8. Juni 2023

Mit der Kamera in den sächsischen Olymp

In seiner Dankesrede vom 28. Mai 2023 in der St. Paulskirche in Dinkelsbühl aus Anlass der Verleihung des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreises lässt Konrad Klein einige wichtige Stationen in seinem Leben Revue passieren. Wir drucken die Rede vollständig ab, weil sie auch einen Blick in die Bilder- und Gedankenwelt des diesjährigen Preisträgers ermöglicht (siehe auch Bericht über die Preisverleihungen in der SbZ Online vom 5. Juni).
Konrad Klein bei seiner Dankesrede in der St. ...
Konrad Klein bei seiner Dankesrede in der St. Paulskirche. Foto: Thomas Șindilariu
Sehr geehrte Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren, lieber Hans-Werner, ach was: lieber Schusti,

zunächst einmal ein herzliches Dankeschön an die Herren Vorsitzenden für den überreichten Preis – es ist mir eine große Ehre, auf diese Weise gewürdigt zu werden. Und vielen Dank auch meinem lieben Laudator, der trotz zeitlicher Engpässe eine so wohlüberlegte, beängstigend präzise Darstellung meines Wirkens und Strebens entworfen hat.

Ein schöner Zufall will, dass ich genau vor 30 Jahren an diesem Ort schon mal stand, allerdings auf der anderen Seite des Podiums, wie so oft mit der Kamera in der Hand. In jenem Jahr 1993 hatte ich hier auch meine größte Fotoausstellung bislang: „Menschen, Augenblicke, Landschaften. Photographien aus Siebenbürgen“, in die der damalige Chefredakteur der Siebenbürgischen Zeitung Hannes Schuster gediegen einführte. Seither sind 30 Jahre ins Land gegangen. 1993 war aber auch jener Heimattag, an dem der Verleger und Kunsthistoriker Walter Myss mit dem Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis geehrt wurde. Was Herr Professor Myss in jenen Tagen aus Innsbruck mitgebracht hatte, war das druckfrische Lexikon der Siebenbürger Sachsen, das er bei dieser Gelegenheit natürlich auch dem als Ehrengast anwesenden Bischof Dr. Christoph Klein überreichte.
Memories: Professor Walter Myss mit dem von ihm ...
Memories: Professor Walter Myss mit dem von ihm 1993 herausgegebenen und auf dem Heimattag in Dinkelsbühl vorgestellten Lexikon der Siebenbürger Sachsen. Rechts Bischof D. Dr. Christoph Klein. Foto: Konrad Klein
Nun bin ich selbst in den sächsischen Olymp dank eines mir gnädig gesonnenen Preisgerichtes eingezogen. Für diese Ehrung bin ich den Mitgliedern der Jury zu großem Dank verpflichtet, allen voran Herrn Professor Heinz Acker, der das Ganze angestoßen hatte – quasi der Erste Beweger, wie es in der Kosmologie so schön heißt, also jener, der das alles in Bewegung gesetzt hat – eine Nummer größer geht gar nicht, lieber Heinz, also genau Dir angemessen - danke herzlich, einschließlich für deine Hartnäckigkeit, mit der du hinter mir her warst, dir endlich eine Liste mit meinen Veröffentlichungen zusammenzustellen.

Einen folgenreichen Einschnitt bedeutete die Freundschaft mit der rumäniendeutschen Fotografenlegende Edmund Höfer, der seit den frühen 1970ern nebenher auch historische Fotografien zu sammeln begann und zusammen mit seiner leider auch schon verstorbenen Frau, der TV-Journalistin Helga Höfer, das Interesse für das reiche Bilderbe der Siebenbürger Sachsen weckte. Ich freue mich sehr, zumindest ihren damaligen Chef Peter Miroschnikoff hier begrüßen zu dürfen, er ist uns längst zum treuen Freund geworden, die letzten Jahre des Kommunismus hatte er noch hautnah in Rumänien miterlebt und ist damit auch zum gern gesehenen Zeitzeugen auf Seminaren usw. geworden. Der entscheidende Anstoß für das gezielte Sammeln war jedoch, als „Mundi“ Höfer gemeinsam mit dem Graphiker und Kunsterzieher Hellmut Fabini auf das künstlerische Vermächtnis des Schäßburger Malers, Fotografen und Zeichenlehrers Ludwig Schullers stieß. Kann ich gut verstehen, denn als ich zum ersten Mal in seinem Bilderschatz zu graben begann, war’s auch um mich geschehen. Und so nebenher hatte ich damit auch mein eigenes Lebensthema gefunden.

