7. November 2016

Batik-Ausstellung von Brigitte Willach in Kornwestheim

Zurzeit zeigt das Museum im Kleihues-Bau in Kornwestheim eine Ausstellung mit Batik-Sammlerstücken aus Java und Kunstwerken der Künstlerin Brigitte Willach aus Hannover. Kuratiert wurde die Ausstellung von Dr. Irmgard Sedler, Leiterin des Museums wie auch Vorsitzende des Siebenbürgischen Museums e.V. Die indonesische Generalkonsulin in Deutschland, Wahyu Heresetiati, war aus Frankfurt zur Vernissage angereist. Unter den rund 200 Besuchern der Ausstellungseröffnung befand sich auch die Oberbürgermeisterin der Stadt Kornwestheim, Ursula Keck, die die Gäste herzlich begrüßte.
Sowohl die indonesische Abordnung aus Frankfurt als auch andere Besucher sowie einige Models, die Willach in javanische Gewänder gehüllt hatte, brachten Anmut und Grazie in die Galerie. Auch die Generalkonsulin kam in traditioneller Gewandung. Da sie selbst aus Java stamme, sei sie sehr stolz und aufgeregt gewesen, als sie gehört habe, dass die Tradition ihrer Insel „den Weg in dieses schöne Museum gefunden“ habe, sagte sie. In der Ausstellung werden handgefertigte, traditionelle javanische Kleidungsstücke aus der Sammlung Willach gezeigt, die an den Wänden des Kleihues-Baus wie Wandteppiche mit edlen Mustern wirken. Die kostbaren Hüft-, Brust- oder Schultertücher seien nicht nur Kleidungsstücke, sie hätten bei religiösen oder zeremoniellen Riten gesellschaftliche Rollen unterstrichen, stellte Dr. Irmgard Sedler in ihrer Einführung fest. „Die Wenigsten von uns begreifen die kulturhistorische Dimension. Dem Herstellungsprozess mit filigranem Wachsauftrag und mehrfachen Färbevorgängen kommt beinahe der Charakter einer sakralen Handlung zu.“
Oberbürgermeisterin Ursula Keck (1. von links), ...
Oberbürgermeisterin Ursula Keck (1. von links), Dr. Irmgard Sedler (4. v. l.), daneben Generalkonsulin Wahyu Heresetiati und Brigitte Willach (außen rechts) mit Models in traditioneller javanischen Kleidung bei der Vernissage. Foto: Werner Sedler
Das Wort „Batik“ stammt von dem javanischen „mbatik“, was „mit Wachs zeichnen“ heißt. Der zu verzierende Stoff wird teilweise mit flüssigem Wachs abgedeckt (reserviert) und an diesen Stellen vor der wässrigen Farbstofflösung geschützt. Mehrfache Färbungen können an einem Bild vorgenommen werden. Die mehr als 2000 alte Kulturtechnik stammt aus dem südostasiatischen Raum und gelangte insbesondere auf Java, der Hauptinsel des indonesischen Inselreichs, als höfische Kunst zu seiner vollen Blüte. An den Fürstenhöfen war es von jeher üblich, Hüft- oder Schultertücher sowie Tücher für zeremonielle Anlässe zu färben. Dabei wurden nur natürliche Färbemittel zur Herstellung der Muster verwendet, die eine ganz spezielle Bedeutung haben und nicht verändert werden dürfen. Seit 2009 gehört die Batik aus Indonesien zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO.

In dem großen Raum des Museums hängen zwischen den traditionellen Batiken aus Java die Bilder der Batikkünstlerin Brigitte Willach, die sich seit ihrem 15. Lebensjahr der Batik widmet. Geboren wurde sie 1949 in Linz als Kind siebenbürgischer Eltern. Sie waren durch die Kriegswirren nach Österreich verschlagen worden, der Vater hatte im Krieg gekämpft, die Mutter war 1945 nach Russland deportiert worden und 1947 auf Umwegen in Linz gelandet. Nach Siebenbürgen konnten sie nicht zurückkehren. Im Rahmen der „Kohleaktion“ zog Familie Kellner 1953 in die siebenbürgische Siedlung Oberhausen-Osterfeld im Ruhrgebiet. Als gelernter Kaufmann arbeitete der Vater nun als Bergmann unter Tage. 1958 konnte die acht Jahre ältere Schwester, Enni (Janesch), die bei den Großeltern in Stein gelebt hatte, zur Familie dazukommen. Jetzt erst lernten sich die beiden Schwestern kennen. 1965 siedelte die Familie in die neu entstehende Siebenbürger-Sachsen-Siedlung in Drabenderhöhe um. Im Oberbergischen heiratete Brigitte ihren Mann, Joachim Willach, und etwas später fanden sie in Hannover ein neues Zuhause.

