27. Dezember 2022

Herausgeber Frieder Latzina im Gespräch mit Heinz Acker über zwei Neuerscheinungen: Lieder von Carl Reich und Ackers Chorwerke

Kürzlich sind im MusikNoten-Verlag Latzina die Lieder des Carl Reich erschienen, bearbeitet von Prof. Heinz Acker für Sologesang und Klavier wie auch für gemischten Chor. Es ist eine Hommage von Heinz Acker an seinen Urgroßvater Reich zu dessen 150. Geburtstag (diese Zeitung berichtete in Folge 9 vom 31. Mai 2022, Seite 10). Nachfolgend veröffentlichen wir ein Interview des Herausgebers Frieder Latzina mit dem Bearbeiter der Lieder Prof. Heinz Acker.
Lieber Heinz Acker, mit Deiner Bearbeitung der Lieder des Carl Reich hast Du das Repertoire-Angebot für unsere siebenbürgischen Chöre und Sänger um ein Weiteres bereichert.

Das stimmt, und ich bin Dir sehr dankbar, dass Du diese Aufgabe der Herausgabe von Carl Reichs Liedern noch übernommen hast, obzwar Du den Verlag nach vielen Jahren unermüdlicher Arbeit jetzt altersbedingt aufgeben willst. Mit über 170 Titeln hast Du wesentlich dazu beigetragen, siebenbürgisches Kulturgut durch Neuveröffentlichungen wieder für den Konzertbetrieb zugänglich zu machen.

Welches Verhältnis hast Du zu Carl Reich?

Nun, Carl Reich ist mein Urgroßvater, den ich noch selber gekannt habe. Er ist nicht nur für mich eine prägende Gestalt gewesen. Er ist der Stammvater einer riesigen siebenbürgischen Sippe der Reichs, Galters, Georgs und Ackers gewesen, die den Segen seines Wirkens bis heute verspüren. Insbesondere seine große Musikliebe ist ein Erbe, das er uns allen mitgegeben hat. Es war meine Großmutter, Helene Georg, die die Lieder ihres Vaters, wie auch die des Georg Meyndt bei ihren täglichen Verrichtungen sang und mir diese Lieder ins kindliche Herz pflanzte.

Diese Lieder des Georg Meyndt sind ja wohl der Anstoß zu Reichs Liedschaffen gewesen.

Das darf man so annehmen. Als junger Lehrer in Reichesdorf hatte Carl Reich die Lieder des dortigen Notärs Georg Meyndt kennen gelernt und sie aufgezeichnet und publiziert und so zu ihrer Verbreitung beigetragen, denn Meyndt selber war notenunkundig. „Brännchen um gräne Rīn“, „Gāde Morjen“, „Än er Gass do stīt en Bonk“, det „Motterhärz“ und all die herrlichen Lieder Meyndts wären ohne Reichs Zutun nie zum Liederschatz der Siebenbürger Sachsen geworden.

Aber Reichs Lieder unterscheiden sich dennoch von denen seines Vorbilds Meyndt.

Nun, beide suchen den schlichten Volkston. Aber während Meyndt sich ausschließlich aus dem Geschehen seines ländlichen Umfelds inspirierte und dieses dann in Mundart fasste und gleichzeitig vertonte, hat Reich eher literarische Quellen aufgegriffen. Mit poetischem Feingefühl hat er die literarische Szene seiner Heimat, aber auch des deutschen Mutterlandes aufmerksam beobachtet und seine Texte ausgewählt. Das konnten Texte in sächsischer Mundart, oder in der Hochsprache sein. Sobald ihm ein Text unter die Finger kam, der ihn ansprach, war auch schon die Vertonung da.

Es fällt auf, dass Reich, der ja Pfarrer war, relativ wenig geistliche Texte vertont hat.

