8. August 2023

Sommerliche Kulturtage auf Schloss Horneck begeistern mit vielfältigem Programm

„Die Karpaten Siebenbürgens und die weite Bergwelt“ lockten diesmal nicht mit schwindelnden Höhen, sondern mit den Sommerlichen Kulturtagen vom 7.-9. Juli nach Schloss Horneck. Hier standen sie im Zentrum des dreitägigen Festprogramms. Neue Themenwände im Treppenhaus zu den Karpaten in Siebenbürgen waren der Anlass zu Konzerten, musikalischen Beiträgen, Vorträgen, Ausstellungen und einer interessanten Podiumsdiskussion (siehe Bericht). Die Blaskapelle Original-Karpatenblech, Schlossführungen, sogar eine Karpaten-Vesperplatte brachten viele Gäste von fern und nah ins Schloss, denen die Bergwelt, der Schlossverein, oder Schloss Horneck am Herzen liegt.
Ausgebuchte Zimmer, nicht nur im Schloss, sondern auch in ganz Gundelsheim, und ein ausgebuchtes Festprogramm, schon ein Monat vor dem Fest, erfreuen jeden Veranstalter, sind gleichzeitig aber auch eine Herausforderung der Koordination. Das Programm wurde von zwei Anlässen inspiriert, der feierlichen Einweihung der neuen Themenwände „Die Karpaten in Siebenbürgen“ sowie dem 20. Todestag von Ernst Irtel, der Anlass gab zum musikalischen Gedenken von seinen Weggefährten (siehe Bericht).

Es war zugleich eine Premiere und eine große Ehre: die Organisation der ersten Veranstaltung des Siebenbürgischen Kulturzentrums „Schloss Horneck“ e.V. als Kooperationspartner mit dem Verein Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen e.V., das gefördert wird durch Mittel des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales. Nur so wurde es möglich, aus Bayern und länderübergreifend aus Siebenbürgen Künstlergruppen, Fachreferenten einzuladen, somit interessante Begegnungen zu schaffen und Brücken zu bauen. Dementsprechend strömten Referenten, Künstler, aber auch Gäste, Helfer, Mitwirkende aus ganz Deutschland und aus Siebenbürgen / Rumänien ins Schloss: aus Hermannstadt, Schäßburg, Klausenburg, Wolkendorf, Deutsch-Weißkirch; aus Murnau, Augsburg, München in Südbayern; aus Nordbayern, aus Nordrhein-Westfalen, aus Hessen, vom Bodensee, aus dem Schwarzwald, aus der Stuttgarter Gegend und der nahen Neckarregion, sogar aus Österreich kamen Gäste.
Ausgebuchter Festsaal an den Kulturtagen. Foto: ...
Ausgebuchter Festsaal an den Kulturtagen. Foto: Heidrun Negura
Premiere war auch die Einweihung der neuen Themenwände über die Karpaten, Premiere das Mitwirken von Gästen aus Siebenbürgen, das Mitwirken von Bergsteigern, Karpatenliebhabern, die interessante Podiumsdiskussion, das Irtel-Gedenken, die Moderation von Franziska Fleischer. Fast alle Programmpunkte sind Uraufführungen für die Kulturtage. Eine Premiere gab es auch in der baulichen Schlossführung für rund 40 Gäste: Dr. Axel Froese führte zusammen mit Sütö Elek, der mit seiner Schäßburger Firma, die Treppe gebaut hatte.

Feierliche Einweihung des Karpatensteigs und Vorträge

Der Festakt der Einweihung der Themenwände wurde musikalisch umrahmt von den zwei Posaunisten, die sich zu diesem Anlass Posaunenduo Kronstadt nennen: Michael Schmidt aus Murnau (Großpold) und Horst Guist aus Ravensburg (Heltau). Beide haben in Rumänien Musik studiert und spielten in der Philharmonie Kronstadt. Es erklang das Karpatenlied, kurze klassische, aber auch einige moderne jazzige Kurzstücke gekonnt gespielt von zwei langjährigen Profis (s. Projekt „Karpatensteig“ mit Themenwand im Schloss Horneck erfolgreich realisiert).

