13. Dezember 2021

Einsatz für die Rechte der deutschen Minderheit in Rumänien: Der Politiker Dr. Hans Hedrich (1889-1954)

Die Auseinandersetzung mit dem politischen Wirken des Großvaters während der Zwischenkriegszeit führte beim Autor zu einem vertieften Verständnis der siebenbürgisch-sächsischen Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Hedrichs pragmatischer Ansatz scheiterte an den makropolitischen Entwicklungen, die in die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs führten.
Dr. Hans Hedrich, 1935 ...
Dr. Hans Hedrich, 1935
Hans Friedrich Hedrich wurde am 3. Mai 1889 in Bogeschdorf als Sohn des dortigen Pfarrers Johann Christian Hedrich und seiner Gattin Sophia Hedrich, geb. Oberth, geboren. In Mediasch, der Heimatstadt seiner Eltern, besuchte Hedrich die Schule, bevor er 1908-1913 Rechtswissenschaften an den Universitäten Berlin, Heidelberg, Debrecen und Budapest studierte. Den Titel eines Dr. jur. erwarb er an der Universität Klausenburg. Im Ersten Weltkrieg war Hans Hedrich als Leutnant und Oberleutnant der österreich-ungarischen Armee an der serbischen und galizischen Front im Einsatz.

1917 heiratete Hans Hedrich seine Cousine Charlotte Oberth. Hans und Charlotte Hedrich waren beide Cousins zweiten Grades des Raumfahrtpioniers Hermann Oberth. Hedrichs Schwiegervater, Dr. Carl Oberth (1856-1930), war vor dem Ersten Weltkrieg Abgeordneter der Siebenbürger Sachsen im ungarischen Reichstag und hatte diese Funktion seinerseits von seinem Schwiegervater, Dr. Johann Ludwig Binder (1828-1892), „geerbt“. Die führenden Persön- lichkeiten der Siebenbürger Sachsen kamen vor und nach 1918 hauptsächlich aus dem akademisch gebildeten Bürgertum. Das Wahlsystem ermöglichte es, wenigen Familien leitende Positionen unter sich oder ihren Angehörigen zu verteilen, ohne dabei auf Widerstand zu stoßen. So kam es, dass Hans Hedrich Abgeordneter in der dritten Generation werden sollte.

Der Beginn der beruflichen und politischen Tätigkeit Hans Hedrichs fiel mit der Eingliederung Siebenbürgens in den großrumänischen Staat nach 1918 überein. Dabei bewältigte er die Umstellung auf die rumänischen Verhältnisse in Justiz und Verwaltung leichter als das Gros seiner Generation. Gleich nach 1918 nahm Hedrich intensiven Rumänisch-Unterricht und trat als junger Rechtsanwalt der Anwaltskanzlei des späteren Ministerpräsidenten Iuliu Maniu in Blasendorf bei. Nach 1920 führte Hedrich eine gutgehende Anwaltskanzlei in Mediasch und später auch in Bukarest.

