27. September 2016

Streiflichter aus der Geschichte der Siebenbürger Sachsen

Die Entwicklungen der siebenbürgisch-sächsischen Geschichte in ihrem achten Jahrhundert waren sehr komplex: Prägend waren die Erfahrungen der Revolution von 1848/1849, als Sachsen und Rumänen auf Seiten der Habsburger gegen die Ungarn standen, ebenso die Erfahrung mit den Magyarisierungsbestrebungen nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich, verbunden mit der Auflösung der Sächsischen Nationsuniversität, aber auch mit dem erfolgreichen Widerstand der Bischöfe Andrei Șaguna und Georg Daniel Teutsch, die den muttersprachlichen Unterricht retteten und die Verbindung zwischen Volk und Kirche stärkten.

Hoffnung auf nationale Gleichberechtigung (1849-1867)

Die Restauration der österreichischen Herrschaft begann mit harter Repression, die Ungarn reagierten mit der Verklärung ihres Freiheitskampfes, mit sich steigernder Ablehnung der Habsburger und mit zunehmendem Streben nach Eigenständigkeit, mit der verstärkten Tendenz, die anderen Völkerschaften „ihres“ Reichsteils zu magyarisieren.

Die Habsburger erklärten Siebenbürgen zum Kronland und trennten es von Ungarn. Der von Innenminister Alexander von Bach betriebene, überspannte Wiener Zentralismus machte jedoch auch vor der sächsischen Selbstverwaltung nicht Halt. Statt des angekündigten eigenen Kronlandes „Markgrafschaft Sachsen“ kam eine Verwaltungsreform, die ihre Stühle und Distrikte fünf neuen Kreisen zuschlug. Im Kontext der restaurativen Politik spielten gewiss auch die im Mai 1851 vom siebenbürgischen Gouverneur Karl von Schwarzenberg formulierten Bedenken eine Rolle: Die bisherigen sächsischen Institutionen trügen „so sehr das Gepräge demokratischer Prinzipien in sich“, dass zu fragen sei, „ob die Bewahrung des deutschen Elementes in dieser Richtung wünschenswerth zu nennen“ wäre.

Das neoabsolutistische „Bachsche System“ konnte sich auf Dauer nicht halten. Mit dem Oktoberdiplom von 1860 wurden wieder gewisse Freiräume im Rahmen einer neuen föderalistischen Konzeption gewährt, die „liberale Ära“ (1860-1867) eingeläutet. Die alten siebenbürgischen Gebietskörperschaften wurden wiederhergestellt, auch die Nationsuniversität wieder funktionsfähig gemacht. Im April 1861 trat Franz Salmen erneut sein Amt als Sachsengraf an. Er sprach sich dafür aus, dass „das freie Wahlrecht seinen Lauf nehmen und derjenige gewählt werde, der die Qualifikation des öffentlichen Vertrauens und die Mehrheit der Stimmung für sich hat; sei dies nun ein Sachse, ein Ungar oder ein Rumäne“. Die Forderung, alle – auch die ehemals untertänigen – sächsischen Gemeinden in den „Nationalkörper“ einzugliedern, deutete auf ein Umdenken. Statt vergeblich die alten ständischen Privilegien einzuklagen, wurde nun die Kräftigung der ethnischen Gruppe durch Zusammenschluss aller ihrer Angehörigen betrieben.

Am 15. Juli 1863 trat in Hermannstadt ein in seiner Art einzigartiger Landtag zusammen, mit 58 Rumänen, 56 Ungarn und Szeklern, 44 Sachsen als „eine alle Nationalitäten und Berufsklassen gleichmäßig umfassende Volksrepräsentation“. Er fasste weitreichende Beschlüsse, allerdings ohne die ungarischen Vertreter, die ihn bald verlassen haben: Gleichberechtigung der Rumänen und ihrer Konfessionen; amtlicher Gebrauch der drei „landesüblichen“ Sprachen. Diese Beschlüsse wiesen den richtigen Weg zur Koexistenz gleichberechtigter Völker im pluriethnischen Siebenbürgen und schufen die Voraussetzungen für die Integration des Landes in einen föderalistisch konzipierten österreichischen Gesamtstaat. Sie wurden zwar vom Kaiser zum Gesetz erhoben, jedoch in der Praxis nicht mehr angewandt.