Während der Schulzeit hatte die Künstlerin im Kunstunterricht ihre erste Begegnung mit Batik gemacht. In Hannover gab sie Kurse und beschäftigte sich mit dieser für sie einzigartigen Kunsttechnik. Es entstanden die ersten zauberhaften Bilder, die sie in der Familie und an Freunden verschenkte. Nach und nach zeigte sie ihre Werke auf Messen und Ausstellungen. Dabei hat sich ihr Stil im Lauf der Zeit mehrfach geändert. Von der „Konturbatik“ zu Landschaftsbildern mit impressionistischem Charakter bis zu abstrakten Darstellungen geht ihr künstlerischer Weg. Ihre Bilder sind aufwendig – es können bis zu 50 Färbungen sein – und fein gearbeitet, man meint gemalte Bilder vor sich zu haben. Dabei ist das Arbeiten mit dem Wachskännchen (Canting) und dem flüssig-heißen Wachs für sie wie eine Meditation. „Die Batik ist für mich als Künstlerin und Sammlerin ein großer Teil meines Lebens geworden. Ihr habe ich viel zu verdanken“, bekennt Brigitte Willach. Richtig aufmerksam wurde man auf sie 2002 bei der Organisation der Ausstellung BATIK of CHANGE in Hannover. International bekannte Batik-Künstler/innen von Japan bis nach Amerika und mehrere bekannte indonesische Designer und Designerinnen waren vertreten.
Blick auf im Kleihues-Bau in Kornwestheim ...
Blick auf im Kleihues-Bau in Kornwestheim ausgestellte Arbeiten, links javanische Batikkunst. Foto: Brigitte Willach
Um das „Land der Batik“ kennen zu lernen, nahm sie 1985 unter der Leitung des Batik-Galeristen Rudolf Smend aus Köln an einer Studienreise nach Indonesien teil. Zwei antike Stücke von der Nordküste brachte sie mit nach Hause, der Grundstock für ihre heutige Sammlung. 35 Mal ist seither in Indonesien gewesen, hauptsächlich in Yogyakarta an der Südküste Javas. 1997 lernte sie die Leiterin Ibu (Frau) Hartinah der Batik-Frauengruppe „Bimasakti“ aus einem Dorf außerhalb von Yogyakarta kennen. Sie beschloss, Batiken dieser Gruppe zu sammeln. Die Zusammenarbeit mit der Frauengruppe Bimasakti war für beide Seiten fruchtbar. Inzwischen ist die Bimasakti-Sammlung auf etwas mehr als 130 Stücke angewachsen. Diese Gruppe war es auch, der Brigitte Willach nach dem schweren Erdbeben 2006 mit Spenden half, ihre Arbeit mit Batik wieder aufzunehmen und so für den Unterhalt der Familien zu sorgen. Auch sonst unterstützen sie und ihr Mann mehrere Projekte in Java. Sie sammeln Spenden aus der Familie, von Freunden und Bekannten, und jedes Mal, wenn Brigitte nach Indonesien fliegt, verteilt sie die Spenden an eine Gruppe von Lastenträgerinnen vom Markt in Yogyakarta, an ein Waisenhaus und eine Schule für behinderte Kinder in Tancep (sehr arme Gegend in der Nähe von Yogyakarta), an Schüler und Studenten und an das Kindermuseum Kolong Tangga, Yogja.

Auf ihren Reisen durch verschiedene Regionen Javas und Sumatras hat sie die Verschiedenartigkeit der indonesischen Batik kennengelernt. Die Muster und die Farbigkeit unterscheiden sich von Region zu Region. So beherrschen in Zentraljava dunkle Brauntöne und symbolträchtige Muster die Batik-Textilien, während zum Beispiel an der Nordküste eine freiere Gestaltung und farbenfrohere Muster zu bewundern sind. Die Musterung und Farbigkeit der Batiken an der Nordküste ist auf europäische, chinesische und japanische Einflüsse zurückzuführen.

In der Zwischenzeit hat sie mit zahlreichen Batikkünstlern und bekannten Batik-Manufakturen Kontakt geknüpft und Freundschaften geschlossen. Sie hat auch etliche Freunde unter den javanischen Batikkünstlern, die mit dem überlieferten Erbe kreativ und ungebunden umgehen.

„In diesem Kontext steht bei der Schau im Kleihues-Bau nicht der ethnographische Charakter der Sammlung, respektive der javanischen Batikkunst im Vordergrund. Diese legt ihren Schwerpunkt auf den zeitgenössischen intensiven Austausch über Kontinente hinweg zwischen Künstlern und Traditionen, mögen diese aus europäischer Sicht noch so exotisch erscheinen. Das Thema zeitgenössischer Kulturkanäle, die in beide Richtungen gewinnbringend funktionieren, verkörpert Brigitte Willach exemplarisch. Sie nimmt regen Anteil am Kulturleben in Yogyakarta, hält Vorträge, kuratiert Ausstellungen, steht im Austausch mit indonesischen Batikkünstlern und verleiht dem Schaffen vor Ort ihrerseits Impulse. Höhepunkte ihres Engagements im Bereich javanischer Batikkunst und ihrer Vermittlung in die ganze Welt sind u. a. die Ausrichtung der vielbeachteten Batikausstellung „Highlights from North Coast to Bimasakti“ am Textilmuseum in Jakarta 2015 sowie die Aufnahme in die Gallery of Honor anlässlich der Feierlichkeiten zur Zertifizierung der indonesischen Batikkunst als Weltkulturerbe 2009“, so Dr. Irmgard Sedler im Flyer zu „Faszination Java“.

Die Ausstellung im Museum im Kleihues-Bau, Stuttgarter Straße 93, in Kornwestheim ist bis zum 26. Februar 2017 zu sehen. Am Sonntag, dem 27. November, 16 Uhr führt Brigitte Willach interessierte Besucher durch die Ausstellung.

Enni Janesch

Schlagwörter: Ausstellung, Kornwestheim, Batik, Sedler

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