Aber, um nochmals auf das Lexikon zurückzukommen, für das ich auch einige Fotografen-Viten und eine Zeittafel zur Geschichte der Fotografie in Siebenbürgen beisteuerte. Eine liebe Erinnerung sind mir auch die schönen Stunden, die ich mit dem unvergessenen Siebenbürgenkenner und -verleger Hans Meschendörfer beim Erarbeiten der Bildtafeln für das Lexikon verbringen durfte: Siebenbürger Sachsen im 20. Jahrhundert I-IV, Kirche und Schule I-III, Der Weg ins Industriezeitalter u.a.m. Ihm, „dem Freund und Anreger in transsylvanicis“, habe ich auch mein Lieblingsbuch „Grüße aus dem Bärenland“ gewidmet. War ja in Braun – Bärenbraun - gehalten, was er als alter Hase erst mal problematisch fand. Hier findet sich übrigens in aller Kürze viel Bildgeschichtlich-Kulturhistorisches drin, was mich seither in der einen oder anderen Weise bis heute beschäftigt, gerade auch wegen der oft spannenden Querverbindungen mit der europäischen Kultur. So manchen Abend saßen wir an seinem Wohnzimmertisch in der Schlesierstraße und schoben Postkarten, Fotos und Zeichnungen herum, um aussagekräftige Bildtafeln zu entwerfen und uns geeignete Kolumnenbilder auszudenken. Die Bilder fixiert mit Fixogum, was sonst. Digital war damals noch ein sehr fremdes Wort, ausgenommen die billigen Zeitmesser der Marke Timex Digital von John Belushi im Kultfilm „The Bluesbrothers“, man schrieb ja schließlich erst 1992. Ich frag mich heute noch, wie ich das neben meinem Fulltimejob als Lehrer damals schaffte, ein echtes Doppelleben über Monate hinweg – zwei der damals von mir erarbeiteten Bilddokumentationsschachteln haben Sie vielleicht in meiner Ausstellung im Spitalhof gesehen.

Womit wir beim eigentlichen Stichwort angekommen sind, nämlich der siebenbürgischen Bildkultur, Foto- und Bildgeschichte, Filmgeschichte inklusive. Wenn ich die diesjährige Entscheidung der Jury richtig deute, hat man die Bedeutung des kulturellen Gedächtnisses, das ja zum Großteil auch Bildgedächtnis ist, in den Mittelpunkt stellen wollen. Visuelles Gedächtnis als Teil der Erinnerungskultur. Und wie eng diese mit Heimat und Geschichtsbewusstsein zusammenhängt, brauche ich auf einem Heimattag nicht extra zu erwähnen.

„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ ist ein bekanntes Wort für den Mehrwert von Bildern gegenüber ausschließlichem Text – kommt nicht von ungefähr aus dem Amerika der 1920er Jahre. Es bezieht sich darauf, dass komplizierte Sachverhalte oft mit einem Bild oder einer Darstellung sehr einfach erklärt werden können und ein Bild meist einen stärkeren Eindruck auf den Betrachter ausübt als ein umfangreicher Text. Soweit Wikipedia. Um wieviel mehr würden dann zwei Bilder sagen?

Aber, Spaß beiseite. Was das Publizistische angeht, bin ich der Meinung, dass in unseren Medien, Heimatbüchern, Monographien o.Ä. auch der Bildunterschrift mehr Bedeutung beigemessen werden sollte. Sowieso sind es gerade die Bildunterschriften, die man zuerst liest. Und dann weiterblättert, wenn sie nicht zum Weiterlesen animieren. Pointierte Knappheit ist gefragt.

Noch ein Wort zum Finanziellen. Von dem mir zustehenden Preisgeld spende ich ein Drittel an das Teutschhaus in Hermannstadt und das zweite Drittel dem Fotoarchiv des Siebenbürgeninstituts. Das letzte Drittel behalte ich für einen möglichst qualitätsvollen Druck meines fotogeschichtlichen Lexikons, das sich schon viel zu lange in der Warteschleife dreht. Es bedrückt mich sowieso sehr, dass so viele der an meiner Arbeit interessierten Zeitzeugen, Gewährsleuten und Bildgebern inzwischen verstorben sind.

Ich bedanke mich bei allen für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit und wünsche noch allerseits einen gelungenen Verlauf des Heimattages.

Konrad Klein

Schlagwörter: Konrad Klein, Heimattag 2023, Fotografie

Bewerten:

64 Bewertungen: ++

Neueste Kommentare

  • 25.06.2023, 15:25 Uhr von Georg Coulin: Unabhängig davon, das Konrad Klein den Kulturpreis schon seit Jahren verdient hätte, ist diese ... [weiter]

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.