9. August 2023

Sommerliche Kulturtage auf Schloss Horneck: Podiumsdiskussion „Die Karpaten – Naturparadies mit Zukunft?“

Die hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion „Die Karpaten – Naturparadies mit Zukunft?“ bildete den würdigen Abschluss des vielfältigen Programms rund um die Karpaten und die Bergwelt anlässlich der Sommerlichen Kulturtage auf Schloss Horneck, die Heidrun Negura, zuständig für Festprogramme des Schlossvereins, perfekt konzipiert und inszeniert hat (siehe Bericht). Dr. Axel Froese, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Schlossvereins, stellte die Podiumsgäste vor und moderierte die Diskussion professionell. Diana Mureşan, Dietmar Gross, Manfred Kravatzky, Dr. Radu Nebert, Dr. Thomas Schneider beantworten seine Fragen. Anschließend gab es Fragen der Zuhörer aus dem Saal an das Podium.
Die Kooperation des Siebenbürgischen Kulturzentrums „Schloss Horneck“ e.V. mit dem Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen e.V., gefördert durch Mittel des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales, machte es möglich, länderübergreifend einzuladen. Dafür sind wir sehr dankbar.

Dr. Axel Froese, der sich im Rahmen seiner Promotion im Fachbereich Agrarwissenschaften mit ökologischen Fragestellungen einer Kulturlandschaft auseinandergesetzt hatte, war es ein besonderes Anliegen, die Fragen zum Thema „Karpaten –Naturparadies mit Zukunft?“ lange davor gut vorzubereiten, im gedanklichen Austausch zusammen mit den Teilnehmern zu entwickeln und sie breitgefächert in unterschiedliche Bereiche der Forstwirtschaft (Gross), der Wissenschaft und der Geologie (Schneider), der Touristik (Mureșan und Gross), der Bergsportvereine (Kravatzky), der Bildung, der Philosophie und Ästhetik (Nebert) einfließen zu lassen. Seine Hauptfrage „Wie kann man aus dem Fragezeichen im Titel ein Ausrufezeichen erreichen?“, begleitete als roter Faden die Diskussion.
Die Teilnehmer des Podiums im engagierten ...
Die Teilnehmer des Podiums im engagierten Austausch. Foto: Volker Plattner
Diana Mureșan, Inhaberin des Reisebüros Siebenbürgen-Reisen, berichtete, dass es im Wesentlichen die Begegnungen der Reisenden mit der Natur seien, die das Bewusstsein für die einmalige schützenswerte Karpatenlandschaft bildet, dadurch auch zum Engagement des Erhalts dieser Landschaft beitrage. In tagelangen Wanderungen und Übernachtungen in der Landschaft kämen sich Natur und Mensch näher, Respekt gegenüber der Schöpfung entstehe. Es gebe schwarze Schafe in der Reiseveranstaltungsszene, die mit Quads, lauten motorisierten Geländewagen, Natur und Landschaft gefährdeten. Denkbar wären Zertifizierungen für Reisebüros im Sinne einer Nachhaltigkeit und Co2-Emissionsbilanz, die über ein Bonus- und Malus-Prinzip Reisebüros mit Abgaben belasten und/oder Erleichterungen ermöglichen, solchen Reisen Einhalt zu gebieten. Mureşan ist der Auffassung, dass die jüngere Generation immer mehr ein Bewusstsein für die Natur entwickelt, noch sei es ein schleppender Prozess.

Dietmar Gross, Forstdirektor im Ruhestand, engagierter Umweltschützer und Befürworter der Kreislaufwirtschaft, erläuterte den Zuhörern, dass die Karpatenlandschaft eine in Europa und vielleicht sogar auf der ganzen Welt besonders schützenswerte Landschaft ist: Drei Viertel des Lauburwalds Europas und den größten Waldwildtierbestand Europas, mit Luchs, Bär, Auerhahn, Habichtskauz usw. gibt es in Rumänien, menschliche Aktivitäten, insbesondere die in den Karpaten noch immer häufig anzutreffende Transhumanz (Wanderschafhirten), seien ebenso für den Erhalt der Landschaft erforderlich wie staatlich-politische und private Initiativen, die leider noch in den Kinderschuhen steckten und sich im Wettlauf mit der Zerstörung, insbesondere durch den Klimawandel, befänden. Durch Reiseangebote in die Urwälder der Karpaten erreicht Dietmar Gross viele naturinteressierte Reisende, die er von diesem Kleinod überzeugt; aber zu wenige, um den Wettlauf mit dem Klimawandel zu gewinnen, so Gross.