Die Siebenbürger Rumänen hatten in den Karlsburger Beschlüssen des Jahres 1918 den nationalen Minderheiten des zukünftigen Großrumänien weitgehende Rechte zugestanden. Auf dieser Grundlage erklärte die Sächsische Nationalversammlung in der „Mediascher Anschlusserklärung“ vom 8. Januar 1919 den Beitritt der Sachsen zu Rumänien. In den ersten Jahren der Zugehörigkeit zu Großrumänien wurden die Erwartungen der Sachsen enttäuscht. Die Versprechungen von Karlsburg fanden keinen Eingang in die Gesetzgebung des neuen Staates; die Agrarreform des Jahres 1921 benachteiligte die Sachsen, insbesondere durch die Enteignung der Kirchengüter, deren Erträge vorher die Hauptlast bei der Finanzierung ihrer deutschsprachigen konfessionellen Schulen trugen. In vielen Bereichen des Alltags sahen sich die Sachsen zunehmend einem erstarkten rumänischen Nationalismus ausgesetzt. Unter diesen Umständen hielt Hedrich im Jahre 1922 eine Programmrede als Abgeordnetenkandidat, in der er feststellte: Manchen Rumänen erscheinen die Sachsen „als ein Hindernis zur Entfaltung der eigenen kulturellen und wirtschaftlichen Kräfte. Kurzum es gibt eine bedeutsame Strömung im rumänischen politischen Leben, welche in dem Irrwahn befangen ist, es genüge uns zu vernichten, um unsere Plätze einzunehmen. Doch wie gesagt, es gibt nur eine Strömung und ich bin weit davon entfernt dem ganzen rumänischen Volke eine solche Mordpolitik, ich will gleich hinzufügen Selbstmordpolitik, vorzuwerfen. Führende Männer wie ein Iorga, Maniu, Vaida, Goldiș, ich bin überzeugt davon, sind weit von einer solchen verhängnisvollen Konzeption. Und ich will auch gleich hinzufügen, eine solche brutale Auffassung liegt auch dem innersten Wesen des rumänischen Volkes nicht, welches zur Duldung neigt und nicht zur Gewalttätigkeit.“... „Ich habe schon gesagt, dass wir uns nicht nur als Sachsen, sondern auch als rumänische Staatsbürger fühlen, und wir auch als solche unsere Pflicht erfüllen wollen. Wir können nicht nur sächsische Volkspolitik betreiben, wir wollen keinen Staat im Staate bilden, sondern über unsere besonderen Interessen hinaus uns auch die allgemeinen Interessen des Staates vor Augen halten, wir wollen treu zu unserem Vaterlande halten.“

Im März 1922 wurde Hans Hedrich vom Wahlkreis Baaßen (ehemaliges Komitat Kleinkokeln) als Abgeordneter ins Rumänische Parlament entsandt, dem er ohne Unterbrechung bis 1933 angehörte. Die sächsischen Abgeordneten bildeten zusammen mit den gewählten Vertretern der Banater Schwaben, der Bukowina- und der Bessarabiendeutschen eine gemeinsame Fraktion, die Deutsche Parlamentspartei, die sich für die Belange der knapp 800000 Köpfe zählenden deutschen Minderheit einsetzte. Aus den 1920er Jahren sind uns zahlreiche Parlamentsreden des Abgeordneten Hans Hedrich überliefert. Exemplarisch soll der Zeitpunkt und die die Thematik einiger dieser Reden erwähnt werden. 1922: Forderung an den Justizminister, die Kriegswitwenrenten zügig zu genehmigen. 1923: Verbesserungsvorschläge zum Steuergesetzesentwurf mit dem Ziel, die Einkünfte der Evangelischen Kirche zum Zweck der Schulfinanzierung zu erhöhen; Einforderung von Maßnahmen zur Verbesserung der Altersrenten in Siebenbürgen. 1924: Einfordern der Einhaltung der Karlsburger Beschlüsse betreffend die Minderheiten in der Gesetzgebung; Zusicherung der Loyalität der Sachsen gegenüber dem rumänischen Staat; Verbesserungsvorschläge zum Schulgesetzentwurf betreffend den Unterricht in den Schulen der Minderheiten. 1925: Rede zur Verteidigung des Präsidenten der Deutschen Parlamentspartei Hans Otto Roth, dem unterstellt wurde, 1919 gegen die Vereinigung Siebenbürgens mit Rumänien gestimmt zu haben. Nach der Rede wurde Hedrich vom großen Historiker Nicolae Iorga für die Qualität der Rede gelobt. 1926: Wirtschaftspolitische Rede und Kritik der Wirtschaftspolitik der Nationalliberalen Regierungspartei, insbesondere der Abschottungstendenzen der rumänischen Wirtschaft und der Zölle beim Export von Agrarprodukten. 1928: Einklage von Entschädigungen für sächsische Bauern aus Großprobsdorf, die zum Zwecke des Ausbaus der Industrieanlagen in Kleinkopisch enteignet wurden. 1929: Protest gegen die Doppelbelastung der Minderheiten durch die Zwangsfinanzierung der von ihnen nicht genutzten Staatsschulen über Steuern und des notwendigen Aufkommens für die eigenen, konfessionellen Privatschulen; Protest gegen die willkürliche Anwendung der Agrarreform zu Lasten von sächsischen Bauern aus Halvelagen, die zugunsten von rumänischen Beamten aus Elisabethstadt enteignet wurden. Hedrich galt in den 1920er Jahren als der engste Mitstreiter des Vorsitzenden der Deutschen Parlamentspartei Hans Otto Roth. In den Auseinandersetzungen mit Rudolf Brandsch unterstützte Hedrich Roths Politik der Wahlbündnisse mit der jeweiligen Regierungspartei. Für seine Verdienste um das Königreich Rumänien wurde Hans Hedrich im Oktober 1929 mit dem Kommandeurskreuz ausgezeichnet.

