14. Dezember 2021

Siebenbürgisch-Sächsischer Hauskalender als Jahrbuch 2022 erschienen

Unter dem Titel „Menschen und Zeiten“ ist der Siebenbürgisch-Sächsische Hauskalender, der im Auftrag der Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) von Prof. Dr. Berthold W. Köber herausgegeben wird, als Jahrbuch 2022 erschienen. Der ansprechend gestaltete und reich bebilderte Kalender ist eine Sammlung von interessanten Beiträgen und Texten, die als Grundtenor die Fragestellung beinhalten, ob die Zeiten das Leben der Menschen bestimmen oder ob Menschen durch ihr Leben und Handeln die Zeiten bestimmen.
In seiner Einführung definiert Prof. Dr. Berthold Köber die Zeiten als die Gesamtheit der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Er ist der Meinung, dass diese Zeiten sehr wohl das Leben eines jeden Einzelnen bestimmen, aber auch jeder Einzelne die Freiheit hat, bestimmte Entscheidungen zu treffen und selbst Einfluss auf die Zeiten zu nehmen, in die er hineingeboren wurde.

Der Festvortrag des Historikers Thomas Șindilariu beim digitalen Heimattag 2021 anlässlich 300 Jahre seit der Geburt von Samuel von Brukenthal unterstreicht diese gegenseitige Wechselwirkung. Brukenthal war sehr wohl geprägt von den bedrohlichen Zeiten des 18. Jahrhunderts, aber dank seiner außergewöhnlichen Begabung, Bildung und politischen Weitsicht war es ihm möglich, aus einflussreicher Position Entscheidungen zum Nachteil unserer siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft abzuwehren oder zu mildern.

Katastrophen gab es auch schon in früheren Zeiten und in Anlehnung an die aktuelle Corona-Pandemie zeigt der Historiker Thomas Șindilariu, wie die Menschen die Pestepidemien im Kronstadt der 18. Jahrhunderts überlebten und wie sie diese schlimmen Zeiten zu beeinflussen versuchten. Auch Martin Luther sah sich mit der Pest konfrontiert. Welche Aussagen, die auch heute noch eine gewisse Aktualität haben, der Reformator in diesem Zusammenhang gemacht hat, zeigt der Beitrag „Luther und die Pest“ von Prof. Dr. Berthold Köber.

Der Kirche kam in Zeiten von Epidemien schon immer eine wichtige Rolle zu. Stefan Bichler, Referent für Öffentlichkeitsarbeit der EKR, beschreibt in seinem lesenswerten Beitrag, wie die Kirche in früheren Zeiten auf diese Bedrohungen reagiert hat und welche Maßnahmen die Heimatkirche in der heutigen Corona-Zeit unternommen hat, um den Menschen Trost und Nähe zu vermitteln.

In einem weiteren Beitrag geht der Historiker Thomas Șindilariu auf den lateinischen Namen der Stadt Kronstadt ein. Welche Verbindung zwischen der Märtyrerin Corona und der Schwarzen Kirche besteht, kann in dem Artikel „Kronstadts Corona-Geheimnis liegt in der Schwarzen Kirche“ nachgelesen werden. Elisabeth Schnabel nimmt die Leser mit nach Schönberg in die Tage der Russlanddeportation und erzählt, wie in schwierigsten Zeiten einzelne Personen durch ihr Handeln ein Segen sein können.

Auch der in Öhringen lebende Pfarrer i.R. Samuel Piringer zeigt auf, welche positive Wirkung das Handeln eines Einzelnen haben kann. Zum Gedenken an Stadtpfarrer i.R. Wolfgang Rehner, der am Altjahresabend 2020 friedlich eingeschlafen ist, beschreibt er die geistliche Arbeit im Großpold der 1970er Jahre und wie Stadtpfarrer Rehner unter anspruchsvollen Rahmenbedingungen eine segensreiche Arbeit verrichtet hat.

Die deutschen Schulen in Siebenbürgen hatten viele großartige Pädagogen, die ganze Schülergenerationen maßgeblich geprägt und gefördert haben. Samuel Beer erzählt von zwei Lehrern, die bei ihm das Interesse für die Kunst geweckt haben. Außerdem gibt er Einblick in die Zeit als Lehrer im kommunistischen Rumänien und mit welchen Herausforderungen er zu kämpfen hatte. Auch die beiden aus Halvelangen stammenden Schwestern Adelheid und Sieglinde geb. Henning erlauben sehr persönliche Einblicke in die von ihnen erlebten bewegten Zeiten und die damit verbundenen Erfahrungen. Die Auswanderung war letztendlich auch für sie der einzige Ausweg aus dieser Gratwanderung.

