8. Mai 2019

Jahrestagung der Frauenreferentinnen aus Nordrhein-Westfalen

Am 30. März konnte die Landesfrauenreferentin von Nordrhein-Westfalen, Karin Roth, 36 Frauenvertreterinnen aus neun nordrhein-westfälischen Kreisgruppen begrüßen. Sie alle waren der Einladung in das Vereinshaus der Kreisgruppe in Köln gefolgt. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ließ Karin Roth die letzten vier Jahre Revue passieren und erinnerte an die interessanten und lehrreichen Frauentage, bei denen Handarbeit, Austausch und Kultur erfolgreich miteinander kombiniert wurden. Die Frauen lobten ihre gute Arbeit und die abwechslungsreichen Themen der Sitzungen. Zum Dank wurde der gesamte Vorstand des Frauenreferates wiedergewählt. Er erhält allerdings Verstärkung durch zwei neue Mitstreiterinnen: Marianne Gierling aus der Kreisgruppe Rhein-Ruhr und Hannelore Seivert aus Wuppertal.
Vor den Wahlen berichtete Brita Kirschner über das Wahlrecht der Frauen, das sich in diesem Jahr zum hundertsten Mal jährt. Sie stellte fest, dass Frauen in Rumänien emanzipierter waren: Sie „durften“ arbeiten gehen und sogar Ämter übernehmen. Dort wurde bereits vor 150 Jahren der Frauenverein in Schäßburg gegründet und vor 100 Jahren die sächsische Frauenvereinigung in Kronstadt. Brita Kirschner erwähnte einige wichtige Vorreiterinnen der Frauenbewegung wie Frieda Wächter, die die Arbeiterwohlfahrt gegründet hat. In Siebenbürgen trat Lotte Lurtz öffentlich für die Anstellung von Lehrerinnen innerhalb der evangelischen Landeskirche ein. Auf ihre Anregung hin wurden erste Gemeindekrankenpflegerinnen angestellt, Kurse für Handarbeitslehrerinnen abgehalten und Sommerbewahranstalten für Kinder eingerichtet. Adele Zay hat als Führungspersönlichkeit des freien sächsischen Frauenbundes versucht, ihr Menschheitskonzept mithilfe der Frauen auf die gesamte sächsische Gesellschaft zu übertragen.

Während der Wahlen traf die Referentin des Tages, Dr. Ruth Fabritius, ein, die Direktorin des Glasmuseums in Rheinbach. Sie ist Kunsthistorikerin mit siebenbürgisch-sächsischen Wurzeln. Sie erzählte zuerst, wie Rheinbach zu seinem Glaszentrum und Glasmuseum gekommen ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich hier nämlich viele Sudetendeutsche angesiedelt und das Glaszentrum aufgebaut. Die Kunst der Glasherstellung hat in ihrer böhmischen Heimat Tradition. Dort ist es schon 1680 den Glasmachern gelungen, Kristallglas herzustellen. Bis dahin kannte man nur das venezianische Luxusglas, das auf der Insel Murano hergestellt wird und sehr dünn ist. Das böhmische Glas ist viel dicker und kann daher geschliffen werden. Die Glaskünstler begannen Wappen, Kriegswerkzeuge und sogar erotische Darstellungen in die Gläser und Krüge einzugravieren. Dr. Fabritius zeigte in einer Bilder-Show viele Ausstellungsstücke aus dem Museum. Unter anderem aristokratische Gläser aus dem Barock mit religiösen Motiven und Rittern in Kampfmontur oder Freundschaftsbecher aus dem Biedermeier zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit eingravierten Freundschaftssymbolen. Die Kunsthandwerker versuchten sogar, berühmte Gemälde wie die „sixtinische Madonna“ in Glas umzusetzen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts zur Stilepoche des Historismus orientierten sie sich geschmacklich und künstlerisch an der Vergangenheit und verwendeten Motive aus der Renaissance. Später begannen sie mehr exportorientiert zu arbeiten und dekorierten Gläser und Vasen mit beliebten Touristenattraktionen wie der Wartburg oder dem Kölner Dom, die dann als Souvenirs verkauft wurden. Sie zeigte aber auch schwungvoll moderne Art-Deco-Objekte mit irisierender Oberfäche, wie sie in der Jugendstilepoche hergestellt wurden, und ganz moderne Stücke des Glas-Artisten Stanislav Borowski: kompakte Skulpturen und skurrile Gestalten auf Vasen.
Die Teilnehmerinnen der Jahrestagung der ...
Die Teilnehmerinnen der Jahrestagung der Landesfrauenreferentinnen von Nordrhein-Westfalen beim Gruppenbild: vordere Reihe 1. von links NRW-Landesfrauenreferentin Karin Roth neben der Referentin Dr. Ruth Fabritius. Foto: Kathi Drotleff
Nach der Mittagspause gab Ruth Fabritius uns einen Überblick über die Aktivitäten des Glasmuseums und der Glasfachschule in Rheinbach. Aus Anlass des 70. Jubiläums der Glasfachschule wurde eine Glasbörse mit Versteigerung organisiert. Zum 50-jährigen Bestehen des Glasmuseums gab es ein internationales Symposium mit Bundesprominenz. Es wurden prominente Paten für 50 Gläser gefunden, die für je ein Glas einen Text geschrieben haben. Die wurden dann in einer Jubiläumsaustellung gezeigt. Nach einer Kaffeepause mit reichhaltigem Kuchenbüfett berichtete sie über siebenbürgisches Glas. In Siebenbürgen entstanden Ende des 16. Jahrhunderts die ersten Glashütten in Kronstadt und Rosenau. Nach der Eingliederung Siebenbürgens ins Habsburgerreich stieg ihre Zahl. Aber das siebenbürgische Glas war nicht wirklich konkurrenzfähig. Der Einfluss Böhmens war sehr groß. Die reichen Siebenbürger kauften lieber das Luxusglas von Lobmeyr aus Wien, das in Böhmen veredelt wurde. Glas war zu der Zeit nur für die Oberschicht erschwinglich. Die Bauern benutzen Zinnbecher und Tontöpfe.

Zum besseren Verständnis der damaligen Verhältnisse las Dr. Fabritius Passagen aus den Memoiren von Georg Kreybich vor. Der kam als Hausierer nach Siebenbürgen und brachte die böhmische Glaskunst und Glasveredelung aus seiner Heimat Steinschönau in Nordböhmen mit. Er hat das böhmische Glas auf seinen ausgedehnten Reisen in zahlreichen Ländern Europas vertrieben und machte es weithin bekannt. Mehrere seiner Reisen führten ihn nach Siebenbürgen, von wo aus er weiter bis nach Konstantinopel fuhr. Dort lief das Geschäft aber nur schleppend. Daher kehrte er in die Walachei zurück, wo er sogar am Hof des Fürsten Brâncoveanu verkehrte und zur Hochzeit des Prinzen eingeladen wurde. Er schenkte ihm natürlich schön geschliffene Kristallgläser.

Die Zeit verging wie im Flug. Zum Abschluss wurden bunte Blumen an die neugewählten Vorstandsmitglieder, Dr. Ruth Fabritius und die Gastgeberinnen aus Köln verteilt. Wie immer endete auch diese fröhliche und entspannte Jahrestagung mit dem gemeinsam gesungenen Lied „Kein schöner Land”.

Gretl Hauptkorn

Schlagwörter: Tagung, Frauenreferentinnen, NRW, Köln

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