Wer in Siebenbürgen aufgewachsen ist, kennt ihr schneegekröntes Panorama am Horizont. Viele von uns haben dort Gipfel bestiegen, in Gletscherseen gebadet oder sind auf Skiern die Hänge hinuntergesaust – unvergessliche Erinnerungen, an die der Schlossverein mit diesem Thema anknüpfen wollte, die gesamte weite Bergwelt mit einbeziehend. Im ersten Programmpunkt am Freitag zeigt Dr. Heinke Fabritius, Kulturreferentin für Siebenbürgen am Siebenbürgischen Museum, dass sowohl die Karpaten in Siebenbürgen, als auch die Neckarlandschaft viele Maler hier wie drüben inspiriert haben. Gefördert wird ihr Vortrag durch die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien. Dr. Fabritius zeigt, wie die eigenständige Landschaftsmalerei sich im Laufe der Zeit aus dem christlichen Tafelbild entwickelt hatte. Bilder des sehr jungen Romantikers Carl Philipp Fohr, die Neckargegend zeigend, wurden mit Werken des 19. Jahrhunderts aus Siebenbürgen verglichen. Landschaftsgemälde von Eduard Morres wurden mit denen von Caspar David Friedrich im Vergleich angesehen. Über 70 Gäste waren freitags im Saal, darunter auch Dr. Radu Florea, Generalkonsul von Rumänien in Stuttgart. Man ließ den ersten Abend in der Gundelsheimer Gaststätte Pavillon ausklingen.

Am nächsten Tag entführte Dietmar Gross die Gäste in die Wilden Karpaten. Der gebürtige Fogarascher blickt auf eine erfolgreiche Försterlaufbahn zurück. Er war lange Leiter des Bayerischen Forstamtes Lichtenfels, gehört zum erweiterten Vorstand des BUND Naturschutz Bayern und organisiert seit 25 Jahren Exkursionen in die Natur- und Kulturlandschaften Rumäniens. Seit 2010 lebt er mit seiner Ehefrau in Deutsch-Weißkirch. Gross berichtete fesselnd über die letzten Urwälder der Karpaten. Wir erfuhren, dass Rumänien über den größten Teil der Urwälder in Europa verfügt, dass diese letzten Urwälder aber durch Abholzung gefährdet sind. Die einmalig schönen Bilder aus dem Westgebirge, den Ostkarpaten, den Fogarascher Bergen, dem Königsstein, dem Retezat-Gebirge, dem Donaudurchbruch zeigen nicht nur einmalige Landschaften, Seen, Hochmoore, Pflanzen, sondern auch eine der größten Waldtierpopulationen Europas. Besonders die Schäfer („Transhumanz“) prägen noch heute, wenn auch in geringer Zahl, das Kulturlandschaftsbild, ebenso die Hutewälder, mit ihren mächtigen Eichenbäumen.

Von den Karpaten auf die höchsten Berge der Welt, davon erzählte später der Hobby-Bergsteiger Reinhold Kraus in seinem Vortrag. Elf Jahre lang, von 2010 bis 2021, war Reinhold Kraus Vorsitzender der Sektion Karpaten des Deutschen Alpenvereins. Die Freude am Sport und an der Natur begleitet ihn durchs Leben. Schritt für Schritt tastete er sich an immer höhere Gipfel auf mehreren Kontinenten heran, von den Karpaten bis zum Achttausender im Himalaya. Er hatte viel zu berichten, begann mit der Entstehung des Siebenbürgischen Karpatenvereins (SKV) und schönen Schwarz-Weiß-Archivfotos, beschrieb die wichtige Rolle des früheren SKV mit Bildern aus den 1970er Jahren von Egin Scheiner, wie die Rolle sich danach veränderte in der Sektion Karpaten, die Ausbildungen zu vielen Bergsportdisziplinen im Fokus hat. Dann tat sich eine exotische Welt auf, als Reini Kraus über die eigenen Besteigungen der vielen 6000er, 7000er, seine Alaska-Reise oder die spektakuläre Besteigung des 8000er im Himalaya ohne Sauerstoffmaske berichtete. Ein „siebenbürgischer Reinhold Messmer“, sagte ein Zuschauer. Vor allem seine Lebensfreude und die Einstellung, Hindernisse als Chancen zu sehen, begeisterte den vollen Saal.
Vortrag von Diana und Catalin Mures¸an. Foto: ...
Vortrag von Diana und Catalin Mures¸an. Foto: Volker Plattner
Einen dynamisch-faszinierenden Impulsvortrag zur Podiumsdiskussion zeigte das Ehepaar Diana und Cătălin Mureşan aus Hermannstadt im Duett, als würden sie sich von Berg zu Berg die Informationen zurufen. Sie zeigten Die Rolle der Karpaten im Spiegel der Zeit auf: als Grenzen der Völker und Länder im historischen Aspekt, als Grenze der Religionen, Bodenschatzregionen, aber auch als Verbindung der Länder, der Handelsrouten, der Traditionen, der klimatischen Unterschiede. Ein Video, das die Faltung und Entstehungsgeschichte der Karpaten mit Künstlicher Intelligenz visuell darstellte, ließ alle im Saal erstaunen. Atemberaubende Bilder, professionelle Eloquenz im Vortrag, modernste Technik und viel Charme waren beeindruckend.

