28. Juni 2020

Sensation: Siebenbürgischer Biologe entdeckt neue Vogelarten in Indonesien

Brackenheim/Indonesien – Es ist ein Jahrhundert-Artenfund: Der aus Brackenheim stammende Professor Frank Rheindt spürt in Indonesien gleich fünf neue Vogelarten auf. Alles nur Zufall? Keineswegs. In der Heilbronner Stimme erklärt der Forscher, wie er die Vögel entdeckt hat.
Dem in Brackenheim aufgewachsenen Ornithologen Frank Rheindt (43) ist etwas gelungen, was in Fachkreisen als Sensation gilt. Auf abgelegenen Inseln Indonesiens entdeckte der Forscher gleich fünf Vogelarten. Doch so positiv diese Nachricht auch klingen mag: Die exotischen Vögel sind neu entdeckt und schon vom Aussterben bedroht.
Der Biologe Frank Rheindt forscht auf abgelegenen ...
Der Biologe Frank Rheindt forscht auf abgelegenen indonesischen Inseln.
Obwohl Rheindts außergewöhnlicher Erfolg im Januar im bekannten Wissenschaftsmagazin Science und auch in der New York Times ausführlich besprochen wurde, wirkt der Vogelkundler, der als Professor für die Universität in Singapur arbeitet und auch im Stadtstaat südlich vor Malaysia lebt, sehr bescheiden. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass er deutlich begeisterter Fotos von den entdeckten Vögeln zum Druck freigibt als ein Foto seiner Person.

Dass so viele Vogelarten auf einen Schlag neu entdeckt wurden, das habe es seit 120 Jahren nicht gegeben, sagt Frank Rheindt bei einem Telefonat in seinem Labor in Singapur mit unserer Redaktion in Heilbronn: „So etwas ist ganz selten.“ Die Sensation ist aber nicht nur auf Zufall begründet, sondern Ergebnis jahrelanger Feldforschung. Schwerpunkt von Rheindts Forschung war die Insel Taliabu, die im westlichsten Teil der Molukken liegt; irgendwo zwischen Sulawesi und Neuguinea, sehr isoliert.

Um dorthin zu gelangen, legte Frank Rheindt viele Trips auf mit Kokosnüssen beladenen Booten einheimischer Fischer zurück und warb um die Gunst von Insel-Häuptlingen. Nur so konnte er Zugang bekommen zu Regenwaldgebieten auf der gebirgigen Insel.

Drei der neu entdeckten Vogelarten fand Frank Rheindt auf Taliabu, zwei auf der Insel Peleng vor der Ostküste Sulawesis. Es handelt sich um Artverwandte der Vogelgattungen Zilpzalpe, Schwirle und Honigfresser. Sie ernähren sich von Honig, Nektar, Früchten, Beeren. „Viele von ihnen habe ich auf den Expeditionen durch ihren Gesang gefunden“, erklärt Rheindt.

Es begann alles wenig mutmachend. Frank Rheindt erinnert sich, wie er durch den Dschungel auf einen 1400 Meter hohen Berg der Insel Taliabu geklettert ist. Mit dabei ein paar Einheimische. Starker Regen setzte ein. „Die Einheimischen stiegen wieder ab, weil sie wussten, dass wird jetzt lange regnen“, sagt Rheindt. „Ich blieb oben. Ich war ziemlich traurig, soviel Aufwand und nichts gefunden. Und dann hörte ich diesen Gesang.“ Er habe sofort gewusst, dass es sich um eine bislang nicht entdeckte Art handelte. Ein Schwirl. „Dabei sollte es auf dieser Insel gar keinen geben“, so der Forscher weiter. „Es war eine Riesenerleichterung für mich.“
Togian Blauschnäpper, eine der von Frank Rheindt ...
Togian Blauschnäpper, eine der von Frank Rheindt neu entdeckten Vogelarten.
Rheindt kam wieder – mit kompletter Ausrüstung. Zelt, Fernglas, Akustikapparat, Stativ und Spezialkamera, Japannetzen zum Einfangen der Vögel. Und dokumentierte alles. Endlich konnte er Audioaufnahmen machen, Fotografien und genetisches Material erlangen. Allerdings dauerte es weitere fünf Jahre, bis die Laborarbeit in Singapur den Jahrhundert-Artenfund bestätigte. „Es ist ein besonders Gefühl, etwas zu entdecken, das noch nicht in den Büchern steht“, sagt Rheindt So sehr er sich über seine Entdeckungen freut, so sehr fürchtet er um den Fortbestand der Vogelarten. Die Gattung Mensch verwundete auch diese noch so entlegenen Inseln in den 90er Jahren stark durch Waldrodung. Rheindt erinnert sich mit Schrecken an braune, kahle Landschaften. „Viele der neu entdeckten Arten sind jetzt schon gefährdet“, sagt der Forscher.

Zunehmende Dürren und Waldbrände aufgrund des Klimawandels verschärften die Situation. Er hofft, dass Indonesien um die Bedeutung der Entdeckung weiß und sich dem Schutz der neuen Arten verschreibt – immerhin benannte er eine Vogelart nach dem im vergangenen Jahr verstorbenen indonesischen Präsidenten Jusuf Habibie.

Zur Person

Professor Frank Rheindt ist in Brackenheim aufgewachsen und besuchte dort das Zabergäu-Gymnasium. Schon als kleiner Junge ging er an den heimischen Bächen auf Exkursion. Rheindt studierte in Harvard und arbeitet heute an der Universität Singapur in der Abteilung Biowissenschaften. Zusammen mit seiner Frau lebt er auch in dem Stadtstaat. Rheindts Familie stammt aus Siebenbürgen, seine Eltern Ditta und Erwin leben noch heute in der Region Heilbronn.

Durch seine Arbeit als Professor hat er inzwischen weniger Zeit für Feldforschung. Es sei ihm aber daran gelegen, dass er das beibehalten könne für einige Monate im Jahr, sagt er. Rheindt ist Mitglied einer Kommission, die die korrekte Benennung aller Tierarten international regelt.

Adrian Hoffmann (Heilbronner Stimme)

Schlagwörter: Biologe, Rheindt, Forschung, Indonesien, Vogel

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Neueste Kommentare

  • 28.06.2020, 11:04 Uhr von WIMAR55: Großartiger Erfolg.Gratuliere.Wer sich ein wenig mit Ornithologie beschäftigt,weiß wie schwierig es ... [weiter]

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