Manfred Kravatzky, ist einer der Pioniere der Sektion Karpaten des DAV und Kenner des früheren Siebenbürgischen Karpatenvereins, der sich schon vor dem Zweiten Weltkrieg den Erhalt der Natur auf die Fahne schrieb. Kravatzky ist unter anderem auch Herausgeber des Buches „Der Bergtourismus in Siebenbürgen / Rumänien 1945-1990“. Er sagte, dass auch der Bergsport den Menschen der Natur näherbringe und dass früher und auch jetzt ein angemessenes Verhalten der Natur gegenüber gelehrt werde. Erziehung und Wesensbildung sind seiner Ansicht nach die Eckpfeiler eines ausgewogenen Umgangs mit der Natur. Aktuell laufen einige Projekte in Siebenbürgen mit dem SKV: der Ausbau von Wanderwegen und die Sanierung einer Wanderhütte, beides Beiträge zum aktiven Naturschutz.

Dr. Thomas Schneider hat Geologie studiert mit Promotion in der Forstwissenschaft. In seiner Forschung widmet er sich Fragen der quantitativen und qualitativen Erfassung von Eigenschaften der Landoberflächen mit Methoden der Fernerkundung, um das Verständnis natürlicher Prozesse zu verbessern. Schneider sieht den Wald als steuernden Landoberflächentyp für lokales bis globales Klimageschehen. Klimatischen Schwankungen ist der Wald seit Jahrtausenden ausgesetzt, so Schneider. Der Klimawandel sei ursächlich verantwortlich für weltweit steigende Temperaturen und für die Zunahme von Wetterextremen von Dürre bis zu Sturmereignissen. In den Bergen verschöben sich die Vegetationsgrenzen, die Zusammensetzung der Baumarten verändere sich, Gletscher schmelzten, Wasser werde knapp, biotische / abiotische Kalamitäten stressten die Vegetation. Trotz dieser scheinbaren Evidenz des Klimawandels seien Prognosen abhängig von Variablen. Viele Prozesse von der lokalen-, über die Landschafts-, bis zur globalen Ebene seien noch nicht vollumfänglich verstanden, das Monitoring der Veränderungen als Basis für verlässliche Prognosen nicht ausreichend. Menschliche Eingriffe, wie unkontrollierter Kahlschlag, beschleunigten die Prozesse. Dadurch gehe wertvoller Waldboden durch Erosion verloren. Stirbt der Wald erneut? Aus Sicht der Fachleute werde es ein anderer Wald! Aber welcher? Eine Herausforderung für Wissenschaft und Praxis!

Dr. Radu Nebert, in einer Künstlerfamilie aufgewachsen, studiert in Klausenburg Innenarchitektur und Mediendesign und promoviert in Philosophie. Er ist der Mediendesigner der neuen Karpatenwand im Schloss. Er sprach über die Wichtigkeit, den Menschen – auch über die Ästhetik (Friedrich Schillers „Ästhetische Erziehung des Menschen“), somit über Gefühle und Emotionen den Menschen Landschaften nahe zu bringen. Die Natur habe großen Einfluss auf unsere Seelen. Nebert ließ uns an den Berg der Erkenntnis denken und an das Erleben des Schönen und Erhabenen, nach Immanuel Kants „Kritik der Urteilskraft“. Das Streben nach Höherem, aber auch Demut könnten einen Beitrag zum Naturschutz leisten.

Für Diana und mich waren die Kulturtage auf Schloss Horneck eine Bereicherung mit vielen interessanten Vorträgen, musikalischen Beiträgen, herzlichen Begegnungen. Wir freuen uns sehr, dass die Karpaten im Schloss präsentiert werden, und kommen gerne wieder.

Cătălin Mureşan

Schlagwörter: Schloss Horneck, Gundelsheim, Kulturtage, Podiumsdiskussion, Karpaten

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