Enttäuschung nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich (1867)

Denn nach der Niederlage bei Königgrätz (1866), die der „kleindeutsch“-preußischen Lösung der „deutschen Frage“ zum Sieg verhalf, verschärfte sich die außen- wie innenpolitische Krise Österreichs. Die Habsburger mussten einen Kompromiss mit den Ungarn suchen und fast zwei Jahrzehnte nach der Niederschlagung ihrer Revolution deren Forderungen weitgehend erfüllen. Damit wurden die Erwartungen einer einzigen Nation des Vielvölkerstaates berücksichtigt und die Hoffnungen auf ein eigenständiges Siebenbürgen begraben.

Dr. Carl Wolff, der Begründer des modernen ...
Dr. Carl Wolff, der Begründer des modernen Hermannstadt. Ölbild von Trude Schullerus (1940) nach einer Fotografie von Emil Fischer von 1910. Ev. Kirchengemeinde Hermannstadt, zur Zeit im Alten- und Pflegeheim „Dr. Carl Wolff“. Foto und Bildtexte: Konrad Klein
Der „österreichisch-ungarische Ausgleich“ oder „Dualismus“ von 1867 rettete vorerst die Idee des habsburgischen Gesamtstaates. Die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie, deren durch den Leitha-Fluß abgegrenzte Reichshälften wurden nur noch durch die Personalunion von österreichischem Kaiser und ungarischem König (k.u.k.) sowie durch die gemeinsame Außen-, Verteidigungs- und Finanzpolitik zusammengehalten. Siebenbürgen gehörte nunmehr zum ungarischen Transleithanien, dessen Regierung in Pest (ab 1873 in der durch Vereinigung von Ofen, Pest und Óbuda gebildeten Hauptstadt Budapest) residierte und in allen Bereichen der Innen-, Kultus- und Wirtschaftspolitik uneingeschränkt agieren durfte. Eine Lösung der „Nationalitätenfrage“ wurde auf diese Weise unmöglich.

Begründet mit der Gleichberechtigung sämtlicher Bürger wurden die „bisher je nach den politischen Nationen bestandenen Gebietseinteilungen, Benennungen, [...] Vorrechte und Privilegien“ aufgelöst, der Sachsengraf nicht mehr gewählt, sondern von der Regierung ernannt. Ungarisch wurde zur Staatssprache erhoben. Die sächsischen Abgeordneten bildeten im neuen Reichstag Ungarns zwar eine verschwindende Minderheit, doch konnten sie ihre Meinung zur Tagespolitik und zu den Gesetzentwürfen äußern und durch Interpellationen der Regierung auch unangenehme Fragen stellen.

Kompromiss oder Konfrontation: Alt- und Jungsachsen

An der Haltung gegenüber dem neugestalteten Staatswesen schieden sich die „sächsischen Geister“ in „Alt“- und „Jungsachsen“. Dabei handelte es sich weniger um einen Generationskonflikt, den die Bezeichnung dieser Parteiungen suggeriert, als um die notwendige Auseinandersetzung über den richtigen Weg. Insoweit kann von einem demokratischen Meinungsbildungsprozess gesprochen werden, den es in dieser Form unter den Sachsen noch nicht gegeben hatte. Hinter der Rivalität dieser Parteiungen standen auch handfeste Wirtschaftsinteressen, unter anderem um die Trassenführung der neuen Eisenbahnlinie, die entweder Hermannstadt oder Kronstadt begünstigt hätte.
Begehung der Eisenbahnstrecke Kleinkopisch – ...
Begehung der Eisenbahnstrecke Kleinkopisch – Hermannstadt am 4. Oktober 1872 in Salzburg (am 11. Oktober dem Verkehr übergeben). Freilich brachte erst die Eröffnung der Strecke Winz – Mühlbach – Roterturmpass 1897 Hermannstadt den Direktanschluss ans internationale Schienennetz. Bildarchiv Konrad Klein
Die „Altsachsen“ lehnten die Union ab und wollten, wie die Rumänen, das neue System durch politischen Passivismus boykottieren, wirkten aber dann doch im Parlament mit, um sich nicht selbst ins Abseits zu manövrieren. Auf lokaler Ebene aber machten sie ihren Autoritätsanspruch geltend: in der Nationsuniversität, in den Gemeindevertretungen und vor allem in der kirchlichen Hierarchie besetzten sie die Schlüsselpositionen. Sie agierten vornehmlich in Hermannstadt, unter Führung des Historikers, Gymnasiallehrers und Pfarrers Georg Daniel Teutsch, der 1867 zum Bischof gewählt wurde.