Infolge der Wirtschaftskrise 1928-1933 und der noch immer nicht zufriedenstellenden Minderheitenrechte wuchs unter den Deutschen in Rumänien die Unzufriedenheit mit ihrer gewählten Führung. Den eigenen Parlamentariern wurde vorgeworfen, gegenüber der rumänischen Regierung zu nachgiebig zu sein. Fritz Fabritius (1883-1957), ein ehemaliger k.u.k.-Offizier, hatte bereits in den 1920er Jahren in Hermannstadt die „Selbsthilfe“ gegründet. Diese trat als gemeinnützige Baugenossenschaft, als politische Organisation und durch ihre Zeitschrift Selbsthilfe. Kampfblatt für das ehrlich arbeitende Volk in Erscheinung, fand aber zunächst wenig Beachtung. Fabritius verfügte über eine charismatische Persönlichkeit und verstand es zunehmend, insbesondere das einfache Volk zu erreichen. Durch seine Selbsthilfe-Baugenossenschaft sollte der „kapitalistisch-materialistische Geist zugunsten des Gemeinschaftsgeistes“ zurückgedrängt werden. Fabritius und seine Anhänger sahen die Sachsen in einer Krise, aus der sie sich nur selbst befreien können (daher „Selbsthilfe“). Als Maßnahmen dieser „völkischen Politik“ galten u.a. die Erziehung der Jugend (z.B. durch die Jugendbewegung „Wandervogel“, Jugend-Arbeitslager zur gemeinnützigen Arbeit), Förderung der Wirtschaft, Bekämpfung des Alkoholismus, Förderung der Geburten und Maßnahmen der Eugenik, die damals als Wissenschaft galt. Unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Machtübernahme in Deutschland wurde 1933 die „Nationalsozialistische Selbsthilfebewegung der Deutschen in Rumänien“ (NSDR) gegründet. Bereits auf dem Sachsentag am 1. Oktober 1933 konnte die NSDR gegen die konservativ-demokratischen Kräfte 62% der Stimmen gewinnen. Um ein drohendes Verbot durch die rumänische Regierung abzuwenden, kam es Ende 1933, unter der Vermeidung des Begriffs „nationalsozialistisch“, zu einer Umbenennung in „Nationale Erneuerungsbewegung der Deutschen in Rumänien“ (NEDR). Trotzdem wurde die NEDR am 4. Juli 1934, zusammen mit rumänischen rechten Parteien, von der liberalen Regierung Tătărescu verboten.

