9. November 2025
„Jubiläum und Gedenken“: Themen- und ereignisreiches KulturWochenende auf Schloss Horneck
Schloss Horneck, eingebettet in eine farbenfrohe Herbstlandschaft, begrüßte vom 17. bis zum 19. Oktober seine Gäste zu einem KulturWochenende des Siebenbürgischen Kulturzentrums mit dem Motto „Jubiläum und Gedenken“: zehn Jahre seit der Gründung des Schlossvereins, 80 Jahre seit der Russland-Deportation, 500 Jahre seit der Zerstörung des Schlosses im Bauernkrieg, 775 Jahre seit der Übernahme des Schlosses durch den Deutschen Orden.

Ebenfalls gedankt wurde den Kulturpaten, die dieses KulturWochenende finanziell unterstützt haben: Elfriede Herter, Cristina und Werner Gohn-Kreuz sowie Dr. Ortrud Graeser und Dipl.-Ing. Gerhard Graeser, die auch die neue Broschüre über siebenbürgische Musikgeschichte, verfasst von Prof. Heinz Acker und Dr. Konrad Gündisch, finanziert haben. Die Paten wurden geehrt und erhielten eine Ehrenurkunde und ein Geschenk. Prof. Heinz Acker wurde danach für seine langjährige Arbeit im Schlossverein geehrt und zum „Hofkapellmeister von Schloss Horneck“ ernannt.
Helge Krempels gab einen Überblick zum Programm des Wochenendes, das auch diesmal in zur Thematik passende Musik eingebettet wurde. Es wurden Künstler/Referenten ausgewählt, die seit seiner Eröffnung 2020 das Kulturzentrum erfolgreich getragen haben.
Karl Untch eröffnete mit einer kurzen prägnanten Rede die Ausstellung „Jeder Strich bin ich – Vor- und Nachgedachtes“ mit Karikaturen, Cartoons und Grafiken seines Bruders, Wolfgang Untch, der seit seiner Kindheit zeichnet und malt und so die komplexe Welt der Siebenbürger Sachsen in Karikaturen übertragen hat. Im Flur vor dem Festsaal ausgehängt regte sie treffend zum Nachdenken und Schmunzeln an.
„Zukünftig erinnern – neue Annäherungen an die 80 Jahre Deportation“
Dr. Heinke Fabritius gedachte in ihrem Vortrag der Deportation der Siebenbürger zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion, ein traumatisches Ereignis in der siebenbürgischen Geschichte. Jürgen aus Siebenbürgen, Gesang, und Karl Untch, Mundharmonika, traten mit einem Lied auf, das während der Deportation entstanden ist: „Tief in Russland bei Stalino“ - eine tief berührende Einstimmung. Die Einfachheit der Melodie und der begleitenden Mundharmonika rührten das Publikum zu Tränen. Dr. Fabritius stellte junge Künstler vor, die sich mit neuen Mitteln dem schwierigen Thema nähern, über das Großeltern so wenig sprechen konnten und durften. Marc Schroeder lässt in seinem Fotobuch Zeitzeugen zu Wort kommen, die sich an die schweren Jahre der Deportation erinnern. Heike Schuster kann ohne Sprache mit ihrem Tanztheater „Gleis 3 – Auf den Spuren der nach Russland deportierten Rosa Lukesch“ ein breites Publikum erreichen. Maximilian Kern nähert sich durch den Film „Jenseits des Waldes“ der Deportation seines Großvaters. Dr. Petra A. Binder schreibt in ihrem Buch über die vergangenen 100 Jahre der Deutschen in Siebenbürgen und gestaltet dazu Workshops mit Jugendlichen. Im „Rimini Protokoll - Futur 4“ fragen sich Helgard Haug und Daniel Wetzel: „Was erwartet eine Generation von der nächsten? Welches Erbe wird übernommen? Lassen sich die Erfahrungen der Jugend heute noch mit der Jugend vor 50 Jahren vergleichen? Und wie sieht es mit der Jugend in 50 Jahren aus?“ Ein nachhaltig, sehr berührender Vortrag, finanziert aus den Mitteln des Bundesministeriums des Inneren.