Ausstellungen rund um die Karpaten und den Bergsport

Eine bis ins letzte Detail vorbereitete Ausstellung von Karl Untch konnte Freitag und Samstag im Flur zum Festsaal bewundert werden: alte Kletterausrüstung, alte Wanderkarten des früheren SKV, alte Postkarten aus eigener Sammlung, aus den Zeiten Emil Fischers, ließen die Karpaten in früherem Licht aufleben. Hinzu kam die Ausstellung von Jahrbüchern der Sektion Karpaten von Manfred Kravatzky, Karpatenbücher von Herbert Horedt und Beispiele Moderner Kletterausrüstung von Reinhold Kraus.

Von Klassik über Volkslied zum Jodler immer die Karpaten im Blick

Was wäre ein Kulturtag im Schloss ohne Prof. Heinz Acker? Diesmal durfte man ihn zusammen mit dem jungen Bariton Tim Lucas begrüßen mit Wolkenhöhen – Tannenrauschen. Mit Klavier und Gesang nahmen uns die beiden mit in die Karpaten und dann in die Bergwelt Europas. Prof. Heinz Acker tritt bei nahezu allen Kulturveranstaltungen des Schlossvereins als Interpret, Dirigent sowie als Vortragender kostenlos auf.
Das Duett Tim Lucas und Bettina Ullrich mit Heinz ...
Das Duett Tim Lucas und Bettina Ullrich mit Heinz Acker am Klavier. Foto: Volker Plattner
Tim Lucas ist ein Künstler mit siebenbürgischen Wurzeln und in Dubai geboren. Er studiert Gesang am Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg und wurde im vergangenen Jahr mit dem Johann Wenzel-Stamitz-Förderpreis für Musik ausgezeichnet. Volkslieder, wie „Das Wandern ist des Müllers Lust“ oder das rumänische Volkslied „Muntilor cu brazi înalţi“, Lieder wie das „Der Zeidner Berg“ oder das „Karpatenlied“ aus dem Karpatenbogen, weitere Berg-lieder Europas, wie das böhmische Lied „Im Schneegebirge“ im Duett mit Bettina Ullrich, klassische Schubert-Lieder ziehen das Publikum in Bann. Tim Lucas beeindruckt mit einer weichen, gefühlvollen, sonoren Bariton-Stimme, mit Leichtigkeit und hoher Professionalität.

Im nächsten musikalischen Programmpunkt, der dem Wandern gewidmet war, ging es erst dramatisch und mystisch zu. Jürgen aus Siebenbürgen trat erstmals im Festsaal mit dem jungen Pianisten Wolli Krafft auf. Sie entführten die Gäste ins mystische Transsilvanien Bram Stokers und begeisterten im ersten Teil des Programms mit einigen sächsischen Mundartliedern, einem Folklied von Tudor Gheorghe, „Dorul călător“, zuletzt mit der „Unstillbaren Gier“ des Dracula aus dem Musical „Transylvanien“. Beeindruckend war die Improvisationen am Klavier von Wolli Krafft und Jürgens unverkennbarer warmer Stimmklang.