Der Lehrer Heinz Bretz ist auch ausgewandert, hat aber seine berufliche Tätigkeit nach seiner Pensionierung in Köln in Hermannstadt als Lehrer am Päda ausklingen lassen. In seinem Beitrag teilt er seine Erfahrungen und berichtet in seiner erfrischenden Art auch von den vielen Aktivitäten und Erfahrungen, die ihm das heutige Hermannstadt ermöglicht hat.

Auch die folgenden beiden Beiträge haben die sehr persönliche Erfahrung mit dem Thema Auswanderung als Schwerpunkt. Während für Kirchenrätin Melitta Müller-Hansen vor allem das unbedingte Dazugehören zur hiesigen Gesellschaft stark im Fokus war und erst die Einsicht, dass man sich nicht komplett aufgeben muss, eine gewisse Entspannung brachte, schildert Astrid Kühn vor allem ihre Erfahrungen verbunden mit dem Auswanderungsprozess bei den verschiedenen Behörden und den kleinen Wundern „zu der passenden Zeit“. Für Heidi Sander war eine Rüstzeit im Haus Annaberg in Bonn-Bad Godesberg kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland der richtige Auftakt, um in der neuen Heimat Fuß zu fassen.

Den Reigen der Erzählungen aus vergangenen Zeiten eröffnet die Erzählung von Hermine Malas über Anna Simonis aus Hamruden, die auch gut in die Reihe der Märchen aus 1001 Nacht passen würde. Die Autorin schildert, wie aus einem einfachen sächsischen Bauernmädchen, das mit viel musikalischem Talent, mit Gottesfürchtigkeit und den Tugenden einer siebenbürgisch-sächsischen Erziehung gesegnet war, die vornehmen Kreise der damaligen Zeit für sich gewinnen konnte, die Ehefrau des Feldherrn Omer Pascha und schließlich die Baronin von Braunecker wurde.

Der Beitrag vom ehemaligen Mediascher Stadtpfarrer Dr. Dietmar Plajer beschreibt die Notlage der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien im Jahr 1945 aufgrund der vielen unbesetzten Pfarrstellen und wie Bischof Dr. Friedrich Müller mit Laienpredigern der von Georg Scherg gegründeten Landeskirchlichen Gemeinschaft diese Problematik zu lösen versuchte.

Pfarrer i.R. Dr. Thomas Pitters war lange Vorsitzender des Diakoniewerkes Gallneukirchen in Österreich und er zeigt auf, welche Verbindungen zwischen der österreichischen Einrichtung und dem ehemaligen Diakonissenhaus „Bethanien“ in Kronstadt bestanden haben.

Die Deportation in die Sowjetunion hat viele Familien zerrissen. Jutta Kaplat erzählt, wie ihr Onkel und seine Ehefrau getrennt deportiert wurden und erst nach 20 langen Jahren wieder zusammenkommen konnten.

Unter dem Titel „Ungesühnte Repressalien“ schreibt Ursula Hergesell eine Hommage an ihren Großvater Pfarrer Fritz Möckesch und führt die Ungerechtigkeiten und Repressalien auf, die ihr Großvater aufgrund Willkür des kommunistischen Regimes erfahren hat.

Hildegard Zintz erinnert an das Leben im Einklang mit den Jahreszeiten und im Kreislauf des Kirchenjahres, beschreibt detailliert die Arbeiten auf dem Feld, führt aber auch die Feste auf, die von der hart arbeitenden Bevölkerung gefeiert wurden.

Den Abschluss der persönlichen Erinnerungen bildet der Beitrag von Karl-Heinz Gross, der mit seinem reich bebilderten Beitrag an die wunderschöne Bergwelt Königstein erinnert, während Claudia Benkö sich an das Backen der traditionellen Hanklich in ihrem Heimatort erinnert.

Außerdem bietet der vorliegende Hauskalender zu Beginn, neben der Auslegung zur Jahreslosung 2022 („Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen“, Johannes 6, Vers 37) von Pfarrer i.R. Hans Schneider, auch weitere Andachten zu den Monatssprüchen von Pfarrern aus Siebenbürgen, Deutschland, Österreich, Holland und Schweden. Der Bibelleseplan, das alphabetische Verzeichnis der Namenstage, die Feiertage anderer Kirchen und Religionen sowie die Termine unserer kirchlichen Feiertage vervollständigen dieses ansprechende Jahrbuch 2022 und machen es zu einem passenden Geschenk zu vielfältigen Anlässen.

Das Jahrbuch 2022 / Hauskalender der Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD kann für 10,95 Euro, zuzüglich 2,95 Euro Versandm, bei Georg Hutter, Egkstr. 2, 91074 Herzogenaurach, Telefon: (01 74) 9 65 97 88, E-Mail: hutter.georg[ät]herzonet.de, per Brief, E-Mail, SMS, WhatsApp oder telefonisch bestellt werden.

Jürgen Binder

Schlagwörter: Jahrbuch, Hauskallender, EKD, Hilfskomitee, Köber, Buchvorstellung, Brukenthal, EKR, Deportation, Aussiedlung

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