Siebenbürgischer Liederabend
Die bekannte Gruppe De Lidertrun trat auf, der Angelika und Hans Seiwerth, Karl-Heinz Piringer und Michael Gewölb angehören. Sie nahmen das Publikum mit auf eine Zeitreise ins mittelalterliche Siebenbürgen, wie gewohnt begleitet mit vielen alten und zum Teil selbstgebauten Instrumenten. Es kamen Lieder zur Aufführung, wie: „Um Olt, um Olt, bäm gielen Rihn“, „Et soß en Katzken af dem Doch“, „Än Freck af der Bräck soß en däck Mäck“, „De Astern blähn ihnsem äm Guerten“, „Zwoa Sterndl am Himmel“ (aus dem landlerischen Liedgut) und einige neue Lieder, wie „Schatzken, moch mer’t Dirchen af“ sowie neue harmonisch klingenden landlerische Lieder.Als Ehrengast trat Ines Handel als Clown Pimpolino auf mit Geburtstagswünschen und einem Gedicht zum 10. Geburtstag des Schlossvereins. Als Clown verkündete sie die Weisheit: „Man kann nur fröhlich sein, wenn man auch traurig war“. Sie schreibt und illustriert Bücher, u.a. „Pimpolinos Abenteuer auf Schloss Horneck“, und hat eine langjährige Clownerfahrung.
Nach anhaltendem Applaus folgte in der Veranda Weinland des Schlosses ein langer Abend mit guten Gesprächen, guter Laune und spontaner Unterhaltungsmusik.
Deutscher Orden und 500 Jahre seit dem blutigen Bauernaufstand
Der zweite Tag des KulturWochenendes begann mit den angebotenen Schlossführungen: Historische Führung mit Dr. Konrad Gündisch; Spaziergang durch die Außenanlagen des Schlosses mit Dr. Horst Müller; bauliche Führung mit Dr. Axel Froese und Führung Siebenbürgische Themenwände im Schloss mit Heidrun Negura.Zum Thema „775 Jahre seit der Stiftung von Burg Horneck an den Deutschen Orden und 500 Jahre seit der Flucht des Deutschmeisters“ folgte ein interaktiver Vortrag mit dem Historiker Konrad Gündisch und dem Musiker Rupert Bopp.
Der Vortrag wurde immer wieder von der passenden Musik von Rupert Bopp untermalt, einem Musiker aus Starnberg, der bei seinen Auftritten mittelalterliche Musik mit elektronischen Elementen verbindet. Bei dem interaktiven Vortrag traten beide in mittelalterlichen Gewändern als Troubadour Ruprecht und als Chronist des Deutschen Ordens Conrad Cibiniensis de Provincia Transilvania auf.
Zu Beginn führten die Merseburger Zaubersprüche, gesungen in altdeutscher Sprache, ins tiefste Mittelalter. Durch den mittelalterlichen Hymnus „Christ ist erstanden“ wurde die Beziehung zum Deutschen Orden und zum Schloss hergestellt. Der Deutsche Orden, der in der Zeit der Kreuzzüge entstanden war, um Kranke und Verwundete zu versorgen, hatte Schloss Horneck bis 1525 in seinem Besitz. Konrad von Horneck wurde erster Komtur auf Horneck. Sein Sohn Werner folgte ihm nach. Er war lahm und wurde nach einem Besuch in Lourdes geheilt. Das „Palästinalied“ von Walther von der Vogelweide wurde von Troubadur Ruprecht auf der arabischen Laute begleitet, ein Instrument der Kreuzzugszeit. Der Sitz des Deutschmeisters wurde 1250 auf Horneck verlegt. 1525 wurde die Burg im Bauernkrieg zerstört und der Deutschmeister musste fliehen. Götz von Berlichingen, der Feldhauptmann der Nachbarburg Hornberg, soll die Bauern angeführt haben. Der italienische Tanz „Saltarello“ ist typisch für die Musik aus Bauernschenken damaliger Zeit. Dem Brand des Schlosses, der mit elektronischen Geräuschen gespenstisch von Bopps Instrument erklang, fielen alle Schriften des Deutschen Ordens zum Opfer.
Als nächster Programmpunkt folgte der Vortrag von Pfarrer Michael Gross: „Vergegenwärtigung im Jubiläum – Tradition und Erinnerung: woher sie kommt, worauf sie zielt.“ Michael Gross war lange Jahre Pfarrer in München und hat schon des Öfteren mit seinen tiefgründigen Vorträgen das Publikum auf Schloss Horneck beeindruckt. Er referierte, wie immer frei über die unterschiedliche Wahrnehmung des Vergehens von Zeit und die Hintergründe des Begriffs „Jubiläum“, ursprünglich eine Entlehnung aus dem Hebräischen. Ein Jubiläum zu begehen ist immer ein lebendiges Nachsinnen dessen, was einmal war, und eine Botschaft aus der Zeit, in der es begangen wurde. Im Griechischen gibt es zwei Begriffe für die Zeit: „Chronos“, die gleichmäßig verstreichende Zeit, und „Kairos“, die gute Gelegenheit, der besondere Zeitpunkt für wichtige Ereignisse. Ein Jubiläum wäre demnach Kairos, ein besonderer Zeitpunkt und man darf hoffen, dass Ereignisse, die am heutigen Tag anstehen, an einem zukünftigen Tag zum Jubiläum werden.

