8. September 2023

Prof. e.h. Dr. Haino Uwe Kasper wird 80

Will man die Lebensstationen des Geologen und Geochemikers Dr. Haino Uwe Kasper bewerten, so muss man sich eingestehen, dass sie sehr eng mit dem Zeitgeschehen, den politischen Gegebenheiten zusammenhängen und diese auf ihre Weise mitgespielt haben. Eine solche Situation betrifft die Familie Kasper insgesamt und auch die einzelnen Mitglieder. Über allem liegt jedoch das Interesse, das Leben beruflich so zu gestalten, wie man es sich vorstellt. Mit Fleiß, erarbeitetem Wissen und Motivation, verbunden mit Forschergeist, ist – wie sich zeigt – auch in schweren Zeiten viel zu bewirken. Das belegen die vielfältigen Lehrtätigkeiten und vor allem die umfassenden weltweit anerkannten geochemischen Forschungen des Jubilars.
Uwe Haino Kasper wurde am 4. September 1943 im Grubengebiet von Petroscheni (Petroșani) im Schiltal (Südkarpaten) geboren, da die Familie, bedingt durch den Beruf des Vaters Dipl.-Ing. Alfred Kasper (1906-1993) als Bergbauingenieur ihren Sitz in der Gegend hatte. Die Heimat der Kasper-Sippe war Sächsisch-Regen, wo Carl Kasper (1870-1943), der Vater des Grubeningenieurs, als Kaufmann tätig war. Seine Mutter gehörte zur Sippe des bekannten Märchenerzählers Joseph Haltrich.

Alfred Kasper hatte sich, wie viele Siebenbürger Sachsen, die an Geologie, verbunden mit Ingenieur- und Bergbauwesen, interessiert waren, als Studienort die bekannte Bergbauakademie in Freiberg/Sachsen, ausgewählt, wo er sein Studium 1930 beendete. Während seiner Studienzeit hatte er hier die Dresdnerin Margarethe Magdalena Schindler, die Tochter des bekannten Botanikers Dr. A. K. Schindler, kennen gelernt, sie1930 geheiratet und war mit ihr in seine Heimat zurückgekehrt, wo sie eine schöne Familie mit fünf Kindern gründeten. Uwe war der Jüngste unter ihnen.

Haino Uwe Kasper ...
Haino Uwe Kasper
Beruflich begabt, hatte Alfred Kasper in seiner Arbeit zahlreiche Patente und in Petroschen, wo er länger tätig war, den weltweit ersten, wandernden Schildausbau im Kohlebergbau entwickelt. Die Umwälzungen des 23. August 1944 besiegelten seine weiteren Arbeitsmöglichkeiten und raubten ihm auch seine Freiheit. Er wurde verhaftet und für fünf Jahre zur Zwangsarbeit in den Donbass deportiert. Die Kinder waren gestempelt als solche mit „ungesunder Herkunft“, was sie lange zu spüren bekamen. Nach vielen Leidensjahren und Demütigungen ging Uwes Vater 1969 in den Ruhestand und wenige Jahre danach gelang ihm und seiner Frau 1973 die Flucht in die Bundesrepublik Deutschland, wohin 1977 dann auch die Kinder folgten und sich für sie auch andere Perspektiven eröffneten.