Die „Jungen“ sahen im neuen Ungarn eher Chancen, politische Ziele der Sachsen sowie persönlichen Aufstieg durch Kooperation mit der Budapester Regierung zu erreichen, standen deshalb dem Dualismus nahe. Sie fühlten sich den unternehmerischen Kreisen des aufstrebenden Wirtschaftszentrums Kronstadt verbunden. Unter ihren Politikern ragte der Schäßburger Pfarrer und Historiker Carl Fabritius (1826-1881) heraus.

Zwar arteten die Konflikte zwischen den beiden „Parteien“ oft in gegenseitige Anschuldigungen und Bösartigkeiten aus, doch war zumindest vorübergehend auch eine Einigung möglich, wenn es darum ging, eindeutige Übergriffe und die Bedrohung sächsischer Selbstbestimmung abzuwehren. Überdies wurde die Begeisterung der Sachsen für die deutsche Vereinigung in der Budapester Presse heftig attackiert. Ausgelöst wurden die Angriffe just von einer Feier der Jungsachsen in Kronstadt anlässlich des preußisch-deutschen Sieges über Frankreich.

In dieser Situation kamen Vertreter der beiden „Parteien“ am 4. Juni 1872 zum „Ersten Sachsentag“ in Mediasch zusammen und einigten sich auf ein gemeinsames „Nationalprogramm“. Die Loyalität zum Staat, dem die Sachsen angehörten, wurde nicht in Frage gestellt, das Deutschtum jedoch betont und auch ein Widerstandsrecht gegen Verordnungen und Beschlüsse angemeldet, die ihre Existenzgrundlagen in Frage stellten. Auch spätere Volksprogramme der Sachsen basierten auf diesen Gedanken.

Das Ende der Sächsischen Nationsuniversität

1876 wurden im Zuge einer Verwaltungsreform und der Neueinteilung der Komitate und Bezirke die Reste der mittelalterlichen Landesverfassung Siebenbürgens beseitigt. Die Szekler Stühle und die Nationsuniversität fielen ihr zum Opfer. Das oberste sächsische Repräsentations- und Administrationsorgan wurde aufgelöst, die Stühle und Distrikte zerschlagen und die Gebiete den Komitaten Hermannstadt, Großkokeln, Burzenland, Bistritz-Nassod, Oderhellen und Hunyad zugeordnet.

Eine „Stiftung Sächsische Nationsuniversität“ durfte nur noch über ihr Vermögen, den sächsischen Gemeinbesitz, verfügen. Es sollte jedoch nicht mehr allein den Sachsen, sondern allen Bewohnern des ehemaligen Königsbodens zugutekommen und durfte ausschließlich für kulturelle Zwecke ausgegeben werden.

Die Auflösung ihrer politisch-administrativen Institution besiegelte das Ende der seit dem Mittelalter bestehenden Standesnation der Sachsen. An ihre Stelle trat eine „Nationalität“ des Vielvölkerreiches, die zahlenmäßig immer eine Minderheit war und nun ausschließlich als solche, mit relativ geringen Möglichkeiten politischer Mitsprache, agieren konnte. Zum Refugium der Eigenidentität entwickelte sich die evangelische Kirche, ihr „Sachsenbischof“ wurde zur Integrationsfigur und anerkannten geistlichen wie weltlichen Autorität. Vor allem Bischof Georg Daniel Teutsch schaffte innerhalb der Kirche Nischen, in denen der Magyarisierung widerstanden werden konnte. Dem Umzug der evangelischen Kirchenführung aus dem abgelegenen Birthälm in das politische Zentrum Hermannstadt kam symbolische Bedeutung zu.

