswerterweise durch den weiterhin gewährten, konstanten Beitrag von Baden-Württemberg abgemildert worden sei und die dringendsten finanziellen Bedürfnisse decke. Dass durch großartige Eigenleistung, finanzielle Opfer, mit Selbstbewusstsein und gemeinschaftlicher Stärke diese Kulturleistung international und in Deutschland weithin Anerkennung finde und auf Respekt gebietendem Niveau fortgeführt werde, seien Pfunde, mit denen man wuchern müsse. Dieser gewichtige kulturelle Eigenbeitrag für die heutige Gesellschaft begründe aber auch das Recht und die Pflicht, dafür in Politik und Gesellschaft Unterstützung zu erbitten und zu fordern.
Die beiden Einrichtungen, das Siebenbürgische Museum und das Siebenbürgen-Institut, werden durch unverzichtbare Vereine und Institutionen bei ihrem Kulturauftrag unterstützt. Es sind dies neben dem Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde die speziellen Fördervereine. Besonders hob Gündisch die bemerkenswert erfolgreiche Arbeit der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek unter ihrem souveränen Vorsitzenden, Hatto Scheiner, hervor. Sie habe im vergangenen Jahr durch Erträge, Zustiftungen und Zuwachs bei Unterstiftungen ihr Kapital deutlich auf über zwei Millionen Euro ausbauen können. Dabei würdigte der Kulturratsvorsitzende das Ehepaar Hildegard und Günter Volkmer, das ohne direkte Erben verstorben sei und sein beträchtliches Gesamtvermögen der Stiftung vermacht habe. Gündisch erwähnte dies als „großartiges Beispiel“ und eine „bleibende Investition in Kultur“, weil so die Arbeit des Siebenbürgen-Instituts, wenn noch weitere Menschen diesem Vorbild folgten, zukunftssicher gemacht werden könne. Schon jetzt könne aus den Erträgen in bescheidenem Umfang anteilig Personal finanziert werden. Damit sei die Stiftung ein inzwischen unverzichtbares, vor allem aber auf dauerhafte Unterstützung angelegtes Fundament der Arbeit des Siebenbürgen-Instituts.
Auch der Förderverein des Siebenbürgischen Museums sorge in seiner Art für den Kulturerhalt, wie auch die Freunde und Förderer der Siebenbürgischen Bibliothek unkonventionell und rasch auf den Bedarf der Bibliothek reagieren könnten. Nicht zuletzt dankte der Redner dem Hilfsverein der Siebenbürger Sachsen „Johannes Honterus“ e.V., dem Eigentümer von Schloss Horneck, für die wunderbare Symbiose von Fürsorge und Kultur: Die Kultur bringe dem Haus und seinen Bewohnern auch Besuch von außen; schon auch deswegen werde ein gegenseitiges Geben und Nehmen zum beiderseitigen Vorteil erlebt. Er gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass diese Symbiose fortdauere. Schließlich bedankte sich Gündisch beim Bundesvorstand des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland für die enge Zusammenarbeit und Solidarität, die auch durch die Anwesenheit von drei Stellvertretenden Bundesvorsitzenden, Doris Hutter, Herta Daniel und Alfred Mrass, und des Bundesvorsitzenden selbst, Dr. Bernd Fabritius, unterstrichen wurde.
Nach dem Grußwort von Christa Andree als Repräsentation des Hilfsvereins „Johannes Honterus“, die das Bemühen betonte, auch weiterhin das Schloss Horneck als Raum der Kultur zu sichern, und der Vorstellung der neuen Heimleiterin Petra Hanelt ergriff als erster Referent der jüngst in den Deutschen Bundestag eingezogene Abgeordnete Dr. Bernd Fabritius das Wort. Er stellte in eindrücklicher und kurzweiliger Weise in einer kleinen Staatsbürgerkunde die landläufigen Vorurteile dem Arbeitsalltag des Parlaments gegenüber.