Obwohl sich Fabritius nach 1932 wiederholt zum Nationalsozialismus bekannte, stand er für eine vom „Reich“ weitgehend unabhängige Politik für die Deutschen in Rumänien. Anfangs waren in der NSDR/NEDR, unter der Führung von Fabritius, zwei Flügel vereint. Der Fabritius nahestehende „gemäßigte“ Flügel, vertreten durch die gut situierte ältere Generation, strebte einen Ausgleich mit den bisher führenden konservativen Gesellschaftskreisen sowie den Vertretern der Evangelischen Kirche an. Von der Kirchenführung wurde aber erwartet, sich aus der Politik herauszuhalten. Die Vertreter der jüngeren Generation, z.T. kürzlich von der Ausbildung im „Reich“ zurückgekehrt, waren stärker von der Ideologie des Nationalsozialismus durchdrungen und bildeten den „radikalen“ Flügel. Ihre Vertreter befanden sich meist in einer materiell unsicheren Lage, daher waren sie an den gut dotierten Parlamentarierposten interessiert. Fabritius vertraute aber weiterhin den bewährten Abgeordneten der 1920er Jahre. Der politische Kampf der Jahre 1933-1934 wurde hauptsächlich zwischen den „Erneuerern“ und den „Konservativen“ um Hans Otto Roth und Bischof Glondys ausgetragen. 1935 konnten sich die „Erneuerer“ durchsetzen: Es kam zur Gründung der „Volksgemeinschaft der Deutschen in Rumänien“ (VDR), in die auch die „Konservativen“ und die Kirchenführung integriert wurden. Der „radikale“ Flügel der Erneuerungsbewegung (um Alfred Bonfert, Waldemar Gust, Wilhelm Staedel u.a.) spaltete sich 1935 ab und gründete die radikal-nationalsozialistische „Deutsche Volkspartei in Rumänien“ (DVR). Die Auseinandersetzungen zwischen „Volksgemeinschaft“ und „Volkspartei“ sollten die Jahre 1935-1938 prägen. Der Streit wurde erst im Herbst 1938 durch Eingreifen des Deutschen Reiches zugunsten der „Volksgemeinschaft“ Fritz Fabritius’ entschieden. Der größere Rückhalt der „Volksgemeinschaft“ in der Bevölkerung mag dabei die entscheidende Rolle gespielt haben.

Hans Hedrich schloss sich 1933 Fritz Fabritius‘ „Gemäßigten“ an. Als führendes Mitglied der „Erneuerungsbewegung“ durfte er bei den Parlamentswahlen im Dezember 1933 nicht mehr antreten. Einer der wenigen Artikel zum Verhältnis zwischen Sachsen und Juden („Ein aufrichtiges Wort der Warnung“) wurde von Hedrich im April 1933 im Siebenbürgisch-Deutschen Tageblatt veröffentlicht. Im Vorfeld war die Jugendorganisation der „Erneuerungsbewegung“ in einem Teil der jüdisch geprägten rumänischen Presse beschuldigt worden, staatsgefährdende Tätigkeiten auszuüben. Laut Hedrich sei diese Diskreditierung in der rumänischen Öffentlichkeit auf Befürchtungen der jüdischen Seite zurückzuführen, „dass sich unsere Jugendorganisation nach reichsdeutschem Vorbild in antisemitisches Fahrwasser begeben könnte“ … Hedrich unterstrich die Staatstreue der Jugendorganisation und versicherte, dass „Radauantisemitismus“ der „Erneuerungsbewegung“ fremd sei. „So wie wir uns das Recht herausnehmen, uns als gleichberechtigtes Volk innerhalb unserer Gemeinschaft auszuleben, so erkennen wir selbstverständlich dieses Recht auch für unsere jüdischen Mitbürger an.“ Hedrich warnte, dass sich der im Land weit verbreitete Antisemitismus auch unter den Sachsen ausbreiten könnte, sollten die Diskreditierungen nicht eingestellt werden. Im Oktober 1936 wurde Hedrich als Vertreter der „Volksgemeinschaft“ zum Obmann des Ortsrates von Mediasch und später zum Kreisobmann gewählt. Am 5. Mai 1937 folgten weit über 2 000 Mediascher Sachsen dem Aufruf des Kreisobmanns Hedrich, um in der Gartenwirtschaft des Restaurants „Traube“ gegen den Gesetzesentwurf der Regierung Gheorghe Tătărescu zum „Schutz der nationalen Arbeit“ zu protestieren. Der Gesetzesentwurf sah vor, dass 75% aller Arbeitsplätze in allen Unternehmen des Landes von „Blutsrumänen“ besetzt werden müssen. Da 1937 in den Mediascher Unternehmen die Belegschaften zu etwa gleichen Teilen aus Rumänen und Sachsen bestanden, hätte infolge des Gesetzes etwa die Hälfte der sächsischen Arbeitnehmer ihre Stellen und Einkommen verloren. Die Arbeitslosigkeit unter den Mediascher Rumänen war nahe Null, daher hätten Rumänen aus anderen Landesteilen angesiedelt werden müssen, um den Bedarf der Unternehmen an Arbeitskräften zu stillen. Auf der Protestveranstaltung hielten Vertreter aller Berufsgruppen Reden, in denen sie die voraussichtlichen Folgen des Gesetzes aus ihrer persönlichen Sicht erörterten. Nach Monaten der Ungewissheit wurde dieser aus wirtschaftlicher und verfassungsrechtlicher Sicht irrsinnige Gesetzesentwurf der Regierung fallengelassen.