Wirtschaftliche Entwicklung

Der österreichisch-ungarische Ausgleich und die Verwaltungsreform von 1876 sind nicht nur vom Gesichtspunkt ihrer nationalitätenpolitisch bedenklichen Folgen zu beurteilen. Immerhin bildete sich in Transleithanien ein effektiver regierter, moderner Staat heraus, der die Voraussetzungen für einen Aufschwung des wirtschaftlich rückständigen Reichsteiles schaffte. Davon profitierten auch die Sachsen.
Die moderne Graugießerei der Maschinenfabrik ...
Die moderne Graugießerei der Maschinenfabrik Andreas Rieger in Hermannstadt wurde nach Wiener Plänen errichtet und 1910 in Betrieb genommen. Mit ihrer Röhrenfertigung trug sie maßgeblich zum Bau des Wasserleitungs- und Kanalisationsnetzes bei. 2014 wurde die Fabrik zum Kulturdenkmal erklärt, ein Industriemuseum ist angedacht. Foto: Emil Fischer, 1910. Bildarchiv Konrad Klein
Infrastrukturell war vor allem der Anschluss an das immer dichtere europäische Eisenbahnnetz von großer Bedeutung. Dem beharrlichen Bemühen von Dr. Carl Wolff war es zu verdanken, dass auch Hermannstadt den Anschluss an das Eisenbahnnetz erhielt: 1872 wurde die Linie nach Kleinkopisch eröffnet, die die Verbindung zur Trasse Klausenburg – Kronstadt gewährleistete; es folgten 1892 die zum Roten-Turm-Pass führende Strecke nach Talmesch, 1897 jene nach Winz, mit Anschluss an die Miereschtrasse, 1910 jene über Fogarasch nach Kronstadt. Pläne zur Regulierung des Alt, die einen Schifffahrtsweg von Hermannstadt zur Donau erschlossen hätten, scheiterten an den hohen Kosten.

In der Landwirtschaft wirkten sich die Bemühungen des 1845 gegründeten Vereins positiv aus, der ab 1871 zwecks Verbreitung moderner Methoden „Ackerbauschulen“ in Bistritz, Marienburg und Mediasch einrichtete und ab 1873 die Landwirtschaftlichen Blätter für Siebenbürgen herausgab. Genossenschaftliche Kreditorganisationen nach dem Vorbild Friedrich Wilhelm Raiffeisens förderten den Ankauf und Einsatz moderner Landwirtschaftstechnik.

Da investives Kapital kaum vorhanden war, entwickelte sich vor allem die Lebensmittel- und Konsumgüterindustrie. Gegründet wurden insbesondere Bierbrauereien (Hager- und Habermannbräu in Hermannstadt, „Czell“ in Kronstadt u. a.) und Fabriken, in denen Papier (etwa jene von Schiel in Bușteni und jene in Petersdorf), Leder (in Kronstadt, Hermannstadt, Mühlbach und Mediasch), Tuche und Textilien (z.B. bei „Scherg“ in Kronstadt, „Scherer“ in Hermannstadt oder „Löw & Zimmermann“ in Schäßburg) hergestellt wurden.
Michael Scherg (1798-1873) mit seiner zweiten ...
Michael Scherg (1798-1873) mit seiner zweiten Frau Katharina, verwitwete Böhm, geb. Schmidts (1824-1897), und seinen Kindern. Nach 1873 führte Schergs Witwe den Betrieb weiter, ehe Wilhelm Scherg (rechts) die väterliche Firma übernahm. Links Ida, die Gattin des späteren Firmenteilhabers Georg Schmutzler, stehend Johanna, deren Mann Josef Schreiber ebenfalls Teilhaber der Tuchfabrik Wilhelm Scherg & Cie. wurde. Mit seiner 1823 gegründeten Tuchmacherwerkstätte wurde Scherg zum Begründer des größten siebenbürgisch-sächsischen Industrieunternehmens. Wilhelm Scherg (1855-1930) ist der Vater der bekannten Künstlerin Margarete Depner. Foto: Samuel Herter, um 1863/64. Sammlung Klein
Die Entwicklung der Landwirtschaft und der Konsumgüterindustrie steigerte den Bedarf nach Maschinen, die allmählich auch in Siebenbürgen selbst produziert wurden. Besonders erfolgreich war die 1868 in Hermannstadt vom Schmied Andreas Rieger aus Großpold gegründete Landmaschinenfabrik. Dem wachsenden Energiebedarf begegnete Carl Wolff mit der Initiative, bei Hermannstadt ein Elektrizitä̈tswerk zu errichten. Nach Plänen Oskar von Millers entstand 1896 am Zoodt, als dritte Anlage mit Fernübertragung hochgespannten Drehstroms in Europa, und, nach Scheibbs und Steyr, das dritte Wasserkraftwerk in Österreich-Ungarn.