Der Bundesvorsitzende Dr. Bernd Fabritius gibt Einblick in seine Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter. Foto: Anneliese VaterDabei skizzierte er eine im vierzehntägigen Rhythmus stattfindende Arbeitswoche im Parlament, in Fraktions-, Ausschuss- und Plenarsitzungen, das Ringen um argumentative und thematische Klärung in einem arbeitsteilig funktionierenden Gesetzgebungsverfahren. Als Neuling konnte er durchaus mit einer gewissen Nüchternheit über den Parlamentsalltag sprechen. Als frei gewählter Abgeordneter und Vertreter des deutschen Volkes sei er seinem Gewissen verantwortlich, und kein Lobbyist für irgendwelche Partikularinteressen. Gemäß der auf dem Parlamentsgebäude eingemeißelten Widmung sei das Parlament „Dem Deutschen Volke“ verantwortlich, und er begreife sich deshalb auch verantwortlich für den gesamten deutschen Kulturkreis innerhalb und außerhalb der deutschen Staatsgrenzen. Dabei, so betonte Fabritius in der nachfolgenden Aussprache, werde erwartet, dass er sich auch zu aktuellen Diskussionen äußere, wobei ihm daran liege, u.a. ein sachliches Bild Rumäniens in der Öffentlichkeit zu vertreten und medial vermittelte Vorurteile oder kollektive Verallgemeinerungen zu korrigieren, er warnte aber auch davor, beispielsweise Bulgarien oder Rumänien rein unter wirtschaftlicher Perspektive als Arbeitskräftekolonie zu behandeln.
Im Anschluss an diesen Vortrag hielt die gebürtige Kronstädterin Dr. Agathe Reingruber ein wissenschaftliches, allgemeinverständliches Referat. Sie arbeitet beim Deutschen Archäologischen Institut in Berlin. Die promovierte Archäologin stellte die sensationellen Ergebnisse eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten interdisziplinären und internationalen archäologischen Ausgrabungsprojektes vor. Unter dem Titel „Die kupferzeitliche Siedlung Pietrele an der Unteren Donau und das älteste Gold der Menschheit“ präsentierte sie souverän und eloquent die Entwicklung und Verbreitung der seit der um 9000 v.Chr. beginnenden Sesshaftwerdung in der Spätsteinzeit von Zentralanatolien bis nach Südosteuropa um 6500 v.Chr. reichenden Siedlungshügel (Tepe).
Dr. Agathe Reingruber im Gespräch mit Hon.-Prof. Dr. Konrad G. Gündisch. Foto: Sieglinde SchusterIhre Ausläufer reichten bis zur Unteren Donau. Die nach den Fundorten Kodzadermen-Gumelnița-Karanovo-VI-Kultur benannte Lebensweise zwischen Neolithikum und früher Metallzeit entwickelte sich entlang eines Paläo-Sees, der – vor Erfindung von Rad und Wagentechnik – Transporte zu Wasser erlaubte. Die aus Lehm errichteten Gebäude und Siedlungen bildeten nach ersten Flachsiedlungen Ende des 6. Jahrtausends Siedlungshügel um 4700 v.Chr. aus. Die Forschungen ergaben arbeitsteilig und gewerbespezifisch strukturierte Siedlungssegmente. Die Gesellschaft differenzierte sich sozial aus. Für sie lassen sich überregionale Handelsbeziehungen nachweisen, die vor allem durch Import von Metall (Gold und Kupfer) und Graphit sowie Exporte von Feuersteinwerkzeugen gekennzeichnet sind. In Pietrele wurde der älteste, künstlich und künstlerisch hergestellte Goldschmuck der Menschheit gefunden. Herausragend sind die auf neuesten technologischen Forschungsmethoden basierenden Erkenntnisse deswegen, weil sie den Übergang vom Stein- zum Metallzeitalter und die sozialen und ökologischen Entwicklungen dieser Übergangszeit in der Mitte des 5. Jahrtausends erkennen lassen.
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