Im Juli 1938 wurde Hans Hedrich von Fritz Fabritius zum Vertrauensmann der „Volksgemeinschaft“ bei der rumänischen Regierung ernannt. Hedrich ­ersetzte Hans Otto Roth, der sich geweigert hatte, einen von der „Volksgemeinschaft“ ausgearbeiteten „Autonomieentwurf für die Deutschen in ­Rumänien“ der Regierung zu unterbreiten. Gegen den Willen Nazideutschlands übergaben am 28. Juli 1938 Fritz Fabritius, Helmut Wolff und Hans Hedrich den Autonomieentwurf dem rumänischen Ministerpräsidenten Miron Cristea. Die Forderungen des Autonomieentwurfs waren im Rahmen der Versprechungen der Karlsburger Beschlüsse. Die deutsche Minderheit sollte als juristische Person des öffentlichen Rechtes anerkannt werden, der das Recht zustehe, „sich selbst ihre Organisation und Lebensordnung zu geben und sich in deren Rahmen selbst zu verwalten“. Ferner sollte die „Volksgemeinschaft“ „eine ihrer Seelenzahl entsprechende Vertretung in den staatlichen und autonomen gesetzgebenden Verwaltungskörperschaften sowie in den offiziellen Berufsorganisationen“ erhalten. Das Recht auf die völlige Autonomie des Schulwesens, der Lehrerausbildung und der Kirchenorganisation wurde beansprucht. Es sollte erlaubt sein, „wann und wo immer neben der Staatsfahne auch die Fahne der „Volksgemeinschaft“ zu hissen und die Abzeichen der „Volksgemeinschaft“ der Deutschen in Rumänien zu tragen.“ Der Autonomieentwurf wurde vom Ministerpräsidenten, nach Rücksprache mit der deutschen Gesandtschaft, abgelehnt. Bereits am 23. September 1938 wurde Hedrich erneut vom Ministerpräsidenten Cristea empfangen. Cristea ermächtigte Hedrich zur Weitergabe einer Erklärung, dass es der Regierung fern liege, die Zerschlagung der „Volksgemeinschaft“ unter der Führung von Fritz Fabritius zu betreiben. Einzelfragen, wie die Errichtung von deutschen Privatschulen in Bessarabien und im Buchenland wurden erörtert. Als Folge dieser Audienz sollte Mediasch wieder einen deutschen Bürgermeister erhalten: Dr. Wilhelm Binder (1885-1947) ersetzte umgehend seinen Vorgänger Trifon Pușcariu.