Rückgreifend ist zu bemerken, dass Uwe, bedingt durch den Wohnsitz der Familie, seine ersten Schuljahre (bis 1955) in verschiedenen rumänischen Volksschulen verbrachte. Danach besuchte er die deutschen Schulen in Kronstadt. Die Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium hatte er zwar bestanden, doch dann hieß es, dass es keinen Platz gäbe („reușit fără loc“). Wegen seiner „ungesunden Herkunft“ durfte er nicht auf das Honterus-Gymnasium in Kronstadt aufgenommen werden. So musste er zunächst für ein Jahr nach Nordsiebenbürgen gehen und das Bistritzer Gymnasium besuchen (1957/1958), kehrte dann zurück nach Kronstadt, wo er in der humanistischen Klasse des Honterus-Gymnasiums 1961 sein Abitur ablegen konnte. Mit dem Studium erwiesen sich weitere Schwierigkeiten, da ihm aus „politischen Gründen“ nicht erlaubt wurde, in Klausenburg, Temeswar oder Bukarest zu studieren, so dass für ihn allein die Universität Jassy (Iași) übrigblieb. Diese Wahl sollte sein weiteres Schicksal und seinen Lebenslauf bestimmen. Nach erfolgreich bestandener Aufnahmeprüfung begann er sein Studium an der neu gegründeten Sektion Geochemie der naturwissenschaftlichen Fakultät. Allerdings hatte er auch hier an Einschränkungen zu leiden. Obwohl er Mitglied in der Turner-Auswahl der Universität war und jährlich sehr gute Leistungen im Studium erbrachte, wurde ihm nie ein Auslandsaufenthalt genehmigt. 1966 schloss er sein Studium ab und erhielt eine Anstellung als Assistent am Lehrstuhl für Geochemie-Mineralogie. Im selben Jahr wurde Prof. Radu Dimitrescu Lehrstuhlinhaber. Als Doktorvater und Mentor war Uwe mit ihm bis zu dessen Tod (2013) freundschaftlich verbunden. Er schrieb über diese Beziehung „Die Begegnung mit ihm war – beruflich und menschlich ein Glücksfall für mich.“ 1967 absolvierte er eine Postgraduate-Spezialisierung für Erzmikroskopie und Geochemie der Lagerstätten bei Professor Petrulian in Bukarest. 1973 promovierte er zum Dr. rer. Nat. Er durchlief alle Stufen der universitären Lehre vom Assistenten bis zum Lector universitar titular (entsprechend dem Junior Professor).

Bald darauf, 1969, lernte er die Dipl.-Chemikerin Anca Andrei, damals Assistentin am Polytechnischen Institut in Jassy, kennen, die später als Wissenschaftlerin am Institut für Molekular-Chemie tätig war.1971 heirateten sie und zwei Jahre später kam Tochter Edda Ingrid zur Welt.

Nachdem sich herausstellte, dass die schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme des Töchterchens in Rumänien nicht behandelt werden konnten und die politischen Verhältnisse in Rumänien immer schlimmer wurden, so dass auch berufliches Fortkommen nicht mehr möglich war, entschlossen sie sich zur Ausreise und folgten ihren Eltern im Dezember 1977. Nun hieß es, sich beruflich neu zu orientieren bzw. die bisherige Arbeit fortzusetzen. Zu diesem Zweck besuchte er viele geologische und mineralogische Institute. Von Prof. Bischoff wurde ihm eine Anstellung am Kölner Geologischen Institut in Aussicht gestellt, so dass er zum 1. April 1978 seine Tätigkeit an der Uni Köln neu beginnen konnte. Wie in Jassy bekam er auch in Köln von Anfang an (1978) einen Lehrauftrag und unterrichtete analytische Geochemie und allgemeine Geologie. Dazu gehörten auch Laborkurse in Geochemie. Die Lehre umfasste auch Fachexkursionen mit Geländearbeit/Geländeforschungen, die regelmäßig stattfanden. Diese führten nach Spanien und Portugal, das Mönchalptal – Gebiet Silvretta Flüela-Gruppe-Schweiz, in das Laacher Vulkangebiet der Westeifel, den Oberrheingraben und seine Randgebiete, nach Schottland, Griechenland, Rumänien – Westgebirge und Karpaten, Kanada. Die Vermittlung von geographischen, geologischen Kenntnissen war für die besuchten Gebiete sehr wichtig. Den Exkursionen folgte immer auch eine Nachbereitung mit Themendiskussion. All das erforderte auch Vorexkursionen, Begleitpersonen und eine entsprechende Nachbereitung.

Für die Arbeit des Geochemikers war es wichtig, mit den neuesten Geräten (Atom Absorptions Spektrometer) und neuen Analysemethoden die Grundlagen eines modernen zukunftsfähigen, geochemischen Labor zu schaffen. Diesbezügliche wissenschaftliche Beiträge aus der langen Liste seiner Veröffentlichungen zeigen deutlich, dass es Uwe Kasper gelungen ist, dieses Labor einzurichten. Das Experimentieren war für ihn eine Herausforderung. Dabei ging es bei den geochemischen Analysen um sehr unterschiedliche Materialien und Fragestellungen. Dafür sind auch Bodenkunde, Gesteinskunde und biologische Kenntnisse betreffend die Materialien erforderlich.