Hermann Depner fasste in einem Kurzfilm Eindrücke seit der Gründung des Schloss-vereins und der letzten fünf Jahre des Regelbetriebs zusammen. (Link demnächst auf www.schloss-horneck.de verfügbar).
Es folgte der Vortrag über die Ergebnisse der vor-restauratorischen Untersuchungen von Dr. Axel Froese, seit acht Jahren stellvertretender Vorstand des Vereins. Dazu folgt ein eigener Bericht. Ohne seine professionelle Unterstützung und sein enormes ehrenamtliches Engagement in Zusammenarbeit mit dem Architekten Peter Schell hätten der Schlossumbau und aktuell die Dachuntersuchungen nicht funktioniert. Nach dem Vortrag wurde gemeinsam das Schlosslied gesungen, getextet von Heidrun Negura, mit Karl-Heinz Piringer am Klavier.
Mitgliederversammlung
In der Mitgliederversammlung stand mit der Wahl des neuen Vorstands eine größere Veränderung an, weil tragende Mitglieder, nämlich Helge Krempels, Werner Gohn-Kreuz, Dr. Axel Froese, Heidrun Negura, ihre Arbeit im Vorstand beendeten und dafür neue Vorstände gewählt wurden. Als neue Vorsitzende wurde Heidi Mößner gewählt (wir berichteten in der Folge 17 vom 28. Oktober, S. 1 und 4). Helge Krempels wurde zum Ehrenvorsitzenden, die drei oben genannten Stellvertreter wurden zu Ehrenmitgliedern des Vereins ernannt. Der Dank galt ihrer langjährigen ehrenamtliche Arbeit und die guten Wünsche dem neu gewählten Vorstand.Gute Laune zum Geburtstag des Vereins
Der Tag klang mit dem musikalischen Programmpunkt „Happy Birthday Schloss-verein“ aus. Es traten acht Musikerinnen und Musiker auf, die dem Schlossverein schon jahre-lang die Treue gehalten haben: Bettina Ullrich mit Sohn Finn und Claudia Hrbatsch; Angela und Hans Seiwerth; Karl-Heinz Piringer, Georg Ongert und Jürgen aus Siebenbürgen. Als Erinnerung an fünf Jahre Schlossveranstaltungen wurde ein Potpourri an Gute-Laune Musik der letzten fünf Jahre angeboten. Bettina und Claudia traten mit europäischen Liedern und Bergliedern auf. Nach französischen, portugiesischen und spanischen Liedern spielt Hans Seiwerth ein rumänisches Hirtenlied und Finn spielt Trompete zu einem Berglied. Es folgte ein Block aus dem Programm der Freiheitslieder, u.a. mit Heinz Piringers solo „Über den Wolken“ von Reinhard Mey und zusammen mit Bettina Bob Dylans „Blowin‘ in the wind“. Bei dem Lied „Die Gedanken sind frei“ wird das Publikum zum Mitsingen aufgefordert. Ausschnitte aus dem Programm der 20er- und 30er-Jahre boten Bettina und Claudia. Georg Ongert (Cello) und Angelika Seiwerth (Klavier) spielten Miniaturen von Ernst Irtel. Begleitet von den anderen Musikern sang Jürgen aus Siebenbürgen Peter Alexanders „Die kleine Kneipe“. Es ist schön zu sehen, dass sich Künstler, die sich 2020 nicht kannten, nun im Schloss auf der Bühne zusammen auftreten und auch sonst Freunde geworden sind.
Im schönen Jugendstilsaal hielt die gute Laune bis spät nach Mitternacht an. Am Sonntagvormittag gab es von Prof. Heinz Acker die traditionelle Führung durch die siebenbürgische Musikgeschichte. Um 10 Uhr fand zum Abschluss der Veranstaltung im Festsaal eine feierliche Andacht mit Pfarrer Michael Gross statt, begleitet von Prof. Acker am Klavier. So wird dieses Jubiläums-Wochenende wohl allen Gästen nachhaltig in Erinnerung bleiben.
Krista Beer
Schlagwörter: Schloss Horneck, Gundelsheim, KulturWochenende, Mitgliederversammlung, Jubiläum
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