Nach dem Verbot aller Parteien und der Gründung der neuen rumänischen Staatspartei „Frontul Renașterii Naționale“ (Front der Nationalen Wiedergeburt/FdNW) führte Hedrich die komplizierten Verhandlungen mit der Regierung, die mit dem geschlossenen Eintritt der „Volksgemeinschaft“ in die „Front“ endeten. Hedrich gehörte dem Führungsrat der FdNW an und wurde 1939 vom König zum Senator berufen. In dieser Funktion erreichte Hedrich die Rückgabe der von den rumänischen Behörden beschlagnahmten Archive an die deutsche Gemeinschaft von Temeswar. Als Vertrauter des neuen Ministerpräsidenten Armand Călinescu wurde Hedrich im September 1939 von diesem mit persönlichen Instruktionen, in halboffizieller Mission nach Berlin gesandt, um durch Verhandlungen den Druck des immer mächtiger werdenden Deutschen Reiches auf Rumänien abzufangen. Der Zweck der Mission konnte nicht erreicht werden, da Hedrich in Berlin die Nachricht von der Ermordung Călinescus durch Mitglieder der rechtsextremistischen Organisation „Eiserne Garde“ erreichte. Während dieses Deutschlandaufenthalts intervenierte Hedrich in Hamburg gegen die Musterung und Frontausbildung von fünfzig 15- bis 17-jährigen Schülern aus allen deutschsprachigen Lyzeen Rumäniens. Diese hatte der Kriegsausbruch auf einer Reise in Deutschland überrascht. Auf Drängen Hedrichs kehrte die gesamte Reisegruppe Anfang Oktober 1939 wieder nach Rumänien zurück.

Seit Ende August 1939 wurde der Landesobmann der „Volksgemeinschaft“, Fritz Fabritius, der wegen seiner vom „Reich“ weitgehend unabhängigen Politik in Ungnade gefallen war, in Berlin festgehalten. Maßgebliche SS-Stellen in Berlin planten bereits 1939 Fabritius durch den SS-Mann Andreas Schmidt zu ersetzen, der hierfür im „Reich“ ausgebildet wurde. Damit war die deutsche Minderheit in Rumänien vollständig der Politik Nazideutschlands ausgeliefert. Wegen seiner Treue zu Fritz Fabritius und der Befreiungsaktion der Schüler wurde Hedrich von der deutschen Gesandtschaft und den radikalen rumäniendeutschen Nationalsozialisten heftig kritisiert. Der Gesandte des Deutschen Reichs Wilhelm Fabricius erteilte Weisung, Hedrich in Zukunft den Zutritt zur deutschen Gesandtschaft zu verweigern und ihn von keiner deutschen Reichsstelle mehr zu empfangen. Am 19. Oktober 1939 trat Hedrich von seinen Funktionen als Fraktionsvorsitzender der deutschen Parlamentarier und Leiter der Verbindungsstelle der „Volksgemeinschaft“ in Bukarest zurück. Er blieb Senator bis zur Auflösung des rumänischen Parlaments im September 1940. Danach trat Hedrich als Politiker nicht mehr in Erscheinung.

Die Kriegsjahre verbrachte Hans Hedrich als Anwalt in Bukarest. Nach Kriegsende blieben Hedrich, bis auf eine kurze Internierung im Lager Târgu Jiu, Gefängnisstrafen durch das kommunistische Regime erspart. Er und seine Familie lebten unter dürftigen Verhältnissen in Mediasch. Hans Hedrich starb am 16. August 1954 in Vatra Dornei (Südbukowina), während eines Besuchs bei seinem damals dort beschäftigten Sohn, an einem Herzinfarkt. Sein Grab befindet sich auf dem Evangelischen Friedhof seiner Heimatstadt Mediasch.

Dr. Hans Christian Hedrich

Schlagwörter: Porträt, Politiker, Mediasch, Geschichte

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