Wie Uwe Kaspers vielseitige Publikationsliste zeigt, geht es in einigen Beiträgen um seltene Erden, wie z. B. Spuren der alten Zivilisationen auf Grund von Bleispuren Untersuchungen, in anderen um mineralogische Untersuchungen der Granat enthaltenen Gesteine in den Kristallinen Gebirgen der Ostkarpaten oder mineralogische Untersuchungen, die beispielsweise die Qualität des Weines in Zusammenhang mit den Böden der Weinberge betreffen oder die Bestimmung der Materialien, die in griechischen Keramikscherben vorkommen. Zudem veröffentlichte Kasper die Ergebnisse seiner geochemischen Untersuchungen für die Klimaforschung betreffend Klimawandel.

Mit seinen modernen geochemischen Forschungen hat Uwe Kasper viel Neues in die Wissenschaft gebracht. „Es war“, wie er schrieb, „meine instrumentelle Analytik mit modernen Geräten und Methoden, die ich an den unterschiedlichen Probematerial aus der Geologie, Hydrogeologie, Biomaterial, Pflanzen und Fossilien angewendet habe, nahezu das halbe Periodensystem, besonders Edelmetalle, seltene Übergangsmetalle und Halbmetalle.“

Der Aufschluss der Proben, d.h. die Überführung in Lösung unter hohen Temperaturen und Druck, war sein Spezialgebiet und dazu entwickelte er auch ein Patent (Druckaufschluss-Patent), das auch in der Zeitschrift für analytische Chemie veröffentlicht wurde.

Als Uwe Kasper gelegentlich der Frühjahrtagungen der Sektion Naturwissenschaften des AKSL zum ersten Mal einen Vortrag hielt, tat sich für die meisten Zuhörer eine neue, sehr interessante Welt auf. Dabei ging es um Rohstoffe in unseren Smartphones, Haupt- und Spurenelemente und das Problem des Recyclings, Themen, die zu seinen Forschungen gehören. Die Vorträge wurden mit großer Aufmerksamkeit aufgenommen und die Metalle im Smartphone beschäftigen manchen Zuhörer bis heute.

Ein weiteres Thema bei der Tagung betraf „Die seltenen Erden im Spannungsfeld Geochemie – Ökonomie – Ökologie, Segen oder Fluch“, wichtige Umwelthemen, die uns ständig begleiten. Diese Beiträge gehören zu Uwe Kaspers Publikationsliste mit 150 Titeln. Es handelt sich um Fachbeiträge Buch- und Lexikabeiträge sowie biographische Aufsätze über Persönlichkeiten der Geowissenschaften und Landeskunde. Neben der langen Liste seiner Veröffentlichungen sind auch 55 Vorträge, Mitteilungen, Präsentationen (1982-2023) zu nennen, die er bei nationalen und internationalen Tagungen vorstellte. Uwe Kasper ist Mitglied in nationalen und internationalen wissenschaftlichen Organisationen und Gremien. Auch hat er an der Ausarbeitung internationaler Referenz Standards teilgenommen. Er ist Gründungsmitglied der Association of Geoanalysis. An der Universität in Thessaloniki in Griechenland hat er das Erasmus Programm koordiniert. An der Universität Tours hat er Gemeinschaftsprojekte durchgeführt und Vorlesungen zur Analytischen Geochemie gehalten. Er ist Mitherausgeber (2001-2006) von „The Geoanalyst (IAG Newsletter)“, Mitglied im Organisationsausschuss GEOANALYSIS 2003, Rovaniemi, Finnland, Mitglied im Certification Commitee International Association of Geoanalysis (IAG), Mitglied im Editorial Board von Analele Universităţii „Al. I. Cuza“ Iași, Seria Geologie. Die Verbindungen mit Jassy hat er nie abgebrochen und bis 2002-2018 dort auch Lehraufträge wahrgenommen. Ihm wurde 2002 die Ehrenprofessur der Universität Jassy verliehen. Wir wünschen ihm alles Gute und noch viele weitere gesunde und schöne Lebensstationen

Erika Schneider

Schlagwörter: Kasper, Jubilar, Wissenschaft, Geologie, Bergbau

Bewerten:

25 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.