Das für Investitionen benötigte Geld stand allerdings nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung, wenngleich die Zahl der Kreditanstalten nach 1867 sprunghaft anstieg. Für die sächsische Wirtschaft waren insbesondere die Initiativen Carl Wolffs von Bedeutung, der 1883 die ­Leitung der „Hermannstädter allgemeinen Sparkassa“ übernahm. Von ihm angeregt, entstanden Raiffeisenvereine in fast allen sächsischen Gemeinden.

Nationale Selbstbehauptung gegen ungarischen Nationalismus

Nach der Auflösung der Nationsuniversität konzentrierten sich die Sachsen auf die Abwehr der Magyarisierungsversuche, die von den Budapester Regierenden insbesondere im Unterrichtswesen unternommen wurden. Als Eingriff in die Autonomie der evangelisch-deutschen Konfessionsschulen wurden zu Recht die Unterrichtsgesetze von 1879 und 1883 empfunden: Das eine sah den „obligatorischen Unterricht der magyarischen Sprache in den Volksschulen“, das andere in den Gymnasien vor. Die evangelische Kirche reagierte mit der Fortführung der gesetzlich zugelassenen Konfessionsschulen in der Verkündigungssprache.

Diese Entwicklungen gaben jenen sächsischen Politikern Auftrieb, die in der Opposition gegen die Budapester Regierung verharren wollten, sich um die von Lutz Korodi geleitete Kronstädter Zeitung sammelten und die Regierung vehement angriffen. Der Versuch der älteren, pragmatisch agierenden Politiker, diese Kritik als „grün“ (unreif) zu disqualifizieren, misslang. Ihre Opponenten nahmen die Bezeichnung mit dem Hinweis an, sie symbolisiere die Hoffnung, und attackierten ihrerseits die von der „schwarzen“ Kirchenführung dominierte „offizielle Politik“ des Stillhaltens aus Opportunitätsgründen.

Ein Scheitern des „schwarzen“ Anpassungskurses bedeutete das Ortsnamengesetz von 1898, das nur noch eine amtliche Benennung zuließ, ein „Attentat auf den Sprachenschatz der nichtmagyarischen Völker“. Den Höhepunkt erreichte die Magyarisierungspolitik mit dem 1907 verabschiedeten „Apponyischen Schulgesetz“. Es stellte alle Schulen des Landes unter die Oberaufsicht des Staates und fordert von diesen bis ins Detail eine Erziehung der Schüler „im Bewusstsein der Angehörigkeit zur ungarischen Nation“. Wiederum ignorierte die Regierung den allgemeinen Sturm der Entrüstung; die Entfremdung zwischen dem Staat und seinen Völkerschaften wurde vertieft. Sie wandten sich zunehmend ihren jeweiligen „Mutterländern“ zu, die Sachsen dem Bismarckreich, die Rumänen dem Königreich Rumänien.

Für die Siebenbürger Sachsen stellte sich erneut die Frage, wie der Magyarisierungspolitik der Regierung zu begegnen sei. Die von Rudolf Brandsch im „Hermannstädter Bürgerabend“ zusammengeführten und „gesamtdeutsch“ fühlenden Kräfte drängten auf eine engere Zusammenarbeit mit den „ungarländischen Deutschen“, was die traditionsbewusste Führungsschicht ablehnte.

Obwohl sie sich wegen des politischen Weges heftig bekämpften, ergänzten die beiden Gruppierungen einander – zumindest im Rückblick betrachtet – vortrefflich. Beide verfolgten das gleiche Ziel, die sächsische Identität gegenüber der Magyarisierungspolitik zu stärken und zu verteidigen.

Konrad Gündisch

Schlagwörter: Streiflichter, Geschichte, Gündisch

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