Zum Abschluss wurde es dynamisch mit Jodel- und Wanderliedern, vorgetragen von Bettina Ullrich, Sängerin und Schauspielerin, und die Pianistin Claudia Hrbatsch, beide sind schon Stammgäste im Schloss mit unterschiedlichen Programmen.
 Das Duett Tim Lucas und Bettina Ullrich mit ...
Das Duett Tim Lucas und Bettina Ullrich mit Heinz Acker am Klavier. Foto: Volker Plattner
Am Samstagabend sorgten sie für eine gelungene Überraschung: Im Dirndl mit alpenländischen Frisuren, Tiroler Hut und Akkordeon spielend, erschienen beide bayrisch singend im Festsaal und sorgen schon beim ersten Auftritt für fröhlich-heitere Stimmung. Bettina Ullrich erklärt das Jodeln als frühere Sprache von Berg zu Berg. Und oh Wunder, nach einigen Liedern jodelte der Heltauer Karli Mantsch, der an der Technik sitzt, gekonnt im Echo zurück, zur Heiterkeit der Gäste. Bettina & Claudia brachten Schwung und Stimmung in den Saal, man sang gemeinsam Lieder, während Bettina dazu jodelte. Zwischendrin sang Ullrich mit Hans Seiwerth zusammen ein flottes rumänisches Volkslied aus dem Bergdorf Jina, ihr zehnjähriger Sohn Finn spielte die Schellen dazu. Auch das wehmütige „La montanara“ erklang und zuletzt sangen alle mit zu bekannten Wanderliedern.

Die Lidertrun leistet auch ihren Beitrag. Michael Gewölb erklärte in einer kurzen Ansprache den Einfluss und die Wichtigkeit des Wassers in den Karpaten, des Flusses Alt, der die Welt der Südkarpaten geformt hat und von Völkerscharen besungen wurde. Auf gekonnte Weise, mit vielen Instrumenten, ließen sie den Alt als Auftakt zur Podiumsdiskussion am Sonntag erklingen. Man konnte den Fluss rauschen hören, rumänische Weisen mischten sich mit siebenbürgischen Klängen, es kristallisierte sich das Lied „De Breukt um Olt“ heraus.

Unterhaltung und Begegnung auf der Schlossterrasse

Fröhliches Stimmengewirr, Lachen, Umarmungen, Begrüßungen, aber auch Kennenlernen, Erinnerungen, ganz viel Austausch unter Referenten, Künstlern, Gästen, das alles bei einer hervorragenden Vesper-Platte Karpaten mit siebenbürgischen Spezialitäten aus Heilbronn – eine laue Sommernacht am Samstag bot viele Möglichkeiten dazu. Mit der „Lidertrun“ wurde ausgelassen mitgesungen, getanzt, gelacht und bis spät nach Mitternacht erzählt. Drei Tage geballtes Kulturprogramm endete auch Sonntag mittags wieder auf der Terrasse mit den Klängen des unermüdlichen „Original-Karpatenblech“ unter der Leitung von Kurt Reisenauer, dem Gesang von Renate und Dieter Huber, die nur gegen Verpflegung für den Schlossverein und seine Gäste spielten und die sich auch nicht scheuten, bei anfänglichen 38 Grad, später bis 42 Grad, unverdrossen einen fröhlichen Ausklang anzubieten. Das Grillen der Mici und der gesamte Essensverkauf klappte dank der vielen Helfer wunderbar, war aber für alle eine Herausforderung bei diesen Temperaturen.

Andacht und abschließende Worte

Uwe Seidner, Pfarrer aus Wolkendorf, begann den Sonntag mit einer Andacht. Er beantwortete die Frage „Was haben der Ararat, der Königstein und der Berg Zion gemeinsam?“ zum 121. Psalm: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?“ Es ging um Sehnsuchts- und Hoffnungsberge. Das Betrachten der Berge leitet unseren Blick unwillkürlich nach oben, wo Gott zu finden ist. So kann der Mensch erkennen, dass seine Hilfe von den Bergen kommt. Er kann den Blick zu den hohen Bergen erheben und stärken. Was für ein schöner Abschluss, die Berge auch in die Andacht mit einzuschließen.

Helge Krempels, Vorsitzender des Schlossvereins, äußerte sich dankbar für den engagierten Einsatz aller Mitwirkenden, Künstler, Referenten, Vorstände und Helfer, über ein gelungenes Fest und neue begeisterte Mitglieder im Schlossverein.

Harry Lutsch, Vorsitzender des Kulturwerks der Siebenbürger Sachsen e.V., das erste Mal im Schloss, war begeistert: „Es war eine überaus gelungene Veranstaltung, mit anregenden Vorträgen und Gesprächen, dem Gang entlang der mit viel Sorgfalt und Sachverstand gestalteten Karpatenwand sowie musikalischen Genüssen und gemütlichem Beisammensein.“ Zudem dankte er ebenfalls für die sehr angenehme Zusammenarbeit.

Heidrun Negura

Schlagwörter: Schloss Horneck, Gundelsheim, Kulturtage, Schlossverein, Programm

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