Nun ja, Reich war Pfarrer mit Leib und Seele. 25 Jahre hat er segensreich in Kerz gewirkt (1905-1930), dann in Almen (1930-38) und in etlichen weiteren Orten. Hier sind seine schönsten Lieder entstanden und zwar auf literarische Texte jener Zeit, meist aus dem Schaffen seines großen Freundeskreises, etwa eines Otto Piringer, Josef Lehrer, Misch äm Ruth (Orend), von Grete Lienert Zultner oder auch Christine Maly-Theil u.a.m. Das konnte ein einfaches Blümchen sein (Josef Lehrer „Im Walde blüht ein Blümelein“), ein goldener Sonnenstrahl (Otto Piringer „Wat schengst ta si gäldän“), oder ein Kinderhändchen (Grete Lienert Zultner „Et wäll en klinzig Kängderhånd“), die seine sensible Seele zum Schwingen brachte. Seine Lieder entstehen mit der Leichtigkeit eines Vogelgesangs.

Einige sind zu echten Volksliedern geworden, etwa sein „Angderm Līrber såß ech īst“, das Deiner Sammlung auch den Namen gegeben hat.

Ja, dieses Lied, auf einen Text des Freundes Otto Piringer, ist nahezu so bekannt geworden, wie das von ähnlicher Stimmung geprägte Kirchner’sche „Bäm Hontertstroch“. Auch weitere Lieder haben Aufnahme in diversen Liedersammlungen gefunden, oder zirkulieren volksliedhaft von Mund zu Mund. Der Großteil seiner Lieder (es sind über 30 Lieder) ist aber nie veröffentlicht worden. Darunter einiges, das den Volkston verlässt und sich dem Kunstlied nähert. Und so bin ich froh, dieses Versäumnis jetzt zu seinem 150. Geburtstag nachholen zu können.

Lieber Heinz Acker, du hast nicht nur die Lieder eines Georg Meyndt (Johannis Reeg-Verlag, 2008) eines Michael Barner (MusikNoten-Verlag Latzina, 2015) und nun auch von Carl Reich bearbeitet. Kürzlich durfte ich auch eine Sammlung Deiner eigenen Chor-Kompositionen herausbringen. Und demnächst folgen Deine Liedvertonungen. Was kannst du dazu sagen?

Die 21 Chöre bilden einen Querschnitt durch meine Chorkompositionen – es sind a-cappella-Chöre wie auch mit Instrumentalbegleitung – die im Laufe der Jahre für verschiedene Ensembles (etwa, die Siebenbürgische Kantorei, der Heidelberger „Jubilate-Chor“ oder die Heidelberger Studentenkantorei u.a.) entstanden sind auf Texte zeitgenössischer Autoren deutscher Zunge (Matthias Claudius, Rainer M. Rilke, Eduard Mörike, Kurt Rommel, Richard O. Wiemer u.v.a.) oder auch aus Siebenbürgen (Michael Albert, Erwin Wittstock, Frieder Schuller u.a.). Sie sind den Chören jeweils „auf den Leib geschneidert“ und dürften dennoch durch ihre moderat-moderne Tonsprache und gute Sangbarkeit auch bei anderen Chören dankbare Abnehmer finden.

Nun ist 2022 nicht nur der 150. Geburtstag von Carl Reich, sondern auch dein Achtzigster. So wünsche ich beiden Veröffentlichungen, sie mögen eine willkommene Bereicherung des siebenbürgischen Chorgesangs wie auch des Liedvortrags sein und vielleicht auch ein gutes Weihnachtsgeschenk.

Die beiden Hefte können bezogen werden beim Schiller-Verlag, Hermannstadt-Bonn, deutsche Festnetznummer: (02 28) 90 91 95 57, E-Mail: verlag[ät]schiller.ro

„Angderm Līrber såß ech īst“: Die Lieder des Carl Reich, 35 Lieder, 80 Seiten, 18 Euro Heinz Acker CHORWERKE für Chor a-cappella, oder mit Instrumental- Begleitung, 21 Chorsätze, 102 Seiten, 18 Euro

Schlagwörter: Musik, Chor, Acker, Latzina, Reich

Bewerten:

25 Bewertungen: o

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.